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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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mondänen Gärten entlang des Tibers lustwandelte, der
Parfüm verwendete und sogar gelegentlich in gemischter
Gesellschaft in Baiae gesehen worden ist? Solch schandhaftes
Gebaren ist wahrhaft unverzeihlich!
    Ist es das wirklich?
Ach, Herennius, ich denke, wir alle kennen Mitbürger, die vom
Becher des süßen Lebens nicht nur genippt haben und die
doch tüchtige und angesehene Männer geworden sind. Man
billigt es doch allgemein der Jugend zu, daß sie über
die Stränge schlägt; die Natur selbst hat ja die
Jugendzeit so reich mit Trieben und Neigungen ausgestattet. Wenn
sie sich also so Luft machen, daß sie kein Leben ruinieren
und keine Familie zerstören, ist es klug, der Natur ihren Lauf
zu lassen. Vertreter der älteren Generation wie auch ich sind
verständlicherweise besorgt über die Unbillen, die die
Ausschweifungen der Jugend nach sich ziehen können. Aber es
scheint mir nicht billig, Herennius, den allgemein schlechten Ruf
der Jugend dazu zu benutzen, um Mißstimmung gegen Caelius zu
schüren. Du rezitierst eine lange Liste von Lastern, um unsere
moralische Empörung anzufachen, doch deine Pose lenkt uns von
der Person des Angeklagten ab. Caelius ist dieser Ausschweifungen
nicht schuldiger als die meisten jungen Männer und verdient
nicht weniger Nachsicht. Man darf ihn nicht für die
Sünden anderer, für die Laster seiner Altersstufe und
unserer Zeit büßen lassen!
    Ich will lieber auf
etwas Konkreteres zu sprechen kommen, nämlich die Sache mit
dem Gold und dem Gift. Dabei geht es um ein und dieselbe Person.
Das Gold hat man von Clodia bekommen, das Gift besorgt, um es ihr
zu verabreichen, so wird jedenfalls behauptet. Hier haben wir es
nun wenigstens mit konkreten Beschuldigungen zu
tun! Alles andere sind keine Anklagepunkte, sondern Verleumdungen,
das entspricht eher leichtfertigen Klatschereien als einer
Prozeßrede. »Ehebrecher, Wüstling,
Stimmenfänger« - das sind Verleumdungen, keine Anklagen.
Denn es gibt keinerlei Grundlage für solche Anschuldigungen,
keinen Ansatzpunkt, Schmähworte sind das, die der
Ankläger in blindem Zorn ohne Gewähr ausgestoßen
hat. Aber diese beiden letzten Vorwürfe bezüglich des
Goldes und des Giftes sind ein wenig konkreter. Ja, ich spüre,
daß mehr dahinterstecken muß - eine Quelle, ein
Anstifter, ja sogar eine bestimmte namentlich bekannte Person mit
einem ganz bestimmten Ziel.
    Hier ist die erste
Geschichte: Caelius brauchte das Gold, er lieh es sich von Clodia,
er lieh es ohne Zeugen und behielt es, solange er wollte. Darin
sehe ich ein deutliches Zeichen höchster Vertrautheit. Die
zweite Geschichte: Caelius wollte Clodia umbringen, er verschaffte
sich Gift, er stiftete dafür Sklaven an, bestimmte einen Ort
und eine Zeit zur Übergabe des Giftes an die, die es
verabreichen sollten. Darin wiederum sehe ich den Ausbruch eines
tödlichen Hasses aufgrund eines äußerst
schmerzhaften Zerwürfnisses!
    In diesem Prozeß
dreht sich alles um Clodia, ihr Richter, um eine Frau von hoher
Geburt und geringem Ruf. Ich bin nicht hier, um einen Skandal
anzufachen, und ziehe auch keine Befriedigung daraus, die Tugend
einer römischen Matrone in Zweifel zu ziehen. Wenn jedoch die
Ankläger, sobald diese Dame aus dem Feld geschlagen ist,
keinen Anklagepunkt und keine Handhabe mehr besitzen, um Marcus
Caelius zu attackieren - dann ist es doch meine Pflicht als Anwalt,
die Angreifer auszuschalten. Ich würde das mit noch mehr
Nachdruck tun, wären da nicht meine persönlichen Querelen
mit dem Mann dieser Dame.« 
    Das Publikum brach in
Gelächter aus. Cicero tat, als sei er verwirrt. »Oh,
sagte ich Mann? Ich wollte sagen, mit dem Bruder, hier verspreche
ich mich doch jedesmal.« Er zuckte die Schultern und
lächelte. »Nun denn, ich bitte um Verzeihung, werte
Richter, den Namen dieser Dame in dieses Verfahren ziehen zu
müssen. Ich habe es nämlich niemals für angebracht
gehalten, mit Frauen Feindschaften auszutragen, schon gar nicht mit
einer, die nach allgemeinem Urteil eher jedermanns Freundin als
irgend jemandes Feindin ist.«
    Er wartete, bis sich
das Gelächter gelegt hatte. Die Menge hatte sich erneut
verschoben, und ich konnte wieder Clodias Gesicht sehen. Es war
nach wie vor starr, doch selbst von weitem konnte ich die
Beunruhigung in ihren Augen sehen. Sie begann das volle
Ausmaß ihres Fehlers zu begreifen, den sie begangen hatte,
als sie ihren Groll gegen Caelius in die Öffentlichkeit
getragen hatte. 
    Cicero räusperte
sich. »Doch will ich sie

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