Roemisches Roulette
gut?”
“Gibt es einen Grund, warum es ihm nicht gut gehen sollte?”
Ich blinzelte und schüttelte den Kopf. “Warum werden wir überhaupt verhört? Meine beste Freundin ist eben erst bei einem grausamen Unfall ums Leben gekommen.” Ich verstummte. Indem ich es ausgesprochen hatte, tauchten wieder die Bilder von Kit auf dem Gehweg vor mir auf, die Blutlache unter ihrem Kopf. Plötzlich war mir schwindelig. Ich stützte den Kopf in die Hände.
“Ich bin gleich zurück”, meinte Detective Bacco. Dann erhob er sich und ging hinaus.
Das weiße Zimmer wurde immer enger. Es erdrückte mich schier. Ich stand auf und lief hin und her, doch dadurch fühlte ich mich nur noch mehr wie ein gefangenes Tier. Geh, dachte ich. Geh einfach. Aber durfte ich das überhaupt? War die Tür abgeschlossen? Nein, er hatte gesagt, er wolle mich nur befragen.
Also, verschwinde schnell von hier.
Aber würde das nicht den Eindruck erwecken, ich hätte etwas zu verbergen? Würde ich mich dadurch nicht verdächtig machen? Doch weswegen eigentlich? Kit war gestürzt. Es war ein Unfall. Ja, ein schrecklicher Unfall.
Der Detective kam wieder herein. “Es gibt da ein Problem”, sagte er und setzte sich.
Ich blieb stehen.
“Die Aussage Ihres Mannes stimmt mit Ihrer nicht ganz überein.”
“Wie bitte?” Die Floskel kam zu laut über meine Lippen.
Er sah mich mitfühlend an. “Setzen Sie sich, Mrs. Blakely.”
Ich folgte seiner Aufforderung.
“Seine Beschreibung des Unfallhergangs”, sprach er weiter, “entspricht nicht ganz der Ihren.”
In meinem Kopf konnte ich die Worte hören, die Nick mir auf dem Balkon eingeschärft hatte.
Rachel, hör zu: Wir müssen dieselbe Geschichte erzählen. Es war ein Unfall. Sie hat mich angegriffen.
“Aber … was hat er Ihnen denn erzählt?”
“Am besten gehen wir alles noch mal von vorne durch. Ich habe da nämlich noch ein paar Fragen.”
Mir brummte der Schädel. Ich hatte das intensive Verlangen mir die Haare zu waschen, das Gesicht. Einfach nur hier rauszukommen. Es gab nichts, weswegen ich mich schuldig fühlen musste, oder? Warum also tat ich es trotzdem?
Ich nickte. “Okay.”
“Fangen wir am Anfang an. Sie waren in Ihrer Wohnung. Mrs. Blakely, wie laufen die Gespräche mit dem Wachmann üblicherweise ab? Ich meine, wenn jemand Sie besuchen möchte.”
“Das habe ich schon gesagt. Er ruft oben an.”
Detective Bacco nickte und sah seine Aufzeichnungen durch. Seine Seelenruhe ging mir auf die Nerven. “Mrs. Blakely, warum waren Sie an diesem kalten Abend auf dem Balkon?”
“Das habe ich auch schon gesagt. Wieso fragen Sie mich das alles noch einmal?”
“Diese Frage habe ich Ihnen noch nicht gestellt. Wir wissen nur,
dass
Sie alle auf dem Balkon standen. Jetzt frage ich Sie,
warum?
Vor allem an einem so kalten Abend.”
Nervosität packte mich. Diesen Teil hatten Nick und ich nicht abgesprochen. Sollte ich etwas Bestimmtes sagen?
Sag die Wahrheit.
“Kit und ich haben uns gestritten”, antwortete ich. “Ich wollte nicht, dass Nick es mitbekommt.”
“Sie haben sich wegen seiner Affäre gestritten?”
Ich war dem Detective dankbar dafür, dass er mir mit seiner Frage die Antwort bereits in den Mund gelegt hatte. Auch, wenn es die falsche war.
Erzähl niemandem von Rom.
Ich nickte bestätigend.
“Warum sollte sich Ihre Freundin mit Ihnen über die Affäre Ihres Ehemannes streiten? Das ist doch allein
Ihre
Sache, oder?”
Oh Gott, was sollte ich nur sagen? In Wahrheit hatte Kit mich in meiner Entscheidung, Nick zu vergeben und bei ihm zu bleiben, unterstützt. Ich suchte nach einem Weg die Wahrheit zu sagen, ohne unsere Geschichte durcheinander zu bringen. “Kit wollte mich schon immer beschützen”, erwiderte ich schließlich.
“Sie beide haben sich also über Ihren Mann gestritten?”
Ich nickte. Die Aussage stimmte.
“Und weil Sie nicht wollten, dass er es mitbekommt, sind Sie mit Ihrer Freundin auf den Balkon gegangen.”
“Genau.”
“Warum ist Ihr Mann hinausgegangen?”
“Wahrscheinlich hat er gesehen, wie wir uns gestritten haben, und wollte wissen, ob alles in Ordnung ist.”
“Eines verstehe ich nicht: Wie hat sich das Ganze so zuspitzen können, dass sie auf ihn losgegangen ist?”
“Wir haben uns gestritten. Nick hat sich verteidigt, und wir wurden immer lauter.”
Detective Bacco schien nachzudenken. “Ich finde es merkwürdig, dass Ms. Kernaghan Ihren Mann wegen einer Sache angegriffen hat, die sie rein gar nichts
Weitere Kostenlose Bücher