Roemisches Roulette
ihm”, warnte Tom uns. “Falls dieser Mann als Zeuge auftritt, soll es nicht so aussehen, als wollten wir zwischen polizeilicher Befragung und Prozessbeginn Einfluss auf ihn nehmen.”
Bei dem Wort
Prozess
verkrampfte sich mein Magen.
Ich sah, dass Nick die Zähne fest aufeinanderbiss und langsam den Kopf schüttelte.
“Wir können nur hoffen, dass der Mann nicht meint, irgendetwas gesehen zu haben”, fuhr Tom fort. “Sie haben ganz sicher keine Ahnung, was er der Polizei erzählt haben könnte?”
“Nein”, sagte Nick schnell.
Ich zögerte kurz, bevor auch ich mit Nein antwortete. Wie sollte ich das auch wissen – wenn ich noch nicht einmal sicher war, was ich selbst gesehen hatte?
Ich schwang die Beine von den Fußablagen des gynäkologischen Stuhls, setzte mich aufrecht hin und versuchte, mich in dem Papierleibchen irgendwie wohl zu fühlen.
Eine Krankenschwester vom mütterlichen Typ, die in einen hellblauen Kittel gekleidet war, betrat mit einer Klemmbrett in der Hand den Raum. “Hier sind Ihre Blutergebnisse”, verkündete sie mit einem Lächeln. “Jetzt ist es offiziell.”
Ich sprang vom Stuhl und umarmte sie.
Mit einem Döschen Schwangerschaftsvitamine und mindestens fünfzehn Faltblättern, in denen einfach alles stand – von der richtigen Ernährung während der Schwangerschaft über natürliche Geburt und Kaiserschnitt bis zur Wochenbettdepression – verließ ich die Klinik. Nichts konnte mir die Laune vermiesen. Ich war schwanger, und dieses Geschenk stimmte mich hoffnungsfroh und zuversichtlich. Selbst im Hinblick auf die Ereignisse um Kits Tod. Sie war für immer fort, und wir benötigten einen Strafverteidiger. Doch bislang hatte man nicht offiziell Anklage gegen uns erhoben. Das war das Wichtigste. Es gab Hoffnung. Es musste sie geben. Schließlich war ich schwanger.
Konnten die Menschen es mir ansehen, als ich auf der Michigan Avenue Richtung Norden zurück zu unserem Appartement ging? Spürte der Wachmann vor dem Tiffany’s-Gebäude, dass ich ein wundervolles Geheimnis in mir trug? Wusste die ältere Dame, die mich freundlich anlächelte, dass ich soeben die schönste Nachricht der Welt erhalten hatte?
Ich ging weiter bis zur State Street und machte an einem Lebensmittelgeschäft Halt. Dort füllte ich einen Einkaufswagen mit frischem Obst; Müsli, Hühnchen, Käse und vielen anderen Köstlichkeiten, die mir ins Auge fielen. Bisher war die Küche in unserer neuen Wohnung meist kalt geblieben, doch das sollte sich von nun an ändern. Bevor ich zu Kasse ging, nahm ich noch eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank. Nick würde mit Sicherheit ein Gläschen trinken wollen, wenn ich ihm am Abend davon erzählte.
Zu Hause klopfte ich das Fleisch platt und wickelte es um Spargelstangen. Ich machte Rucolasalat und zum Nachtisch einen Obstkuchen.
Als Nick hereinkam, war der Esstisch mit einer elfenbeinfarbenen Decke und funkelnden Kerzen geschmückt.
“Was ist denn hier los?”, fragte er.
In Rock und Seidenbluse kam ich aus der Küche.
“Du siehst umwerfend aus!”
Ich lächelte. “Setz dich.”
“Ist das hier das letzte Abendmahl oder so was?”, witzelte er.
Für einen Moment stutzten wir beide. Mein Optimismus geriet ins Wanken.
“Entschuldige”, murmelte Nick. “Ich weiß auch nicht, warum ich das gesagt habe.”
“Es ist das
erste
Mahl”, meinte ich, als ich mich von dem kleinen Schreck erholt hatte.
“Du sprichst in Rätseln.”
“Ja”, bekräftigte ich geheimnisvoll. Sonst sagte ich nichts. Ich öffnete nur den Champagner und schenkte Nick ein Glas ein.
“Und aus welchem Anlass?”
“Du musst dich noch einen Moment gedulden.” Ich verschwand kurz in der Küche und kam mit einer Käseplatte, dem Salat und Dessert zurück. Dann schenkte ich mir selbst ein Schlückchen Champagner ein und erhob das Glas.
Nick tat es mir gleich und sah mich dabei erwartungsvoll an.
“Nicholas Blakely?”
“Ja, Rachel Blakely?”, neckte er mich.
Ich stieß mit ihm an. “Herzlichen Glückwunsch. Sie werden Vater.”
Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen starrte er mich ungläubig an. “Was? Ehrlich? Veräppelst du mich auch nicht?”
“Nein. Wir sind schwanger.”
“Mein Gott! Oh Liebling!” Er stellte sein Glas hin und umarmte mich stürmisch.
“He, Vorsicht! Mein Champagner”, lachte ich.
Er nahm mir das Glas aus der Hand und stellte es ebenfalls auf den Tisch. “Du darfst jetzt sowieso nur noch einen Minischluck trinken.”
“Nichts
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