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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Caldwell
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mir in den Sinn gekommen, dass ich eines Tages dorthin müsste. Dass
ich
einmal eine Verdächtige wäre.
    Das Revier, ein Haus aus braunem Backstein, lag auf einem kargen Grundstück. Wir fuhren zur Gebäuderückseite und in eine Tiefgarage.
    Dort halfen mir die Polizisten aus dem Auto und führten mich durch einen Flur, an dessen Ende sich zwei Schwingtüren befanden. Als wir sie passiert hatten, gelangten wir zu einer Art Empfangsschalter. Die Polizisten grüßten die Beamtin dahinter und schoben ihr die Waffen über eine kleine Ablagefläche zu. Die Frau reichte den beiden im Gegenzug einen Papierbogen zum Unterschreiben und verstaute die Pistolen dann in einem der zahlreichen Schließfächer hinter sich.
    Wir stießen eine Doppeltür auf und gingen einen weiteren mit Linoleum ausgelegten Flur entlang.
    “Wohin bringen Sie mich?”, fragte ich. Die fremde Atmosphäre dieses Ortes, die Menschen, die Handschellen – das alles wurde langsam zu viel für mich. Mir war vor Angst schon ganz schummrig. Dass ich den ganzen Tag noch nichts in den Magen bekommen hatte, trug einen nicht unerheblichen Teil dazu bei.
    “Erkennungsdienstliche Behandlung”, erwiderte der Polizist knapp.
    “Könnte ich bitte etwas zu essen haben? Ich habe heute noch nichts gegessen und ich bin …”
    “… schwanger”, beendete der Polizist meinen Satz unwirsch. “Das wissen wir bereits. Zuerst müssen Sie zum Erkennungsdienst. Bis dahin kann ich nichts für Sie tun.”
    “Es wird nicht lange dauern”, mischte sich nun die Polizistin ein. Ihre Stimme klang freundlicher als die ihres Kollegen.
    Sie sollte Recht behalten. Die Prozedur dauerte nicht lange, war dafür aber umso demütigender. Meine Finger wurden nacheinander auf eine Art Stempelkissen gedrückt und dann auf Papier abgerollt. Man positionierte mich an der Wand vor einer Kamera. Ich hasste mich selbst dafür, doch alles, woran ich denken konnte, war:
Ich bin nicht geschminkt. Meine Haare sehen fürchterlich aus. Ich habe Farbreste im Gesicht.
Gerade als ich den Mund öffnete, um eine Frage zu stellen, wurde die Kamera mit einem grellen Blitz ausgelöst.
    Ich blinzelte mehrfach, um die Nachwirkungen des Blitzes abzuschütteln. Mein Blick klärte sich schnell, aber der Albtraum sollte noch lange nicht vorbei sein.

18. KAPITEL
    I ch fühlte mich wie ein gefangenes Tier. Die Wände meines Käfigs bestanden auf allen vier Seiten aus dreckigen Gitterstäben, und selbst die Decke war ein metallenes Gitter. In den Stahlboden waren winzige achteckige Muster gestanzt, die nicht größer waren als mein Daumennagel. Das weiß ich deswegen so genau, weil mich eine eigenartige Mischung aus Panik und Langeweile so lethargisch machte, dass ich mich irgendwann auf den Boden kauerte, meinen Daumen neben die Muster legte und beides unverwandt anstarrte.
    “Sie Glückspilz”, sagte die Schließerin, die mich hierher gebracht hatte und nun vor dem Käfig stand. Sie hatte eine untersetzte Figur und trug eine platinblonde Perücke. Ihr kalter Blick bereitete mir Unbehagen.
    “Glückspilz?”
    “Ja, Sie sind schwanger, stimmt’s?”
    “Ja.”
    “Und deshalb kriegen Sie Ihre eigene Zelle. Sonst hätten Sie sich zu den anderen Ladies dort gesellen dürfen.” Mit einer ruckartigen Kopfbewegung deutete sie auf einen der anderen Käfige, in dem vier Frauen eingesperrt waren: zwei schliefen auf den Feldbetten, zwei standen herum und sahen mich an.
    “Jawoll, ein Riesenglückspilz”, bekräftigte die Schließerin.
    Ich sah ihr in die Augen. “Ich konnte noch niemanden anrufen, und ich müsste unbedingt meinen Anwalt kontaktieren.”
    Sie schüttelte den Kopf. “Sie müssen warten, bis die Detectives hier sind.”
    “Und wann kommen die?”
    Sie zuckte die Schultern. Diese Geste drückte eiskalte Gleichgültigkeit aus und jagte mir einen Schauer über den Rücken. Niemand wusste, dass ich hier war.
    Am liebsten hätte ich dieses Weib angespuckt, angeschrien. Stattdessen räusperte ich mich und sagte: “Ich habe heute noch nichts gegessen. Könnte ich bitte etwas bekommen?”
    “Bin gleich zurück.” Sie drehte sich um und verschwand ohne ein weiteres Wort. Fünf Minuten später kam sie zurück und warf einen Müsliriegel und ein kleines Päckchen Orangensaft in den Käfig. Ich riss beides auf und aß so hastig wie noch nie in meinem Leben. Danach hatte ich noch immer Hunger. Wann würde ich wieder etwas zu essen bekommen? Wie spät war es überhaupt? Es musste Nachmittag sein, doch ich

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