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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Caldwell
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hatte keine Ahnung, wie spät genau. In diesem Raum gab es weder natürliches Licht noch eine Uhr.
    “He du!”, rief jemand mit kratziger Stimme.
    Ich drehte mich um und sah, dass mir eine der beiden Frauen, die in der anderen Zelle standen, zuwinkte. Sie trug Jeans und ein violettes Fußballtrikot. “Warum bist du hier?”
    “Ich wurde verhaftet.” Kaum hatte ich diese drei Worte ausgesprochen, wurde mir bewusst, wie überflüssig und dumm sie wirken mussten.
    Die Frau johlte und krümmte sich vor Lachen. Die andere Frau hinter ihr kicherte.
    “Verhaftet, hä?”, sagte sie dann. “Und warum?”
    “Mord.”
    Sie hörte auf zu lachen.
    “Willst du mich verarschen?”, fragte sie nach kurzem Zögern.
    “Nein.”
    “Wen hast du denn kaltgemacht?”
    “Ich habe gar nichts getan.”
    Wieder lachte sie. “Deinen Alten?”
    “Was?”
    “Hast du deinen Alten kaltgemacht? Deinen Mann?”
    “Nein. Nein, ich glaube, er wurde ebenfalls verhaftet.” Doch sicher wusste ich das nicht. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wo Nick war.
    Ich wandte mich von der Frau ab und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich sollte jetzt besser den Mund halten.
Sprechen Sie mit niemandem darüber
, hatte Tom Severson mir mehr als einmal eingeschärft.
    Doch dann wurde mir klar, dass diese Frau mir helfen könnte. Ich drehte mich wieder um. “Weißt du, warum ich meinen Anwalt nicht anrufen darf?”
    “Du hast schon ‘nen Anwalt?”
    “Ja, einen Strafverteidiger.” Ich hasste es, wie geziert ich mich anhörte.
    “Das mögen die gar nicht.”
    “Wer?”
    Angesichts meiner Naivität schnaubte sie verächtlich. “Die Bullen. Die sind angepisst, wenn man schon ‘nen Anwalt hat. Dann lassen die einen ewig hier schmoren.”
    “Aber habe ich nicht das Recht auf ein Telefonat? Läuft das nicht so?”
    “Zuerst müssen die deine Fingerabdrücke vergleichen.”
    “Und wie lange dauert das?”
    “Bist du schon mal verhaftet worden?”
    “Nein.”
    “Dann kann es ‘nen Tag dauern.”
    “Machst du Witze?”
    Sie schüttelte den Kopf, und ich merkte, dass unsere Unterhaltung sie zu langweilen begann.
    “Also kann ich meinen Anwalt anrufen, wenn sie meine Fingerabdrücke verglichen haben, oder wie?”, fragte ich.
    Sie zuckte die Achseln. “Wohl eher, wenn es ihnen in den Kram passt. Die haben viel Zeit hier.”
    Zeit – dieser Begriff bekommt eine völlig neue Bedeutung, wenn man hinter Gittern sitzt. In meiner Zelle gab es nichts zu tun; nichts anzusehen, außer dem achteckigen Muster auf dem Boden oder den Frauen in der anderen Zelle. Zeit wurde zu einem Begriff von karamellartiger Konsistenz, der sich immer weiter dehnte, ohne zu reißen. Die Käfige um mich herum füllten sich mit weiteren Frauen. Drei der Frauen aus der ersten Zelle wurden nacheinander herausgelassen. Und ich saß und stand, saß und stand und fragte mich, wo Nick war. Ob ich in größeren Schwierigkeiten steckte, als mir vielleicht bewusst war?
    Irgendwann – es musste viele Stunden nach meiner Verhaftung gewesen sein – tauchten zwei Wärter auf und führten mich aus dem Käfig in den Flur. Das Licht war so grell, dass ich heftig blinzeln musste und um ein Haar gestolpert wäre.
    “Auf geht’s”, befahl einer der Wärter.
    “Wohin bringen Sie mich?”
    “Ins Vernehmungszimmer.”
    Man brachte mich in einen weiß gestrichenen Raum, der genauso aussah wie der, in dem ich die ersten Stunden nach Kits Tod verbracht hatte. Und gegenüber der harten Holzbank saß in einem einzigen Stuhl ebenfalls ein alter Bekannter: Detective John Bacco.
    Als er mich kommen sah, erhob er sich. Er besaß sogar die Frechheit, entschuldigend zu lächeln. “Sie können ihr die Handschellen abnehmen”, sagte er zu den Wärtern.
    “Nehmen Sie Platz”, forderte er mich auf, als die beiden das Zimmer verlassen hatten. Er wies zur Bank.
    Ich blieb stehen. “Ich will meinen Anwalt sprechen.”
    Er nickte. “Na schön.” Dann holte er sein Handy hervor. “Die Nummer?”
    Ich diktierte sie ihm. Er wählte und reichte mir den Apparat. Sofort nahm der Anrufbeantworter in Toms Büro den Anruf entgegen.
    “Wie spät ist es?”, fragte ich Detective Bacco.
    Er sah auf die Uhr. “Ein Uhr morgens.”
    “Was? Das kann doch nicht sein!” Dann schwieg ich und lauschte der Stimme auf dem Tonband, die mir sagte, im Notfall solle man Tom auf dem Handy anrufen. Ich hinterließ eine Nachricht, in der ich ihm meinen Aufenthaltsort nannte, und bat den Detective dann, Toms

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