Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
zu bleiben, eine ewige Drohung in der Ferne. Keine Strafe könnte härter sein.
Es dauerte lange, bis das Lied der Weide ihn in den Schlaf gewiegt hatte, doch als er endlich in friedliche Träume versank, störte ihn nicht einmal mehr die fluchtartige Rückkehr der geschlagenen Silberfalken.
9.
„Viele Arten von Wahnsinn kann ich heilen. Liebe nicht.“
Zitat von Elanna, Tochter der Bira, verstorbene Königin der Hexen
„Hier hast du dich also versteckt.“ Kythara blickte sich anerkennend in dem geräumigen Haus um, das Inani sich gekauft hatte.
„Ich verstecke mich nicht“, erwiderte die junge Hexe würdevoll. Wenn sie wütend darüber sein sollte, dass Kythara ohne Vorwarnung erschienen war, ließ sie sich nichts anmerken. Sie hatten sich lange nicht gesehen, Inani hatte sich von allen, die sie kannte, fern gehalten. Es war schwierig genug gewesen, sie aufzuspüren, erst wenige Stunden zuvor hatte Kythara von einer Spionin am Hof erfahren, dass sich ihre schwierigste und zugleich hoffnungsvollste Untertanin zu erkennen gegeben hatte.
„Du hast niemandem gesagt, dass du nach Roen Orm zurückkehrst. Nicht einmal Corin wusste, wo du zu finden bist, was bedeutet, dass du dich magisch vor ihr verbirgst. Ich habe sogar versucht, Maondny zu fragen, aber du kennst sie ja ...“
Inani grinste und beendete den für die Elfe so typischen Satz gemeinsam mit Kythara: „... ich darf nichts sagen, es würde die Zukunft verändern. “
Schweigend schlenderte Kythara durch den Raum, strich über die reich verzierten weißen Möbel, die kostbaren Statuen. „Ich wusste nicht, dass du den Prunk der Adligen liebst?“
„Tue ich nicht. Die Gräfin ist ohne Nachkommen gestorben, ich habe das Haus mit ihrem gesamten Besitz gekauft. Da ich nicht lange hier wohnen werde, wäre es Zeitverschwendung, mich neu einzurichten.“
„Nicht lange also. Und was willst du in der kurzen Zeit erreichen?“
Inani zögerte, dann schüttelte sie den Kopf. „Es betrifft weder dich noch irgendeine Angelegenheit der Pya.“
„Es ist demnach eine rein persönliche Sache?“
Der Unterton in Kytharas Stimme wurde bedrohlich.
„Ganz recht.“
„Nun gut.“ Sie seufzte schwer. „Sein Name?“
„Wie?“
„Sein Name? Wer hat es geschafft, das Herz der stolzen Inani zu erobern? Nun guck nicht wie ein Huhn, bevor es geschlachtet wird, ich war auch mal jung!“
„Ich ...“ Inani errötete, sie schaffte es offensichtlich nur mühsam, nicht wie ein junges Mädchen zu kichern.
Sie ist noch ein Mädchen, ein Kätzchen, gerade erst erwacht, vergiss das nicht!, ermahnte sich Kythara. Sie vergaß oft, wie alt sie selbst bereits war.
„Du brauchst nicht zu fürchten, dass ich deinem Auserwählten den Kopf abbeiße. Ich will es nur wissen, damit er nicht durch puren Zufall Opfer einer Intrige wird. Es scheint ja ein Adliger oder zumindest reicher Mann zu sein, sonst hättest du ein bescheideneres Häuschen gewählt.“
Inani errötete noch tiefer und wandte sich hastig ab, bevor Kythara ihr den Arm um die Schulter legen konnte.
„Er wird kein Opfer, er gehört weder regulär zum Königshof noch zu den wichtigen Handelsfamilien.“
Warnende Kälteschauer prickelten über Kytharas Rücken. Misstrauisch packte sie die junge Frau, zog sie dicht zu sich heran und studierte aufmerksam den Ausdruck in Inanis Augen.
„Du verschweigst mir etwas. Was hast du getan?“, fragte sie ungeduldig.
„Lass mich los! Was ich tue, ist meine Angelegenheit, solange ich niemandem schade!“
„So einfach ist das nicht, Herzchen, sonst könntest du mir erzählen, was los ist! Vorwärts, es ist noch nicht lange her, dass du mir bedingungslos vertraut hast! Was hast du getan?“
„Lass mich los, ich erzähl es dir“, flüsterte Inani, in einer für sie einzigartigen Mischung aus Niederlage, Scheu und Trotz.
Kythara wich zurück. „Du machst mir Angst, Kleines.“
„Nenn mich nicht so!“, fauchte Inani, sank dann in einen unbequem aussehenden übergroßen Sessel nieder. Sie wirkte so verletzlich, dass es Kythara innerlich schmerzte.
„Es ist Janiel. Der Schüler von Rynwolf, den Ilat davor bewahrte, von seinen eigenen Brüdern gemeuchelt zu werden.“
„Der junge Priester, der seine Erdmagie entdeckt hatte? Nun, immerhin hast du guten Geschmack. Was noch?“
„Als ich vor drei Wochen Yosi den Todeskuss gab, bin ich mit ihm zusammengestoßen. Er wollte mich umbringen.“
„Klingt nach einer herzergreifend romantischen Liebesgeschichte.“
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