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Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Titel: Roland Hassel - 07 - Wiedergänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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Leben. Ich dagegen würde einen Kaffee trinken und ein wenig plaudern. Andererseits hatte ich mein Quantum Leichen gehabt. Man soll nicht unverschämt sein in seinen Forderungen, aber nun, da ich nicht länger auf eine Familie Rücksicht nehmen mußte, konnte ich mir beruflich doch einiges erlauben.
    In der allermiesesten Stimmung trottete ich die schmalen Wege entlang. Ich war mir klar darüber, daß meine Gedankengänge mehr als albern waren, aber ich meinte, ein Recht auf sie zu haben. Wenn mir das einer streitig machen wollte, hätte ich ihn vor den europäischen Gerichtshof gezerrt.
    Die Villa war alt, aus Holz und hatte zwei Stockwerke. Sie hätte schon vor zehn Jahren neu gestrichen werden müssen und war vielleicht damals schon der Schandfleck der Gegend gewesen. Früher war sie offensichtlich einmal gelb gewesen, jetzt herrschte der schmutziggraue Ton gealterten Holzes vor. Auch im Garten war jahrelang nichts gemacht worden, so daß das Grundstück sich so weit in einen Dschungel verwandelt hatte, wie es in Schweden nur möglich ist.
    Jemand hatte ein Schild an die verrottete Haustür genagelt: ’Keine Besuche nach 14.00 Uhr. Ich klingelte, und sogar dieser Ton klang nach Rost. Ein fünfundsechzig bis siebzig Jahre alter Mann öffnete. Er schaute mich aus kornblumenblauen Augen freundlich an.
    »Bist du von der Polizei?«
    Ich zeigte meine ID-Karte, und er prüfte sie sorgfältig.
    »Hassel, aha. Ich hatte mal einen Schüler, der so hieß. Wie alt bist du?«
    »Zu alt.«
    »Nein, das kannst du auch gar nicht gewesen sein. Jetzt ist es fünf nach halb zwei. Du hast also fünfundzwanzig Minuten. Komm rein. Die Füße brauchst du dir nicht abzutreten.«
    Ich betrat einen großen, kalten Raum. Es gab einen großen Fernseher, ein Videogerät und einen riesigen Sessel mit Fußstütze. Hinter dem Sessel stand eine Bodenlampe älteren Modells und daneben ein runder Tisch. Neben dem Fernsehapparat stapelten sich die Videobänder. Auf dem Tisch standen mehrere Flaschen billigen Rotweins mit Schraubverschluß, ein Glas und ein großes Tablett mit Käsewürfeln.
    »Einen Augenblick bitte, ich hole die Besucherbank. Die kommt sehr selten zu Ehren.«
    Er holte einen gepolsterten Hocker für mich und ließ sich selbst in den Sessel fallen. Obwohl es mitten am Tag war, trug er einen verschlissenen Morgenrock, unter dem ein gestreifter Flanellpyjama hervorsah. Auch die schiefgelatschten Pantoffeln hatten ihre besten Tage schon lange hinter sich.
    »Bist du krank?« fragte ich.
    »Krank? Mein Lieber, ich bin mein Leben lang nicht krank gewesen. Nun ja, vor elf Jahren hatte ich eine leichte Erkältung, man soll ja nicht schwindeln, aber ansonsten erfreute ich mich stets bester Gesundheit.«
    Er hatte einen kleinen, runden Kopf. Die verbliebenen Haarsträhnen ringelten sich bis auf den Rücken hinab. Seine Haut war glatt und rosig, er hatte eine Stupsnase und einen runden Mund mit dicken Lippen. Mit anderen Worten, er war, was er zu sein behauptete, ein kerngesunder Herr, der es sich gutgehen ließ.
    »Du bist bekleidet, als wolltest du gerade zu Bett gehen«, äußerte ich.
    »Bald beginnt ja auch mein schönes tägliches Ritual. Ich bin ein Mensch mit festen Gewohnheiten. Pedant haben sie mich genannt, als ich noch unterrichtete. Nach vierzehn Uhr bin ich für die Welt nicht mehr erreichbar.«
    »Was ist das für ein Ritual?«, wollte ich wissen.
    Die Fragen, die ich eigentlich stellen wollte, waren sicher in zwei Minuten beantwortet. Er goß sich von dem Rotwein ein und hob das Glas für einen kurzen, prüfenden Blick gegen das Licht. Dann nickte er zufrieden und stellte es wieder auf den Tisch.
    »Ich habe nichts zu verheimlichen. Nein, ich habe eben nur meine Art zu leben gefunden und falle niemandem zur Last. Mein Leben lang bin ich Lehrer gewesen. Ich bin in Östersund geboren und kam nach der Wehrpflicht als Zwanzigjähriger nach Stockholm. Ich war Schreiber bei einem Stab. Heller Kopf, habe viel gelesen und studiert, dann Lehrerausbildung, Geschichte, Religion und Geographie, war dann Volksschullehrer und nach der Reform an der Gesamtschule. Ich war weder populär noch verhaßt. Man tolerierte mich und kümmerte sich im übrigen nicht sehr um mich. Ich war auch nicht besonders gut, hatte es eher schwer, die Schüler zu begeistern. Tja, so ist das eben. Man sollte nicht so viel darüber nachdenken. Das Leben nimmt seinen Lauf.«
    »Und deshalb trägst du nur noch Pyjamas?«
    »Mein lieber Hassel, es gibt Ursachen, und

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