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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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geeignet.«
    Das Telefon klingelte, und ich haßte es dafür. Zu oft kündete es Ärger an. Aber ich mußte antworten; vielleicht war es Virena, die Neuigkeiten über die Sonne, den Strand oder Elin, die sich nach ihrem Papa sehnte, zu berichten hatte. Aber es war nicht Virena, natürlich nicht, sondern eine kranke Stimme aus dem kranken Hirn eines kranken Mannes. Ich hatte diese abstoßenden, schleimigen Sätze schon einmal gehört. Dieser ekelhafte Typ war eine Ausgeburt der Hölle!
    »Warum hat man dich freigelassen, du Mörder? Du solltest im Gefängnis schmoren, bist du verfaulst und die Krähen dir die Augen aushacken …«
     
    »In der Zelle gibt es keine Krähen«, murmelte ich schwerfällig. Dieses kranke Lachen – war das jener Teufel, der sich zu Virerla ins Krankenhaus und zu Elin in die Schule geschlichen hatte? »Du, dein Mörderweib und eure Brut, ihr sollt alle drei zusammen verfaulen, und dann zerhacke ich euch genau wie die Krähen, ha ha ha …«
    Das Blut stieg mir zu Kopfe, Schaum stand mir vor dem Mund. Ich hatte alle diese anonymen Wahnsinnigen satt, die nach Gelegenheiten suchten, um ihre psychopathischen Instinkte auszuleben. Sie genossen die anonymen Anrufe und Briefe wie Schweine, die sich im Dreck suhlen; sie geilten sich daran auf, andere in Angst und Schrecken zu versetzen. Ich knallte den Hörer auf die Gabel, als schmetterte ich ihn einem dieser perversen Kerle ins Gesicht. Wieder auf dem Balkon, trat ich voller Wut gegen das eiserne Geländer.
    »War wohl kein angenehmes Gespräch?« konstatierte Hiller.
    »Nein.«
    »Hat der Tritt geholfen?«
    »Nein, nichts hilft. Carl, ich höre dir zu. Laß uns hineingehen, wo es warm ist, und dann erzählst du weiter.«
    Wir setzten uns wieder, aber ich war so erregt wegen des Anrufs, daß ich wie besessen meine Oberarme knetete.
    »Erinnerst du dich an den Film ›Der dritte Mann‹?« wollte Hiller wissen. »Er spielt in Wien, unmittelbar nach dem Krieg. Es geht um eine Bande, die verdünntes oder sogar falsches Penicillin an Kinderkrankenhäuser verkauft.«
    »Ja, mit Orson Welles. Er kam im Kino und später im Fernsehen. Warum?«
    »Orson Welles verkörpert den Schurken, der sich in der Stadt versteckt. Seinem alten Freund, gespielt von Joseph Cotton, gelingt es, sich mit ihm im Prater zu treffen. Sie fahren mit dem Riesenrad; ganz oben bleibt die Gondel stehen, und sie schauen über die Ruinen. Cotton fragt, wie Welles am Tod von Kindern und Erwachsenen Geld verdienen kann. Welles zeigt hinunter und sagt etwa folgendes: ›Schau dir all diese kleinen schwarzen Punkte an. Von hier gesehen wird jeder Mensch zu einem schwarzen Punkt. Was kümmern dich all diese Punkte, es sind doch nur Punkte. Wenn man dir für jeden Punkt, den du ausradierst, zehntausend Dollar gäbe, würdest du dann zögern? Was bedeuten ein, zehn oder hundert kleine Punkte, wenn du reich werden kannst, indem du sie auslöschst?‹ Verstehst du, was ich meine?«
    »Sprich nicht in Rätseln. Für Filmanalysen bin ich noch zu wütend.«
    Hiller vollführte eine Geste, die bedeuten konnte: Warum intellektuelle Perlen vor ein einfach gestricktes Bullenschwein werfen? Vielleicht hatte meine Interpretation etwas mit meinem maßlosen Zorn zu tun.
    »So wie Orson Welles betrachten die Inhaber der Briefkastenreedereien die Morde auf hoher See. Die Seeleute, das sind Punkte auf dem Wasser. Außerdem haben diese sauberen Geschäftsleute mit der eigentlichen Tat nichts zu tun. Sie machen sich ihre feinen weißen Hände nicht schmutzig. Für den aktiven Teil braucht man andere Kaliber, Typen, die professionell, eiskalt und effektiv sind, die planen können und denen jedes Mitgefühl, jegliche Spur von Barmherzigkeit fehlt. Die Reeder bestellen die Morde, und die Bande führt sie aus. Was sie vereint, ist die Gier nach Geld.«
    Wieder klingelte das Telefon, und ich bat Hiller zu antworten. Falls es Virena war, sollte er mir den Hörer reichen, sonst nicht. Mit seiner melodischen Stimme rief er »Hallo!«, lauschte kurz und sagte dann:
    »Wer? Wie bitte? Nein, er ist für ein paar Monate verreist. Kann ich ihm etwas ausrichten? Nein, tut mir leid, aber das geht nicht. Bye bye.«
    Er legte auf. Sein Gesicht drückte leichten Ekel aus.
    »Offenbar dieselbe Person wie vorhin. Möchtest du hinausgehen und gegen das Geländer treten?«
    »Danke, mir tun jetzt noch alle Zehen weh. Erzähl weiter!«
    Hiller legte den Hörer neben den Apparat und wählte ein paar Ziffern, bis ein Besetztzeichen

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