Roland Hassel - 14 - Piraten
Myrna von ihren Problemen mit Hasse, ihrem Freund, und der gemeinsamen Tochter Lillan. Ich kannte diese ewiggleichen Geschichten, aber es war entspannend, ihr zuzuhören. Sie war im Herzen von Söder geboren, und das merkte man an ihrem Jargon. Wenn es notwendig war, konnte sie sofort in die Hochsprache umschalten, aber sie fühlte sich am wohlsten, wenn sie reden konnte, wie ihr der Schnabel gewachsen war. Sie war geradezu und praktisch und hatte keinen Sinn für Subtilitäten. Dagegen wußte sie genau, wie Frauen denken und fühlen, und das war für mich fremdes Terrain.
Vicke Vire war zu Hause. Bei ihm hielten sich einige dunkle Existenzen auf, die sich rasch verabschiedeten, als sie uns sahen. Der Tisch war gemütlich gedeckt. Auf einer ausgebreiteten Abendzeitung standen mehrere Flaschen ohne Etikett; sogar Doktor Watson hätte erkannt, daß es sich um Selbstgebrannten handelte. Vicke spuckte und schrie, fluchte und geiferte – mit anderen Worten, er trat so auf, wie wir es von ihm erwartet hatten. Dabei verwickelte er sich in Widersprüche, so daß wir ihn zum Verhör mitnahmen. Nach einer Stunde gestand er, daß er selbst an den Hehlereien beteiligt war und sein Sohn Arthur die Ware nach Finnland verschoben hatte. Also auch hier nichts Neues. Sowohl Vicke als auch sein Sohn würden Haftstrafen ohne Bewährung bekommen, aber es schien ihm nicht viel auszumachen. Im Gefängnis brachte man ihnen Respekt entgegen; dort hatten sie verschiedene Kumpane, mit denen sie vom ganz großen Ding träumen konnten, das sie drehen würden, wenn sie wieder draußen wären.
Routine, Routine. Bevor ich nach Hause ging, teilte mir Simon mit, daß Virena und Elin am Donnerstagabend heimkommen würden. Da es erst Dienstag war, hatte ich genügend Zeit, das Wiedersehen vorzubereiten. Ich lehnte Simons Einladung zum Abendessen ab und widmete mich dem Haushalt. Den ganze Abend fegte, wischte und putzte ich; auch an Stellen, die längst sauber waren. Was tut ein Strohwitwer nicht alles, wenn die Herzensdame nach Hause kommt!
Den Mittwoch und den halben Donnerstag verbrachte ich in einem dunklen Zimmer, wo ich mir eine scheinbar unendliche Anzahl von Fotografien ansah. All diese Männer waren in internationalen Registern erfaßt, doch ich erkannte keinen von ihnen. Dann fuhr ich nach Arlanda, und mein Herz klopfte wild vor Freude, und dann kamen sie und lagen weich und warm in meinen Armen, und der kleine Mann Hassel-Pinneberg war unvernünftig glücklich.
Als wir nach Hause fuhren, saß Virena neben mir. Elin auf dem Rücksitz plapperte ununterbrochen und berichtete von all den bemerkenswerten Dingen, die eine exotische spanische Kolonie zu bieten hatte. Beide waren sonnenverbrannt; Elin fast braunschwarz.
Zu Hause war der Tisch mit dem besten Porzellan gedeckt, die Kerzen leuchteten und der Moselwein paßte zu den Meeresfrüchten und leichten Fischgerichten, die ich zubereitet hatte. Oder stammten sie aus der Kühltruhe von NK’s Lebensmittelabteilung? Ich erinnere mich nicht so genau. Anschließend gab es starken Kaffee, Tee und belgische Schokolade. Die Reise war lang gewesen, und mitten in einer spannenden Geschichte über eine häßliche Qualle schlief Elin ein und mußte ins Bett getragen werden. So saßen wir allein eng beieinander auf dem Sofa, und der Kerzenschein spiegelte sich in Virenas Augen. Sie streichelte über meine Stoppeln.
»Gefällt dir diese Frisur?«
»Nein, sie wachsen bald wieder nach.«
»Ich frage nur, damit ich weiß, ob ich mich daran gewöhnen muß.«
»Freust du dich, wieder zu Hause zu sein?«
Ihre Augen glänzten noch stärker, und das hatte nichts mit den Kerzen zu tun.
»Mhm. Und du, freust du dich, mich zu sehen?«
»Du bist schön braun gebrannt«, flüsterte ich.
»Kommt von der starken Sonne, wird aber leider schnell verblassen.«
»Bist du am ganzen Körper so braun?«
Sie lachte leise und zärtlich, und mein Blut geriet in eine angenehme Wallung.
»Warum schaust du nicht nach?«
Am frühen Montagmorgen rief Hiller an und bat mich, zu einer Adresse in der Sysslomansgatan auf Kungsholmen zu kommen, ganz in der Nähe. Es handelte sich um eine Wohnung, die als Büro diente und mit allen technischen Apparaten ausgerüstet war, die heutzutage für die Polizeiarbeit notwendig sind. Es gibt eine Reihe solcher inoffizieller Büros, die zu Gast weilenden Kollegen, die nicht öffentlich gesehen werden wollen, zur Verfügung stehen.
»Die Firmennamen, die du notiert hattest, kamen am
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