Roland Hassel - 14 - Piraten
vergangenen Donnerstag. Seitdem rotieren wir.«
»Habt ihr Resultate erzielen können?«
Hiller nickte langsam und stopfte sich seine obligatorische Pfeife.
»Mehr, als wir zu hoffen wagten. Das kann das reinste Dynamit sein!«
14.
Auf dem Schreibtisch lagen Papiere aller Art, doch sie waren fein säuberlich aufgestapelt. Hiller verfügte über zwei Faxgeräte, die auf gewöhnlichen Bögen ausdruckten, jedoch eine besonders hohe Auflösung garantierten. Ich bemerkte eine Anzahl Fotos von Schiffen, wie ich sie eine Woche lang studiert hatte.
Hier setzte Hiller an.
»Die japanische Werft Takamatsu in Kohto ist bekannt dafür, Serien exakt gleicher Schiffe zu bauen. Das ist hochrationell und senkt die Preise. Von 1970 bis 1974 liefen viele solcher Schwesterschiffe vom Stapel, vorwiegend 7000-Tonner mit Kühlraum. Die meisten von ihnen sind inzwischen stillgelegt oder bereits verschrottet, aber einige fahren noch auf den Weltmeeren umher, nachdem sie durch viele Reederhände gegangen sind. Wir konzentrieren uns auf zwei von ihnen, ›Carla‹ und ›Farlon‹.«
Er ließ den Pfeifenschaft durch die Luft kreisen und brummte:
»Carl und ›Carla‹ – sieht nach einer Verbindung aus, aber ich hatte bei der Schiffstaufe wirklich keine Hand im Spiel.«
»Für mich klingt es wie ein Schlagerduo.«
Er schaute nachdenklich auf einige Fotos und Faxausdrucke. Sie stammten offenbar aus einer Zeit, als die Schiffe noch neu und der Stolz ihrer Reederei gewesen waren.
»Beide, ›Carla‹ und ›Farlon‹, liegen in Piräus. ›Carla‹ ist in einem guten Zustand, während ›Farlon‹, obwohl klassifiziert, nur als Wrack bezeichnet werden kann. ›Carla‹ hat nachweislich Flugzeugmotoren für Militärtransporter geladen, die von einem renommierten amerikanischen Hersteller stammen, jedoch von einer Firma in Liechtenstein zum Weiterverkauf an einen Agenten mit Büro auf Gibraltar bestellt wurden.«
»Also eine Briefkastenfirma«, lautete mein Kommentar.
Die Pfeife signalisierte ein Ja.
»Die ›Carla‹ gehört, wie du weißt, der Reederei Black Circle in San Lorenzo. Die ›Farlon‹ dagegen ist im Besitz von Agat Shipping und auf Malta registriert. Dabei handelt es sich um eine weitere Briefkastenfirma, hinter der ein Anwalt steckt. Die ›Farlon‹ soll zur Reparatur auf eine indische Werft. Aber was geschieht?«
Ich wußte es, denn ich war dabei gewesen.
»Bei Nacht und Nebel tauschen die Schiffe ihre Identität. Da die Aktion gut vorbereitet ist, reichen wenige Stunden und ein paar Eimer Farbe. Die ›Carla‹, ehemals ›Farlon‹, schippert in die eine Richtung, die ›Farlon‹, ehemals ›Carla‹, in die andere.«
»Stimmt! Die Auslaufzeiten der Schiffe werden von den Hafenbehörden notiert, und damit kommt kein Verdacht auf. Man schickt die Angaben an Lloyds lists, wo diese wöchentlich erfaßt werden. Die neue ›Carla‹ nimmt, wie vorgesehen, Kurs auf London. Wie wir wissen, versinkt sie vor der Küste Frankreichs in der gefürchteten Biskaya.«
Er nahm ein anderes Schriftstück und las vor:
»Die beiden befahrenen philippinischen Matrosen Huan Lee und Ricardo Dizon wurden halb erfroren und völlig erschöpft im Rettungsboot treibend aufgefunden. Vor dem Seegericht in Frankreich berichteten sie, daß sie zusammen mit dem Zweiten Steuermann nachts als Ausguck auf der Brücke waren, als die Kessel explodierten. Sie gaben zu Protokoll, daß sich Chief Ziegfelt über defekte Leitungen beklagt hatte, die in London repariert werden sollten. Alles ging furchtbar schnell. Ortega schrie, sie mögen sich retten, während er versuchte, die anderen zu wecken, doch es gelang ihm nicht. Die Matrosen machten das Rettungsboot los und beobachteten, wie die ›Carla‹ in wenigen Minuten sank. Der Notsender wurde gefunden. Wegen der Tiefe gibt es keine Möglichkeit, die Ladung zu bergen. Der Fall ist als erwiesenermaßen normales Schiffsunglück abgeschlossen worden.«
Er seufzte, und es fiel mir nicht schwer, es ihm gleichzutun. Mit diesem Fazit in den Händen war alles leicht zu erklären. Ohne auch, aber das Ergebnis war ein anderes.
»Was kommt nun? Ein britischer Anwalt hat im Auftrag Ersatzansprüche in Höhe von sieben Millionen Pfund in schwedischer Währung an ein deutsches Versicherungsunternehmen geltend gemacht. Ein französischer Anwalt hat im Auftrag Ersatzansprüche für die Fracht in Höhe von 45 Millionen Pfund an ein holländisches Versicherungsunternehmen geltend gemacht.«
»Weit über eine
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