Rolf Torring 054 ~ Die Indianer Südamerikas
und lächelte wieder, diesmal aber verächtlich, dann wandte er sich einem schmalen, kaum erkennbaren Pfad zu, der zwischen zwei dichten Büschen in den Wald führte.
„Weiße kommen," sagte er nur und schritt auf den Pfad zu.
Wir wollten ihm folgen, aber da schob sich die riesige Gestalt Pongos vor, der wohl erraten hatte, was wir gesprochen.
„Besser sein, Pongo hinter Indianer," meinte er und zog sein Haimesser. Jetzt war es allerdings für den Häuptlingssohn unmöglich, zu entkommen. Bei der geringsten verdächtigen Bewegung hätte Pongo ihn mit seinem Messer angegriffen.
„Paß auf, Rolf, er wird uns in irgendeinen Hinterhalt führen," sagte ich leise zu Rolf, während wir uns unserem Pongo anschlossen. „Es gefällt mir gar nicht, daß er sofort bereit war, uns zu seinem Dorf zu führen."
„Selbstverständlich wird er alles versuchen, uns zu überlisten," gab mein Freund kurz zu, „deshalb müssen wir eben sehr auf der Hut sein. Pongo wird es ja sofort merken, wenn wir in der Nähe eines Dorfes sind, dann müssen wir diesen Tari fesseln und knebeln und die Nacht abwarten. Ich habe gehört, daß die südamerikanischen Indianer sehr abergläubisch sind. Vielleicht haben wir mit einem Befreiungsversuch in der Nacht Erfolg."
„Na, wir wollen es hoffen," sagte Ich ziemlich skeptisch. "Doch mir fällt gerade ein, daß wir eine arge Unterlassungssünde begangen haben. Wir hätten am Flußufer noch Bäume fällen sollen, um nötigenfalls über den Fluß zurückfliehen zu können, wenn uns die Befreiung des Europäers gelingt."
„Das ist allerdings richtig," gab Rolf etwas betroffen zu, „daran hätten wir unbedingt denken müssen! Es ist sehr dumm, daß wir das vergessen haben, aber jetzt ist es zu spät. Vielleicht können wir doch die Befreiung so vorsichtig durchführen, daß wir genügend Zeit behalten, um ein neues Floß zu bauen. Oder wir müssen in eine andere Richtung entfliehen."
„Das wäre aber sehr schade," gab ich zu bedenken, „denn bei den Tobas finden wir jede Unterstützung, während wir sonst überall auf feindliche Stämme stoßen können. Aber du hast recht, jetzt ist es schon zu spät!"
Wir schwiegen jetzt und schritten schnell hinter Pongo her, der den vor ihm gehenden Indianer bewachte, das Haimesser stets wurfbereit in der rechten Hand.
Durch den Aufenthalt am Fluß war eine ziemlich lange Zeit verstrichen, und wir konnten bald wieder die Dunkelheit erwarten. Gerade wollte ich eine entsprechende Bemerkung zu Rolf machen, als Pongo plötzlich mit gewaltigem Satz vorsprang.
Er packte mit der Linken den Indianer am Hals und riß ihn zurück. So gewaltig war der Druck seiner Hand, daß Tari keinen Laut hervorbringen konnte und wie leblos in der Hand des Riesen hing. Pongo wandte sich uns zu, legte den Zeigefinger seiner rechten Hand, in der er noch immer das Haimesser hielt, auf den Mund und winkte mit dem Kopf, daß wir zurückgehen sollten.
Wir traten einige Schritte zurück, dann sagte Pongo sehr leise:
„Indianer falsch sein. Hier gleich anderer Pfad, der auf Dorf führt. Pongo noch Hütten sehen, dann Indianer packen, der schnell fort wollte."
Das war eine sehr erfreuliche Tatsache, obgleich unsere augenblickliche Lage durch die Nähe des Dorfes ziemlich gefährlich war. Deshalb zogen wir uns sofort noch mehr zurück, bis wir an eine Stelle kamen, an der sich eine sehr kleine Lichtung neben dem Pfad befand. Mächtige Bäume standen hier, und hinter dem dicken Stamm eines der Urwaldriesen blieben wir stehen,- jetzt konnten wir nicht von einem zufälligen Passanten aus dem Dorf gesehen werden.
„Wir müssen ihn vor allen Dingen fesseln und knebeln," sagte Rolf und deutete auf den bewußtlosen Indianer. „Er darf sich auf keinen Fall befreien und etwa rufen können. Schade, daß die Ameisen auch die Schnüre zerstört haben, die wir in unseren alten Rucksäcken hatten."
„Pongo machen," erklärte der Riese sofort. Er legte den Indianer auf den Boden und schnitt aus der Hose des Bewußtlosen lange Streifen, die er fest zusammenflocht Nachdem er sie auf ihre Haltbarkeit geprüft hatte, fesselte er Tari derartig, daß er sich auf keinen Fall selbst befreien konnte. Ebenso verfertigte er aus der Hose des Gefangenen einen Knebel. Nicht genug damit, lehnte er den Indianer, der immer noch bewußtlos war, gegen den Baum, schnitt einige der herabhängenden Lianen ab und band Tari
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