Rolf Torring 059 - Vergeltung
verfolgen. Abgerissene Zweige, Blätter und Abdrücke der Pferdehufe in dem feuchten Gras zwischen den Büschen wiesen uns den Weg.
Wir hatten jetzt alle Hoffnung, ihn baldigst einzuholen, denn Dwina würde nicht vermuten, daß wir durch unseren Pongo gerettet waren. Er hatte uns ja in einer ganz hoffnungslosen Lage zurückgelassen.
Hätte er beobachtet, daß Pongo uns gerettet hatte, dann wäre er wohl ohne Aufenthalt die Nacht durch weitergeritten und hätte nicht diese Pause im Busch eingelegt, die ihm leicht verhängnisvoll werden konnte.
Oder aber — bei diesem Gedanken bekam ich einen kleinen Schreck — er hatte uns vielleicht in der Nacht belauscht, hatte vielleicht Mordabsichten gehabt, sich aber nur nicht an uns herangetraut.
Dann mußten wir jetzt äußerst vorsichtig sein, denn er würde nichts unversucht lassen, uns neue Hindernisse in den Weg zu legen, wenn es ihm möglich war.
Leider mußten wir jetzt im Busch hintereinander reiten, sonst hätte ich Rolf meine Befürchtungen gern mitgeteilt. Ich ritt als letzter, denn in meinen Gedanken hatte ich den Lauf meines Pferdes unwillkürlich etwas verhalten.
So waren meine Gefährten meinen Blicken entschwunden, aber ich sah ja ihre deutliche Spur, auch folgte mein Gaul seinen Stallgefährten von allein. So beschloß ich zu warten, bis wir wieder die Steppe erreicht hatten, um dann Rolf meine Befürchtungen mitzuteilen.
Jetzt verhielt ich mein Pferd vollständig. Eine sehr interessante Entdeckung ließ mich den eigentlichen Zweck unseres Rittes völlig vergessen. Ich befand mich gerade am Rand einer kleinen Lichtung. Rolf und Pongo waren bereits auf der anderen Seite verschwunden.
Da trollte von rechts her aus einem Busch eines der eigenartigsten Tiere, die Australien besitzt, hervor. Es war ein ungefähr vierzig Zentimeter großer Ameisenigel.
Auf der ganzen übrigen Welt sind Stacheligel wohl komische Burschen, aber weiter nicht auffällig. Doch die australischen und tasmanischen Stacheligel gehören zur Klasse der Schnabeltiere, denen man lange die Zugehörigkeit zu den Säugetieren absprach. Denn sie besitzen anstatt des Mauls einen trockenen Schnabel, der an den eines Schwimmvogels erinnert. Und ebenso wie die Vögel legen sie auch Eier. Aber die Jungen säugen sie.
Man sieht diese sonderbaren Tiere am Tage sehr selten, da sie meist erst kurz vor Dunkelheit umherstreifen. Interessiert betrachtete ich den kleinen sonderbaren Burschen.
Da schnaubte mein Pferd. Blitzschnell grub sich der Igel in die Erde ein. Es war ganz erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit er verschwand, ohne daß ich dann viel von aufgewühlter Erde sah.
Das Betrachten des interessanten Tieres hatte mich einige Minuten aufgehalten. Jetzt wollte ich meinem Gaul die Sporen geben, um die verlorene Zeit einzuholen.
Da hörte ich, vielleicht vierzig Meter voraus, einen scharfen Ruf:
„Hände hoch!"
Sollten meine Befürchtungen schon eingetroffen sein? Waren Rolf und Pongo bereits in irgendeinen Hinterhalt geraten, den der schlaue Dwina gelegt hatte?
Mein erster Gedanke war, vorzupreschen und den Gefährten Beistand zu leisten. Aber schnell überlegte ich mir, daß ich dann auch in die Falle geraten würde.
Im Augenblick war die Lage noch nicht gefährlich, denn der Befehl „Hände hoch!" ließ ja zunächst noch Zeit zu Unterhandlungen. Und schon hörte ich Rolfs Stimme in scharfem Ton:
„Was wollen Sie von uns? Wie kommen Sie dazu uns zu bedrohen?"
„Oho, immer langsam!" ließ sich eine andere rauhe Stimme vernehmen. „Ihr seid uns als ganz gefährliche Buschräuber gemeldet worden. Also immer ruhig und keine verdächtige Bewegung, sonst knallt es. Wir verstehen solchem Gelichter gegenüber keinen Spaß!"
„Passen Sie auf, Mann!" rief Rolf wieder energisch, „ich habe Ausweise von der Polizei in Melbourne und Adelaide bei mir. Daraus können Sie sich sofort überzeugen, wer wir sind. Wir verfolgen einen Schwarzen, der als Mörder gesucht wird. Anscheinend hat er uns bei Ihnen angeschwärzt."
„Das allerdings," entgegnete der Mann etwas unsicher. Dann aber, wie in neuerwachter Wut, brüllte er plötzlich: „Ach was, ihr wollt uns nur irreführen! Das gibt es aber nicht, wir lassen uns nicht täuschen.
Thomson, wir wollen sie einfach niederknallen. Was haben sie hier an diesem Fluß zu suchen? Meinst du nicht auch, daß sie uns
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