Rolf Torring 084 - Der Geisterzug
können Sie die Ihnen richtig erscheinenden Maßnahmen treffen. Es ist also gar nicht so gefährlich, wie es scheint. Da kommt mir übrigens ein guter Einfall. Er wird Ihnen sehr absurd erscheinen. Könnten Sie nicht heute abend eine kleine Gesellschaft geben? Der Spion wird dann mit Sicherheit annehmen, daß die Einladungen uns zu Ehren hinausgingen. Da wir bei einem solchen Fest unmöglich fehlen dürften, wird er annehmen, daß wir uns im Palaste aufhalten."
„Famos!" rief der Resident. „Das läßt sich schnell arrangieren. Ein paar meiner Beamten wird sicher Zeit haben und gern kommen. Einige ihrer Damen finden sich trotz der Kürze der Zeit bis zur Einladung wohl auch noch bereit mitzukommen. Ein paar Kaufleute kenne ich gut, die sich keine Möglichkeit entgehen lassen, mit Behördenvertretern im Salon zusammenzusein. Was gebe ich denn als Grund für die Einladung an?"
„Ein Familienfest?" schlug Rolf vor.
„Gut! Heute vor sechzehn Jahren kam ich nach Indien. Daß ich daran nicht gleich gedacht habe! Ich werde sofort durch ein paar Ordonnanzen die Einladungen hinausschicken. Einige kann ich sogar telefonisch erledigen. Und ein paar von den Beamten, die kommen sollen, sind sogar im Haus."
„Geben Sie den vorgeschobenen Grund aber nicht in der Einladung an!" sagte Rolf. „Wenn die Bande, mit der wir es zu tun haben, verzweigter ist, als wir annehmen, könnte eine solche Einladung in ihre Hände kommen. Schreiben Sie: eine Überraschung!"
„Wird besorgt! Ich lasse auch gleich die Gasmasken holen."
Als Barrington das Zimmer verlassen hatte, sagte Rolf zu mir:
„Wir wollen uns waschen und umkleiden. Wenn wir die Masken ausgesucht haben, legen wir uns aufs Ohr. Ich werde den Residenten bitten lassen, daß wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit geweckt werden."
„Laß uns auch das Essen aufs Zimmer bringen, Rolf!" fügte ich hinzu. „Ich verspüre schon jetzt ein bedenkliches Knurren in der Magengegend. Pongo wird es nicht anders gehen."
Nach einer halben Stunde wurde eine Kiste mit Gasmasken der verschiedensten Größe gebracht. Wir suchten uns passende Masken aus. Rolf ließ den Residenten bitten, uns rechtzeitig zu wecken und das Essen aufs Zimmer bringen zu lassen. Dann legten wir uns hin.
Die Strapazen des Marsches hatten uns so angestrengt, daß wir sofort in tiefen Schlaf fielen.
Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang weckte uns ein Diener. Kaum hatten wir uns abgeduscht, kam schon das Essen. Während wir uns die vorzüglich zubereiteten Speisen schmecken ließen, erschien der Resident.
„Die ersten Gäste werden gleich hier sein," meinte er. „Ich nehme an, daß Sie sich ihnen nicht erst zeigen wollen. Vielleicht kommen Sie so zeitig zurück, daß die Gäste noch hier sind. Dann dürfen Sie es mir nicht abschlagen, Sie ihnen vorzustellen. So berühmten Besuch wie die Herren Torring und Warren hat auch ein Resident nicht alle Tage."
„Unsere Rückkehr wird davon abhängen, "was wir in der Schlucht vorfinden," erwiderte Rolf.
„Ich wünsche Ihnen Hals- und Beinbruch, meine Herren" sagte Barrington herzlich. „Sollte Ihnen etwas zustoßen, müssen wir Sie ja suchen lassen. Wollen wir eine bestimmte Zeit vereinbaren, in der Sie zurück sein könnten?"
„Nehmen wir den Morgen des nächsten Tages als letzten Termin," antwortete Rolf. „Wenn es der Fall sein sollte, müssen Ihre Leute auch Gasmasken mitnehmen. Außerdem empfehle ich, die Leute mit Karabinern auszurüsten, die eine große Durchschlagskraft haben. Andere Waffen sind bei den vermummten Reitern wirkungslos."
„Sie denken an Panzerhemden," meinte Sir John. "Sie hätten auf ein Pferd schießen müssen, dann wäre uns der Reiter in die Hände gefallen. Hoffentlich brauchen wir nicht auszurücken, um Sie zu suchen. Kommen Sie recht bald zurück! Haben Sie einen Plan, wie Sie am besten unbemerkt zur Schlucht kommen?"
„Können wir von Ihren indischen Dienern dunkle Gewänder bekommen? Aber nur von solchen, die Sie als unbedingt zuverlässig betrachten!"
Sir John musterte unsere Größe und sagte:
„Ich werde gar keinen Inder einweihen, sondern Ihnen anderswoher einigermaßen passende Gewänder besorgen. Connor wird es gut machen. Er kann den Leuten erzählen, daß er ein besonderes Abzeichen, ein Zeichen, das sie als meine Diener kennzeichnet, ersinnen will, Ich werde ihm sagen, daß er sich möglichst beeilen
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