Rolf Torring 110 - Der Herr von Pomaran
wollten sie sich mit uns ein bißchen unterhalten.
Die Gesichtszüge des Matrosen, den ich als besonders höflich bezeichnet hatte, machten einen eigenartigen Eindruck, sie waren alles andere als grob, eher feingeschnitten. Ich hätte sofort mit jedem ein Vermögen gewettet, daß der Mann nicht immer Matrose gewesen war, aber ich hätte wohl keinen Wettpartner gefunden.
Rolf bestellte eine Runde für unseren Tisch. Der Matrose bedankte sich außerordentlich höflich, als er auf Rolfs Zuprosten sein Glas erhob.
„Haben Sie Heuer, oder sind Sie frei?" fragte Rolf ziemlich unvermittelt. »Ich suche für unsere Jacht zwei Matrosen."
„Wir sind frei, mein Herr!" antwortete der Matrose, der mir gleich aufgefallen war, sofort. „Unser Schiff ist vor drei Tagen in Küstennähe untergegangen."
„Hat hier ein Sturm getobt?" fragte ich verwundert. „Wir haben nichts davon bemerkt. Oder ist Ihr Kahn auf ein Riff aufgelaufen?"
„Das Unglück ist noch recht undurchsichtig," gestand der Matrose. „Wir konnten uns gerade noch retten, ehe wir absoffen. Zum Glück konnten alle Mann der Besatzung gerettet werden, und Passagiere hatten wir nicht an Bord."
„Ich glaube doch, daß wir auf eine Klippe aufgefahren sind," meinte der zweite Matrose. „Unser Käp'tn war aber auch zu ängstlich! Warum mußte er denn so nahe an der Küste entlang schleichen?!"
„Was hatte Ihrem Kapitän denn solche Angst eingejagt?" wollte Rolf wissen, der aufgehorcht hatte, als der zweite Matrose den ersten Satz in unser Gespräch einflocht.
„Wir hatten vorher einen Schraubendefekt und suchten uns eine kleine, unbewohnte, sehr geschützt liegende Insel aus, an der wir landeten, um den Defekt zu beheben. Dort sahen wir — ach, lassen wir das lieber!"
Der Antwortgeber machte eine wegwerfende Geste.
„Haben Sie etwa den Tod in Person auf der Insel gesehen?" forschte Rolf mit listig zwinkernden Augen weiter.
Beide Matrosen fuhren erstaunt zusammen.
„Woher wissen Sie denn das?" fragte der mit dem feingeschnittenen Gesicht sofort.
„Kannten Sie die Erzählungen nicht, die über die Insel im Gange sind?" fragte Rolf weiter, statt die an uns gestellte Frage zu beantworten.
„Nein, meine Herren, sonst wären wir bestimmt nicht dort gelandet. Haben Sie dort auch schon den Tod gesehen?"
„Das nicht, aber ich schlage vor, daß wir uns auf der Jacht über die Dinge weiter unterhalten. Sie liegt im Hafen, ich heuere Sie beide an, wenn Sie Lust haben."
Die beiden freuten sich, so schnell wieder eine Heuer gefunden zu haben, und fragten nicht erst lange, wohin die Reise gehen sollte. Rolf bestellte rasch noch eine zweite Runde, die ein Chinesenboy sofort servierte, und neigte sich zu den beiden Matrosen hin, als er sagte:
„Wir wollen nur noch zwei Stunden im Hafen bleiben. Gehen Sie rasch und holen Sie Ihre Sachen! Ich gebe Ihnen eine Bescheinigung an unsern Kapitän — Hoffmann heißt er — mit, daß ich Sie angeheuert habe. Der Kapitän wird noch nicht an Bord sein. Das tut aber nichts, melden Sie sich ruhig auf der Jacht beim Steuermann. Wie lange dauert es, bis Sie Ihr Gepäck geholt haben?"
„Wir haben kein Gepäck zu holen," klagte mit halbem Lächeln der mit dem feinen Gesicht. „Unser ganzes Eigentum ist mit dem Kahn untergegangen. Wir besitzen nur das, was wir auf dem Leibe tragen. Vom hiesigen Seeamt erhielten wir einen Notgroschen und wollten gerade zusehen, wieder ein Schiff zu finden. Deshalb sind wir Ihnen sehr dankbar, daß Sie uns sofort angeheuert haben."
Rolf händigte beiden sofort einen Vorschuss aus, damit, sie sich ein paar dringend benötigte Sachen kaufen könnten.
„Vor allem braucht jeder zwei Anzüge!" betonte Rolf. „Und richten Sie es so ein, daß Sie in zwei Stunden spätestens auf der Jacht sind!"
Rolf beschrieb den Matrosen noch das Aussehen unserer Jacht, damit sie sie nicht verfehlen konnten, nannte aber unsere Namen nicht. Die beiden verabschiedeten sich. Als sie gegangen waren, lachte Rolf mich an: —
„Das nenne ich Glück, Hans, gerade zwei Männer hier zu finden, die auf der geheimnisvollen Insel, auf der der Tod spazieren geht, schon einmal waren. Vielleicht können sie uns auf der Jacht noch manches erzählen, was für uns von Wichtigkeit ist."
„Was meinst du zu dem kleineren der beiden Matrosen?" fragte ich Rolf. „Er macht einen sehr
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