Rolf Torring 110 - Der Herr von Pomaran
gebildeten Eindruck."
„Das ist mir auch gleich aufgefallen, Hans, und ich ..." begann Rolf, konnte aber den Satz nicht vollenden.
Eine Hand legte sich auf seine Schulter, und eine uns sehr gut bekannte Stimme sagte:
„Das nenne ich Glück, meine Herren, Sie hier zu treffen! Ich habe mich also doch nicht geirrt, als ich Sie vor einer halben Stunde über den Platz gehen sah. Ich wußte nur zunächst nicht, wo Sie geblieben waren."
Wir hatten uns erstaunt umgesehen und blickten unserm alten Bekannten Balling ins Gesicht. (Siehe Band 97: „Gefährliche Feinde".) Wir hatten ihn in Chirang kennen gelernt und mehrere Abenteuer mit ihm gemeinsam erlebt. Er war ein Kunstschütze, wie man selten einem begegnet. Kräftig schüttelte er uns die Hände und fragte erfreut, ob wir einige Zeit in Samarinda zu bleiben gedächten oder bald weiter fahren wollten.
„Wenn Sie Lust und Zeit haben, können Sie mit fahren!" antwortete Rolf sofort „Wir stehen gerade am Beginn eines neuen Erlebnisses."
„Natürlich komme ich mit! Ich habe Sie schon überall wie eine Stecknadel gesucht. Erinnern Sie sich noch an die Piratenjagd? (Siehe Bände 98 und 99.) Wohin soll es jetzt gehen?"
„Kommen Sie zu unserer Jacht, die im Hafen liegt! Dort verraten wir Ihnen alles. Wann dürfen wir Sie erwarten?"
„In einer halben Stunde bin ich reisefertig. Abgemacht! Wiedersehen auf Ihrer Jacht!"
Eilig verließ uns Balling. Rolf schaute ihm lächelnd nach und meinte:
„Er ist ein guter Verbündeter, Hans! Seine Schießkunst kann uns vielleicht von Nutzen sein."
Balling war ein untersetzter, rundlicher Herr, der im ersten Augenblick den Eindruck eines Reisenden in Wein und Spirituosen machte. Wir hätten, als wir ihn seinerzeit kennen lernten, nie für möglich gehalten, daß er eiserne Nerven besaß. Ständig spielte ein verlegenes Lächeln um seinen Mund. Er war ein unerschrockener Begleiter, der nie verzagte und dem nichts zuviel wurde. Dazu besaß er außerdem Humor.
Wir zahlten die Zeche und wollten gehen. Da fiel mir ein Eingeborener auf, der anscheinend uninteressiert an einem Nebentische gesessen hatte. Als wir das Lokal verlassen wollten, erhob er sich ebenfalls von seinem Platz und richtete es so ein, daß er Rolf anrempelte und die Ungezogenheit sofort meinem Freunde zuschob. Wütend begehrte er auf und forderte, daß Rolf sich entschuldigen sollte. Als wir, ohne ihn weiter zu beachten, das Lokal verlassen wollten, stellte er sich uns in den Weg und zog das Messer.
Das konnten wir uns nicht bieten lassen. Rolf griff sofort zu und nach Anwendung eines japanischen Selbstverteidigungsgriffes lag der Eingeborene flach auf dem Erdboden der Hafenkneipe.
Die übrigen Gäste des Lokals waren aufgesprungen und herzugeeilt. Sofort bildeten sich zwei Parteien, die kleinere gab uns recht, die Mehrzahl stellte sich auf Seiten des Eingeborenen. Wir wären in eine garstige Situation gekommen, wenn nicht zufällig Balling noch einmal zurückgekommen wäre.
„Was ist denn hier los?" rief er mit lauter Stimme in das Lokal hinein.
Die ungefähr zwanzig Menschen, die unsere Gegenpartei bildeten, sahen sich nach dem Sprecher um. Als sie in das gutmütig lächelnde Gesicht Ballings blickten, zuckten sie die Schultern und wandten sich uns wieder zu.
Der Eingeborene hatte sich erhoben und sein Messer ergriffen. Als er es von neuem gegen Rolf zückte, blitzten zwei Pistolenmündungen auf, die wir ihm entgegenhielten. Aber auch Balling hatte seine Pistole gezogen und rief:
„Hört mal zu, Leute, wenn sich noch einer rührt, schieße ich. Leg sofort das Messer beiseite, mein Junge, sonst knallt es. Ich zähle bis drei. Eins — zwei — drei!"
Der Eingeborene war Ballings Aufforderung, das Messer fortzulegen, nicht nachgekommen. Der kleine Balling hatte kaum bis drei gezählt, da warf er die Pistole in die Luft, daß sie mehrere Saltos schlug. In der Teilsekunde, als er sie wieder auffing, hatte er abgedrückt. Der Schuß krachte — das Messer, das der Eingeborene noch in der Hand hatte, wurde so genau getroffen, daß der Holzgriff zersplitterte, die Stichwaffe dem Kerl aus der Hand fiel, er selber aber nicht verletzt wurde.
Verblüfft schauten die Gäste einander an. Das Kunststück mit der Pistole, das Balling bei jedem Schuß zu machen gewohnt war, verfehlte sein Wirkung auch hier nicht.
Wir wollten die Sekunden der
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