Rolf Torring 118 - Der gefährliche Hummer
Sie sich aber beeilen," war die unbedacht rasche Antwort des Angesprochenen. „Sie haben nicht mehr lange Zeit. Kann ich Ihnen einen letzten Wunsch erfüllen?"
„Sachte, sachte!" mahnte Rolf.
„Sie werden sich jetzt an den Tisch hier setzen," sagte Falker sehr sachlich. „Ihre Arme werde ich entblößen. Das Hemd kann man durchstreifen. Dann wird der Hummer seine Arbeit tun."
Der Hausmeister pfiff durch die Zähne, da erschienen zwei muskelstarke koreanische Fischer, die uns unsanft packten und an den Tisch trugen. Falker schob drei Schemel zurecht, auf die wir niedergedrückt wurden. Pongo war noch immer ohnmächtig, er schien besonders hart auf die Felsen aufgeschlagen zu sein. So konnte er weder für seine noch für unsere Befreiung etwas tun.
Wir wurden so an den Tisch gesetzt, daß unsere Unterarme, gefesselt natürlich, auf der Tischplatte lagen. Um die Handgelenke schlangen uns die Fischer außerdem noch Stricke, die sie über den Tisch hinweg zogen und auf der anderen Seite unter der Platte befestigten. Mit den Ausläufern des Strickes wurden unsere Beine mit dem Tisch verbunden. Ein Entkommen war unmöglich.
Pongos Kopf war auf die Tischplatte gefallen, als die Männer die neuen Fesseln legten. Wir saßen in einem Abstand von je einem Meter an einer Seite des Tisches.
„Ich hole jetzt den Hummer," sagte Falker zu den Fischern, zu uns gewandt fuhr er fort: „Seine Scheren habe ich für Sie frisch präpariert."
Falker ging. Als er zurückkam, zogen sich die beiden Fischer dienernd zurück. Der Hausmeister hatte einen Korb mitgebracht, in dem der Hummer verborgen war. Falker schob den Deckel beiseite, damit das Tier, ein Prachtexemplar übrigens, auf die Tischplatte kriechen konnte. Das Tier blieb zunächst reglos liegen. Falker betrachtete ihn eine Weile, dann sagte er zu uns:
„Ich darf mich jetzt von Ihnen verabschieden. Gute Reise! Ich möchte nicht zugegen sein, wenn der Hummer Sie mit seinen Scheren kneift. Ich schaue später wieder nach Ihnen."
Der Hausmeister ging und schloß die Tür hinter sich ab.
Wir waren allein und beobachteten mit starren Blicken den Hummer. Er bewegte sich noch nicht vom Fleck, probierte aber schon vorsichtig seine Beine Ich war mir noch nicht im klaren, ob ich ein lebendes Exemplar oder einen täuschend gearbeiteten künstlichen Hummer vor mir hatte.
Mehrmals versuchte ich, meine Fesseln zu sprengen. Es war unmöglich, sie saßen zu fest.
Plötzlich hob Pongo mit einem Ruck den Kopf und lachte uns an:
„Pongo sich nur verstellt haben, Massers, um auf Gelegenheit zu passen, sich zu befreien. Pongo jetzt rasch arbeiten müssen."
Er riß an den Fesseln. Als sie nicht lockerer wurden, blickte er uns etwas verblüfft an.
„Wir müssen versuchen, den Tisch umzukippen," schlug Rolf vor, „dann fällt der Hummer auf den Boden. Da kann er uns nicht viel anhaben. Wir wollen uns auf Kommando alle gegen den Tisch werfen."
Unsere drei Versuche, die wir nacheinander unternahmen, hatten keinen Erfolg. Der Tisch war wohl fest in den Boden eingelassen oder auf eine andere Art verankert.
Jetzt begann der Hummer vorwärts zukriechen, auf Rolfs Arm zu. Mein Freund saß ihm am nächsten.
Mir erstarrte fast das Blut, als das Tier dicht neben Rolfs Arm liegenblieb. Rolf schaute mich ganz traurig an. Pongo wurde daraufhin von einer unsagbaren Wut gepackt, noch einmal versuchte er, den Tisch umzuwerfen, aber der Tisch stand fest wie eine Eiche und rührte sich nicht von der Stelle.
Krach — bum! Ein schwerer Schlag gegen die Tür! Was war das? Nahte uns ein Retter? Gespannt blickte ich zur Tür, die immer mehr zersplitterte. Da flog ein großes Stück der Türfüllung heraus, es fiel dicht neben mir zu Boden. Gleich darauf schlängelte sich ein koreanischer Fischer durch die entstandene Öffnung und eilte auf den Tisch zu, an dem wir saßen. Mit einem Stabe schleuderte er den Hummer fort, daß er in weitem Bogen zur Erde fiel.
Ein zweiter Fischer war durch die Öffnung der Tür gestiegen. Beide Männer schauten uns entgeistert an. Endlich sagte der eine in englischer Sprache, die er leidlich beherrschte:
„Wir sind gekommen, die Herren zu retten. Die Herren dürfen uns aber nicht verraten, daß wir Hausmeister Falker helfen mußten. Er hat uns dazu gezwungen. Der Hausmeister ist ein sehr schlechter Mensch. Der Mann, der gestern im Bassin vom
Weitere Kostenlose Bücher