Rolf Torring 118 - Der gefährliche Hummer
Hummer gezwickt wurde, war mein Bruder. Ich danke den Herren, daß sie sich um ihn bemüht haben. Zum Danke sind wir gekommen, die Herren von den Fesseln zu befreien. Wir bitten die Herren, uns zu versprechen, daß wir dann mit unserem Boot fortfahren können; unter der Bedingung schneiden wir die Herren sofort los."
Da Falker die beiden Fischer zu Handreichungen gezwungen hatte, konnten wir sie bedenkenlos freilassen. Rolf gab ihnen deshalb auch in Pongos und meinem Namen die Zusage, daß sie frei abziehen dürften. Daraufhin banden sie uns rasch los.
Rolf fragte die Fischer nach diesem und jenem gründlich aus. So erfuhren wir, daß der Hausmeister seinen Hummer immer dann ins Wasser setzte, wenn ein besonders reicher Kurgast in dem Bassin badete. Da das Wasser durch die Bewegung der Schwimmenden und Planschenden meist nicht vollständig bis zum Boden durchsichtig war, wurde das Tier, das nur selten „zum Zuge" gekommen war, nicht bemerkt.
Nach und nach hatte der Hausmeister die beiden Brüder und ihren Freund, die meist gemeinsam fischten, zu Helfern und Mitwissern gezwungen.
Pongo hatte, sobald er von den Fesseln frei war, den Hummer aus der Ecke, in die er gefallen war, geholt und vorsichtig auf den Tisch gesetzt. Weit öffnete das Tier seine großen Scheren, die einen bedrohlichen Eindruck machten. Der Hummer — übrigens ein lebendes Exemplar, dessen Scheren Falker mit Gift präpariert hatte — war unser stärkster Beweis gegen Falker. Wir setzten ihn deshalb wieder in den Korb hinein und banden ihn fest zu, damit er nicht entwischen konnte.
Dann ließen wir uns von den Fischern aus der Baracke hinausführen, die in einer riesigen Höhle erbaut war.
Draußen war es immer noch Nacht. Lange konnten wir also nicht bewusstlos gelegen haben. Fern am Himmel zeigte sich ein heller Streifen, der Vorbote des kommenden Tages.
Wir mußten uns beeilen, wenn wir, solange es finster war, wieder ins Kurhaus auf unsere Zimmer kommen wollten.
Die Fischer verabschiedeten sich rasch, sie wollten sofort mit ihrem Boot abfahren.
Pongo trug den Korb mit dem Hummer, als wir vorsichtig durch die Felsenwirrnis und später durch den weiten Garten schlichen. Unangefochten erreichten wir unsere Zimmer, wo wir uns sofort umkleideten. Den Korb versteckten wir so, daß er nicht leicht gefunden werden konnte.
Wir hatten die Absicht, den Hausmeister zu überraschen. Mit Recht vermuteten wir auf seine eigenen Worte hin und in Anbetracht der Tatsache, daß er sich tagsüber nicht weit und lange vom Kurhaus entfernen konnte, daß er erst am Abend wieder nach uns sehen wollte. Fürs erste brauchten wir also nicht zu befürchten, daß er unser Entkommen bemerken würde.
Bis zum gemeinsamen Frühstück warteten wir auf unseren Zimmern. Dann gingen Rolf und ich in den Speisesaal. Der Hausmeister hatte während des Frühstücks die Kellner und Serviererinnen zu beaufsichtigen. Als wir den Saal betraten, drehte er uns gerade den Rücken zu. So konnten wir uns setzen, ohne daß er uns bemerkte.
Auch als er sich wieder dem Saal zuwandte, erblickte er uns nicht sofort, sondern blieb ruhig an seinem Platze stehen. Dann — fiel sein Blick auf uns. Seine Augen wurden starr. Seine Arme lagen kraftlos am Körper. Er schien einen solchen Schrecken bekommen zu haben, daß er sich nicht bewegen konnte.
Nach einer ganzen Weile erst riß er sich gewaltsam zusammen und kam mit einer bodenlosen Frechheit ruhig auf uns zu, um uns zu fragen, ob wir besondere Wünsche hätten.
Rolf verneinte und begann ein Gespräch mit der neben ihm sitzenden Amerikanerin.
Falker ging langsamen Schrittes an seinen Platz zurück. Ich bewunderte seine Ruhe. Was mochte jetzt im Innern des Mannes vorgehen?
Plötzlich bat Rolf eine junge Serviererin, dem Hausmeister auszurichten, daß er ihn zu sprechen wünsche. Das junge Mädchen erfüllte den Auftrag sofort.
Als Falker neben meinem Freunde stand, sagte dieser ruhig:
»Lassen Sie mir doch bitte etwas Hummer bringen, Herr Falker, Sie wissen ja, daß ich dafür immer eine besondere Vorliebe habe."
Auch jetzt verlor der Hausmeister die Ruhe nicht. Er gab die Anweisung einem Kellner weiter, und bald darauf servierte dieser das Gewünschte, das Rolf mit gutem Appetit verzehrte.
Doktor Stapley hatte nicht am gemeinsamen Frühstück teilgenommen. Zuerst wunderten wir uns darüber, dann fiel uns ein,
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