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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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blinzelte.
    Auf den Boden war ein Kreis gemalt. Jenseits davon standen unheimli-
    che Gestalten, die sich jedoch als ganz gewöhnliche Studenten entpupp-
    ten, als sie ihre Perspektive den neuen Umständen anpaßte.
    »Wer seid ihr?« fragte sie. »Wo bin ich hier? Laß mich sofort gehen!«
    Sie schritt durch den Kreis – und stieß gegen eine unsichtbare Barriere.
    Die Studenten starrten sie groß an. Sie hatten gerüchteweise von der
    Existenz einer weiblichen Subspezies der Gattung Mensch gehört, je-
    doch nie damit gerechnet, einem Exemplar so nahe zu kommen.
    »Gebt mich frei!« Susanne richtete den Blick auf Ridcully. »Bist du
    nicht der Zauberer von gestern abend?«
    »Ja«, bestätigte der Erzkanzler. »Und dies ist der Ritus von AshkEnte.
    Er ruft den Tod in den Kreis. Er – oder sie, wie in diesem Fall – kann ihn erst wieder verlassen, wenn wir es erlauben. In dem Buch hier stehen
    sehr komplizierte Zauberformeln mit vielen hübsch klingenden Zischlau-
    ten. Ab- und Be schwörungen al er Art, aber eigentlich dienen sie nur da-zu, Eindruck zu schinden. Letztendlich läuft alles auf folgendes hinaus:
    Sobald du im Kreis bist, steckst du fest. Ich muß sagen, dein Vorgänger
    nahm es weitaus gelassener hin.«
    Susanne schnitt eine finstere Miene. Der Kreis beeinflußte irgendwie
    ihre räumliche Wahrnehmung. Die ganze Sache erschien ihr… unfair.
    »Warum habt ihr mich beschworen?« erkundigte sie sich.
    »Schon besser«, sagte Ridcully. »Jetzt verhältst du dich so, wie man es
    von dir erwartet. Es ist uns gestattet, dir Fragen zu stellen. Und du mußt
    sie beantworten. Wahrheitsgemäß.«
    »Nun?«

    »Möchtest du dich setzen? Hast du Durst?«
    »Nein.«
    »Na schön. Die neue Musik… Erzähl uns davon.«
    »Ihr habt Tod beschworen, um ihn nach der neuen Musik zu fragen?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, wen wir beschworen haben«, erwiderte
    Ridcully. »Ist sie wirklich lebendig, die Musik?«
    »Ich… glaube schon.«
    »Hat sie einen festen Wohnsitz?«
    »Zuerst wohnte sie in einem Musikinstrument, doch inzwischen wan-
    dert sie umher. Kann ich jetzt gehen?«
    »Nein. Ist es möglich, sie irgendwie zu töten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sollte sie hier sein?«
    »Wie bitte?«
    »Sollte sie hier sein?« wiederholte Ridcully geduldig. »Ist die neue Mu-
    sik etwas, das ins Muster der aktuellen Ereignisse paßt?«
    Susanne fühlte sich plötzlich wichtig. Zauberer galten als sehr klug*,
    und solche Leute baten sie um Auskunft, erhofften sich Aufschluß von ihr.
    Stolz leuchtete in den Augen des Mädchens.
    »Ich… glaube nicht. Sie kam durch Zufall hierher. Dies ist nicht die
    richtige Welt für sie.«
    Ridcully lächelte selbstgefällig. »Das dachte ich mir. Dies ist nicht rich-
    tig, dachte ich. Musik, die Leuten den Kopf verdreht, kann nicht richtig
    sein. Welche Möglichkeit haben wir, sie zu vertreiben?«
    »Überhaupt keine. Mit Magie läßt sich nichts dagegen ausrichten.«
    »Verstehe. Musik ist dagegen immun. Jede Art von Musik. Aber irgend etwas muß unternommen werden. Zeig ihr die Schachtel, Ponder.«

    * Das Wort »Klugscheißer« hatte zunächst eine ganz andere Bedeutung. Es galt als Synonym für »Zauberer« und bezog sich auf Personen, die »Weisheit mit
    Löffeln« gegessen hatten und anschließend Klugheit ausschieden.

    »Äh… ja. Hier.«
    Er hob den Deckel. Musik kroch durchs Zimmer. Sie klang ein wenig
    blechern, blieb aber erkennbar.
    »Klingt wie eine Spinne, die in einer Streichholzschachtel gefangen ist,
    nicht wahr?« fragte Ridcul y.
    »Mit einem Draht in einer Schachtel kann man keine Musik festhalten«,
    meinte Susanne. »Das ist gegen die Natur.«
    Ponder seufzte erleichtert.
    »Das habe ich ebenfal s gesagt. Aber es funktioniert trotzdem. Weil die
    Musik in dem Draht festgehalten werden möchte .«
    Susanne blickte in die Schachtel.
    Sie lächelte. Allerdings nicht auf humorvolle Weise.
    »Diese Melodien bringen die Leute durcheinander«, sagte Ridcully.
    »Und… sieh dir das an.« Er holte ein Papier unter seinem Mantel hervor
    und entrollte es. »Ich habe jemanden bei dem Versuch ertappt, das an
    unser Tor zu kleistern. Meine Güte! Nun, ich habe dem Burschen das
    Plakat abgenommen und ihm den guten Rat gegeben, die Beine in die
    Hand zu nehmen.« Der Erzkanzler blickte auf seine Fingerspitzen. »Die-
    sen Rat hat er tatsächlich beherzigt. Wie dem auch sei: Das Plakat kün-
    digt ein Konzert der Musik Mit Steinen Drin an. Vermutlich endet al es
    damit,

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