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Rollende Steine

Rollende Steine

Titel: Rollende Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Selbstmord
    begehen? Was wäre das? Mortizid?«
    Ridcully tätschelte Susannes Kopf, was die junge Dame mit großer
    Überraschung zur Kenntnis nahm.
    »Zweifel os können wir al e ruhiger schlafen, wenn wir wissen, daß du
    dich um den ganzen Kram kümmerst«, sagte er.

    »Es ist alles so chaotisch ! Gute Leute, die früh sterben. Bösewichter, die ein hohes Alter erreichen… Es ist alles so… schlecht organisiert. Nichts ergibt einen Sinn. Und es gibt keine Gerechtigkeit. Ich meine, zum Beispiel der Junge…«
    »Welcher Junge?«
    Susanne stellte verblüfft und erschrocken fest, daß sie errötete. »Nur
    ein Junge«, sagte sie. »Eigentlich hätte er unter ziemlich absurden Um-
    ständen sterben sol en, und ich wol te ihn davor bewahren, doch die
    Musik kam mir zuvor und rettete ihn, und nun bringt sie ihn in große
    Schwierigkeiten, und ich muß ihn trotzdem retten, und ich weiß nicht, warum .«
    »Musik?« wiederholte Ridcul y. »Spielt er eine Art Gitarre?«
    »Ja! Woher weiß du das?«
    Der Erzkanzler seufzte. »Als Zauberer hat man einen Instinkt für sol-
    che Dinge.« Er untersuchte den Börger noch etwas genauer. »Und ein
    Salatblatt, aus welchen Gründen auch immer. Und eine sehr dünne
    Scheibe von einer eingelegten Gurke.«
    Er ließ die obere Hälfte des Brötchens wieder auf den Rest herabsin-
    ken.
    »Die Musik ist lebendig«, betonte er.
    Seit zehn Minuten klopfte etwas an die Tür von Susannes Aufmerk-
    samkeit. Jetzt trat es mit den Stiefeln zu.
    »O mein Gott«, hauchte sie.
    »Welchen meinst du?« fragte Ridcully.
    »Es ist so einfach ! Das Etwas läßt sich einfangen! Es verändert Leute! Es weckt in ihnen das Verlangen nach Mu… Ich muß gehen«, sagte Susanne
    hastig. »Danke für den Haferbrei.«
    »Du hast ihn nicht einmal probiert«, entgegnete Ridcul y.
    »Nein, aber… ich habe ihn mit großem Interesse betrachtet.«
    Susanne verschwand. Nach einer Weile beugte sich Ridcul y vor und
    tastete nach der Stelle, wo sie eben noch gesessen hatte. Seine Finger
    berührten nur leere Luft.

    Er griff in seinen Mantel und holte das Poster hervor. Große Biester
    mit Tentakeln – das war das Problem. Wenn sich genug Magie an einem
    Ort sammelte, riß das Gefüge des Universums auf wie die Socken des
    Dekans an den Fersen. Er hatte in den letzten Tagen recht bunte Socken
    getragen…
    Der Erzkanzler winkte den Dienstmädchen zu.
    »Danke, Molly, Dolly und Polly«, sagte er. »Ihr könnt jetzt abräumen.«
    »Jäa, jäa.«
    »Ja, ja, danke.«
    Ridcully fühlte sich sehr allein. Das Gespräch mit Susanne hatte ihm
    gefallen. Sie schien weit und breit die einzige Person zu sein, die weder
    verrückt noch mit Dingen beschäftigt war, die der Erzkanzler nicht
    verstand.
    Auf dem Weg zu seinem Arbeitszimmer hörte er ein seltsames Häm-
    mern aus dem Quartier des Dekans. Die Tür stand einen Spalt offen.
    Die Zauberer an der Spitze der Universitätshierarchie hatten großzügig
    bemessene Unterkünfte, die aus Arbeitszimmer, Werkstatt und Schlaf-
    raum bestanden. Der Dekan hielt sich in der Werkstatt auf. Mit einer
    Rauchglasmaske vor dem Gesicht und einem Hammer in der Hand
    beugte er sich über den Schmelzofen und arbeitete mit solcher Hingabe,
    daß die Funken flogen.
    Ridcully schöpfte Hoffnung. Viel eicht ging die Sache mit der seltsa-
    men neuen Musik nun ihrem Ende entgegen; möglicherweise kündigte
    sich die Rückkehr zu normaler Magie an.
    »Alles in Ordnung?« fragte er.
    Der Dekan klappte das Rauchglasvisier nach oben und nickte.
    »Bin fast fertig, Erzkanzler«, sagte er.
    »Hab dein Hämmern im Flur gehört«, meinte Ridcully im Plauderton.
    »Ah«, erwiderte der Dekan und nickte. »Ich arbeite gerade an den Ta-
    schen.«
    Falten der Verwirrung bildeten sich auf Ridcullys Stirn. Einige der
    komplexeren Zauberformeln erforderten Hitze und Hammerschläge,
    damit sie richtig funktionierten. Taschen waren neu.

    Der Dekan hob eine Hose hoch.
    Ridcully betrachtete sie skeptisch. Sie sah ein wenig anders aus als die
    normalerweise von Zauberern bevorzugten Hosen, deren Maße meistens
    bei 50/25 lagen: 50 Zoll Bundweite und 25 Zoll Beinlänge. In solchen
    Hosen steckten Leute, die nur mit Hilfe eines Flaschenzugs aufstehen
    konnten.
    Diese Hose war dunkelblau.
    »Du hast auf ihr herumgehämmert?« fragte Ridcully. »Hat Frau Alles-
    weiß wieder zuviel Stärke benutzt?«
    Er sah genauer hin.
    »Ist das Ding etwa zusammengenietet ?«
    Der Dekan strahlte.
    »Solche Hosen sind jetzt der letzte

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