Rom - Band II
Aktien von allen neuen Unternehmungen, spielte in Mühlen, Omnibussen, Wasserleitungen, abgesehen von der im Einverständnisse mit einer katholischen Bank, der Banca di Romano, gefühlten Agiotage. Der Papst war über diese Geschicklichkeit erstaunt. Bisher hatte er ebenfalls durch Vermittlung eines Vertrauensmannes, Namens Sterbini, spekulirt; nun entließ er ihn und beauftragte Monsignore Folchi, sein Geld arbeiten zu lassen, da er das des heiligen Stuhles so gewaltig arbeiten ließ. Dies war die Zeit, wo der Prälat in der größten Gunst stand, der Gipfel seiner Allmacht. Dann begannen die bösen Tage; der Boden krachte bereits, und wie mit Donnerschlägen brach alles zusammen. Unglücklicherweise bestand eine der Unternehmungen Leos XIII. darin, daß er den von der Spielwut gepackten, in Grund- und Baugeschäften verwickelten römischen Fürsten, denen es nun an Geld mangelte, große Summen borgte. Diese gaben ihm zur Bürgschaft Aktien, so daß der Papst, als der Zusammenbruch kam, nichts als Fetzen Papier in Händen hatte. Andererseits gab es noch eine sehr häßliche Geschichte: man hatte den Versuch gemacht, in Paris ein Bankhaus zu gründen, um Obligationen, die in Italien nicht anzubringen waren, in der frommen, aristokratischen Kundschaft Frankreichs abzustoßen; um sie zu ködern, sagte man, daß der Papst dabei sei, und das Schlimmste war in der That, daß er bei diesem Geschäft drei Millionen verlor. Kurz, die Lage wurde um so kritischer, als er zuletzt nach und nach die ihm zur Verfügung stehenden Millionen in die schreckliche Agiopartie gesteckt hatte, die in Rom unter den Fenstern seines Vatikans gespielt wurde. Sicherlich hatten ihn die großen Gewinnste verlockt, vielleicht aber auch die Hoffnung, daß er diese ihm durch Gewalt entrissene Stadt durch Geld zurückerobern könne. Die Verantwortlichkeit lag auf ihm allein, denn Monsignore Folchi wagte ein wichtiges Geschäft niemals, ohne ihn zu Rate zu ziehen. So war er durch seine Gewinngier, durch den sittlich höher stehenden Wunsch, der Kirche die moderne Allmacht des Großkapitals zu verleihen, der wirkliche Urheber des Unglücks. Aber so wie es einmal geht, wurde der Prälat das einzige Opfer. Er befaß ein gebieterisches und wenig umgängliches Wesen; die Kardinäle in der Kommission liebten ihn nicht, fanden die Sitzungen vollkommen überflüssig, da er als unumschränkter Herr handelte und man sich nur versammelte, um das, was er von seinen Unternehmungen bekannt zu geben geruhte, zu billigen. Als die Katastrophe losbrach, wurde eine Verschwörung angezettelt; die Kardinäle erschreckten den Papst durch die bösen Gerüchte, die im Umlaufe waren, und zwangen dann Monsignore Folchi, der Kommission Rechnung zu legen. Es stand sehr schlimm; ungeheure Verluste ließen sich nicht mehr vermeiden. So fiel er denn in Ungnade und hat seither Leo XIII. vergeblich um eine Audienz angefleht; dieser hat sich stets hart geweigert, ihn zu empfangen, als wolle er ihn für ihren gemeinsamen Fehler, für diese Gewinnsucht strafen, die beide verblendet hatte. Aber Monsignore Folchi hat sich nie beklagt, ist sehr fromm, sehr unterwürfig, beugt sich und bewahrt seine Geheimnisse. Niemand vermochte genau die Zahl der Millionen anzugeben, die das Patrimonium Petri in dieser Verwirrung des in ein Spielhaus verwandelten Rom gelassen hat; wenn die einen nur zehn Millionen zugestehen, so gehen andere bis zu dreißig. Man darf annehmen, daß der Verlust etwa fünfzehn Millionen betrug.
Nach den Koteletten mit Tomaten trug der Kellner ein Backhuhn auf.
»o, ich sagte es Ihnen ja bereits,« schloß Narcisse, »das Loch ist mit den beträchtlichen Summen verstopft worden, die der Peterspfennig abwirft, deren Höhe nur der Papst kennt und deren Verwendung er allein regelt ... Uebrigens ist er nicht geheilt; ich weiß aus guter Quelle, daß er noch immer spielt, wenn auch mit größerer Vorsicht. Auch heute ist sein Vertrauensmann ein Prälat, Monsignore Marzolini, glaube ich, der seine Geldgeschäfte besorgt ... Aber er hat ja ganz recht, mein Lieber! Teufel, man muß mit seiner Zeit gehen.«
Pierre hörte mit wachsender Ueberraschung zu, in die sich eine Art Schreck und Traurigkeit mischte. Das alles war ja ganz natürlich, sogar gerechtfertigt, aber in seinem Traum von einem Seelenhirten, der hoch oben, fern und frei von aller weltlichen Sorge thronte, hätte er nie geglaubt, daß so etwas existieren könne. Wie, der Papst, der geistige Vater der Armen und
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