Rom - Band II
die prunkvollen Mausoleen aus der Via Appia, ein Pomp, eine maßlose Hoffart noch im Tode sproßten hier wieder auf. Besonders auf der Höhe, wo der römische Adel sein aristokratisches Viertel hatte, befand sich ein Haufe von wahren Tempeln, von gewaltigen Figuren, von aus mehreren Personen bestehenden Gruppen; sie bewiesen manchmal einen beklagenswerten Geschmack, aber Millionen mußten dafür ausgegeben worden sein. Was sich aber zwischen dem Taxus und den Cypressen reizend ausnahm, das war die bewundernswerte Erhaltung, das unversehrte Weiß der Marmorfiguren. Die brennende Sommersonne vergoldete sie, und kein Moosfleck, keine jener vom Regen geschlagenen Narben waren an ihnen zu sehen, die die Statuen nordischer Länder so traurig machen.
Benedetta, die sich, von dem Unbehagen Darios angesteckt, schweigend verhielt, unterbrach Pierre zuletzt, indem sie zu Celia sagte:
»Die Jagd war also sehr interessant.«
In dem Augenblicke, als der Priester ins Zimmer getreten war, sprach die kleine Prinzessin von einer Fuchsjagd, zu der sie ihre Mutter mitgenommen hatte.
»O, Liebe, es kann gar nichts Interessanteres geben! ... Die Zusammenkunft war auf Mittag bestimmt, da unten beim Grabe der Cäcilia Metella. Dort war unter einem Zelt das Büffet aufgestellt worden. Und diese Menge Leute – die Fremdenkolonie, die jungen Leute von den Gesandtschaften, Offiziere, von uns anderen natürlich ganz abgesehen; alle Männer im roten Frack und sehr viele Frauen im Reitkleid ... Der Aufbruch war für ein Uhr bestimmt worden, und der Ritt hat mehr als zweieinhalb Stunden gedauert, so daß der Fuchs sich erst sehr, sehr weit fangen ließ. Ich konnte nicht mit, aber ich habe doch außerordentliche Dinge gesehen; eine große Mauer, über die die ganze Jagd setzen mußte, dann Gräben, Hecken, eine tolle Jagd hinter den Hunden her ... Es hat zwei Unfälle gegeben, nichts Bedeutendes; ein Herr hat sich die Hand verstaucht und ein anderer das Bein gebrochen.«
Dario hatte mit leidenschaftlicher Aufmerksamkeit zugehört, denn diese Fuchsjagden bildeten das größte Vergnügen der Römer. Welche Freude war die Galoppade durch diese römische, so flache und dennoch mit Hindernissen bestreute Campagna, das Vereiteln der Listen des von den Hunden aufgespürten Fuchses, seine fortwährenden Abschwenkungen, sein zeitweises plötzliches Verschwinden und endlich sein Einfangen, sobald er, von Ermüdung erschöpft, niederfällt. Und es sind Jagden ohne Gewehr, Jagden, bei denen das einzige Vergnügen darin besteht, dem Schweif des Tieres nachzulaufen, ihm zuvorzukommen und es zu besiegen.
»Ach, wie dumm ist es, so an dieses Zimmer angenagelt zu sein,« sagte er verzweifelt. »Ich werde zuletzt noch vor Langeweile sterben.«
Benedetta begnügte sich, zu lächeln, ohne einen Vorwurf oder Betrübnis über diesen naiven Aufschrei der Selbstsucht zu äußern. Und sie war so glücklich, ihn in diesem Zimmer, wo sie ihn pflegte, ganz für sich zu haben! Aber ihre Liebe, die so jung und gleichzeitig so weise war, enthielt auch eine Spur von Mütterlichkeit; sie begriff vollkommen, daß er sich nicht unterhielt, da er, seiner gewohnten Vergnügungen beraubt, von seinen Freunden getrennt war, denen er aus Furcht, daß die Geschichte von der ausgerenkten Schulter ihnen verdächtig erscheinen könne, aus dem Wege ging. Keine Feste, keine Theaterabende, keine Besuche bei Damen mehr! Insbesondere aber fehlte ihm der Corso; es machte ihn geradezu krank, geradezu verzweifelt, nichts mehr sehen noch erfahren zu können, weil er nicht ganz Rom von vier bis fünf Uhr an sich vorüberziehen sah. Wenn daher ein Vertrauter kam, begannen sofort endlose Fragen: ob man dem begegnet, ob jener andere wieder erschienen sei, wie die Liebschaft eines dritten geendet habe, und ob irgend ein neues Abenteuer die Stadt nicht aufrege – lauter nichtige Geschichten, gewöhnlicher Tagesklatsch, kindische, flüchtige Intriguen, in denen er bisher alle seine Manneskraft ausgegeben hatte.
Celia, die ihm gerne unschuldiges Geschwätz zutrug, fuhr nach einer Pause fort, indem sie ihre reinen Augen, ihre grundlosen, rätselhaften Jungfrauenaugen auf ihn richtete:
»Wie lange es dauert, bis solch eine Schulter wieder gut wird!«
Hatte dieses Kind, dessen einzige Sorge die Liebe war, also erraten? Dario blickte befangen Benedetta an, die mit ruhiger Miene bloß lächelte. Aber die kleine Prinzessin sprang bereits auf einen andern Gegenstand über.
»Ach, wissen Sie, Dario, ich
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