Rom - Band II
Sonne, inmitten der großen Stille endlos einen Strahl von Perlen herabfallen ließ. Er betrachtete einen Augenblick die monumentale Fassade des schweren, viereckigen Palastes, das hohe Thor, wo die trikolore Fahne flatterte, die dreizehn Fenster der Fassade, den berühmten Fries, der eine so wunderbare Kunst aufweist. Dann trat er ein. Ein Freund von Narcisse Habert, einer der Attachés der Botschaft beim König von Italien, erwartete ihn, da er sich erboten hatte, ihm den ungeheuren Palast, den schönsten Palast von Rom, zu zeigen, den Frankreich gemietet hat, um seinen Botschafter darin unterzubringen. Ach, dieses gewaltige, prunkvolle und traurige Haus mit seinem großen, feuchtdunklen, von einem Portikus umgebenen Hof, seiner Riesentreppe mit den niedrigen Stufen, seinen endlosen Gängen, seinen übergroßen Galerien und Sälen! Es war der majestätische Pomp des Todes; eine eisige Kälte wehte von den Mauern aus und drang den menschlichen Ameisen, die sich unter die Gewölbe wagten, bis in die Knochen. Der Attaché gestand mit diskretem Lächeln, daß die Botschaft sich darin zum Sterben langweilte; im Sommer wurde sie gebraten, im Winter zu Eis erstarrt. Nur der vom Botschafter bewohnte Teil, das erste auf den Tiber gehende Stockwerk, war etwas lebhafter und lustiger. Dort, von der berühmten Galerie der Carracci aus, sieht man den Janiculus, die Corsinigärten, die Aqua Paola über S. Pietro in Montorio. Dann kommt nach einem riesig großen Salon das Arbeitszimmer, in dem ein stiller, von der Sonne belebter Frieden herrscht. Aber der Speisesaal, das Wohnzimmer, die übrigen vom Personal bewohnten Säle versinken wieder in das düstere Dunkel einer Seitenstraße. Alle diese großen, sieben bis acht Meter hohen Räume besitzen bewundernswerte, gemalte oder gemeißelte Decken, kahle Mauern, von denen einige mit Fresken geschmückt sind, verschiedenartige Möbel, prächtige Pfeilertische, gemischt mit allerlei modernem Kram. Der traurige Anblick verwandelt sich aber in einen abscheulichen, sobald man in die Galaräume, in die großen Ehrenzimmer kommt, die die auf den Platz hinaus gehende Fassade einnehmen. Hier ist kein einziges Möbelstück, keine Tapete mehr zu sehen, nichts als Zerrüttung, verlassene, den Spinnen und Ratten ausgelieferte Prachtsäle. Die Botschaft benützt nur einen, in dem sie auf Tischen aus weichem Holz, auf der Erde, in allen Winkeln ihre staubigen Archive unterbringt. Daneben befindet sich der ungeheure, achtzehn Meter hohe, durch zwei Stockwerke gehende Saal, den der Eigentümer, der ehemalige König von Neapel, sich zurückbehalten hat; es ist eine wahre Rumpelkammer, wo Anlagen, unvollendete Statuen und ein sehr schöner Sarkophag unter einem unsagbaren Haufen von Trümmern aller Art herumstehen. Das ist aber nur ein Teil des Palastes; das Erdgeschoß ist vollständig unbewohnt; unsere Ecole de Rom nimmt einen Winkel des zweiten Stockwerkes ein, während unsere Botschaft sich frierend in die bewohnbarste Ecke des ersten Stockwerkes drückt. Sie ist gezwungen, alles übrige stehen zu lassen und die Thüren doppelt zu schließen, um der unnützen Mühe des Auskehrens zu entgehen. Es ist freilich etwas Herrliches, in dem vom Papst Paul III. erbauten und mehr als ein Jahrhundert ohne Unterbrechung von Kardinälen bewohnten Palazzo Farnese zu wohnen; aber welch grausame Unbequemlichkeit, welch furchtbare Schwermut herrscht in dieser ungeheuren Ruine! Drei Viertel der Räume sind tot, nutzlos, unbewohnbar, vom Leben abgeschnitten. Und abends, o abends! Dann werden das Thor, der Hof, die Treppe, die Korridore von dichten Schatten überflutet; die wenigen rauchigen Gashähne kämpfen vergeblich, und um in den warmen, gefälligen Salon des Botschafters zu gelangen, bedarf es einer endlosen Reise durch diese düstere Steinwüste!
Pierre verließ den Palast betroffen; in seinem Gehirn brauste es. Und auch alle anderen Paläste, alle großen römischen Paläste, die er während seiner Spaziergänge gesehen hatte, stiegen in seinem Gedächtnis auf; alle waren ihrer Pracht beraubt, der einstige fürstliche Hofstaat war verschwunden, alle waren zu bloßen unbequemen Zinshäusern herabgesunken. Was soll man heute mit diesen Galerien, mit diesen großartigen Sälen anfangen, da kein Vermögen genügt, um darin das prunkvolle Leben zu führen, für das sie erbaut wurden, nicht einmal um die Dienerschaft zu ernähren, die für ihre Erhaltung notwendig ist. Fürsten, die wie der Fürst Aldobrandini mit
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