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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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steif dastehenden Pferde, die starr auf dem Bock sitzenden Kutscher. Es war eine Einöde, ein unermeßliches, kahles und farbloses Viereck, wie im Grabesschlummer unter dem düstern Schein der Laternen liegend, deren Zurückstrahlungen die hohen Fenster der drei Fassaden erhellten. Etwas beunruhigt, von dem leichten Schauer der Leere und der Stille ergriffen, schritt er eiliger weiter und wandte sich nach rechts, zu dem von einer Marquise beschützten Perron, dessen wenige Stufen zur Treppe der Gemächer führten.
    Dort stand ein prächtiger Gendarm in großer Uniform.
    »Herr Squadra.«
    Mit einer einfachen Geberde, wortlos, deutete der Gendarm auf die Treppe.
    Pierre stieg hinauf. Es war eine sehr breite Treppe mit niedrigen Stufen, einem weißen Marmorgeländer und gelbangestrichenen Wänden. Das Gas in den matten Glaskugeln schien aus weiser Sparsamkeit bereits herabgeschraubt worden zu sein. Es konnte nichts Traurig-feierlicheres geben als diese majestätische, so bleiche und so kalte Kahlheit bei diesem Nachtlampenschein. Auf jedem Treppenabsatz stand noch ein Schweizer Gardist mit seiner Hellebarde Wache und in dem schweren Schlaf, der den Palast überkam, hörte man nichts mehr als die regelmäßigen Schritte dieser Männer, die fortwährend auf- und abgingen, zweifellos um nicht der Betäubung der Umgebung zu unterliegen.
    Der Aufstieg über die Treppe inmitten dieses um sich greifenden Dunkels, dieser großen, schauernden Stille, schien kein Ende zu nehmen. Jedes Stockwerk teilte sich in Stücke: noch eines, und noch eines, und noch eines. Als er endlich auf dem Treppenabsatz des zweiten Stockwerks anlangte, war es ihm, als steige er seit hundert Jahren diese Treppe hinan. Hier, vor der Glasthür der Sala Clementina, von der bloß der rechte Thürflügel offen stand, hielt der letzte Schweizer Gardist Wache.
    »Herr Squadra.«
    Der Gardist wich beiseite und ließ den jungen Priester eintreten.
    Dieser ungeheure Clementinensaal schien zu dieser Stunde, in dem dämmerigen Schein der Lampen grenzenlos zu sein. Die reiche Ausschmückung, die Skulpturen, Malereien, Vergoldungen, verschwammen und waren nichts mehr als eine unbestimmte, fahle Vision, gespenstische Mauern, auf denen der Widerschein der Kleinodien und Gesteine ruhte. Im übrigen war kein einziges Möbelstück darin zu sehen; die endlosen Fliesen, eine erweiterte Einöde, verloren sich im Hintergrunde des Halbdunkels.
    Endlich glaubte Pierre am andern Ende des Saales, neben einer Thür, auf einer Bank Gestalten zu erblicken. Es waren drei Gardisten, die dort verschlafen saßen.
    »Herr Squadra.«
    Einer der Gardisten erhob sich langsam und verschwand. Pierre begriff, daß er warten sollte. Er wagte sich nicht zu rühren; das Geräusch seiner Schritte auf den Fliesen beunruhigte ihn. Er begnügte sich, umherzuschauen und die Mengen heraufzubeschwören, die diesen Saal bevölkert hatten. Noch heute war er ein Saal, der allen zugänglich war, den alle durchschreiten mußten, ein einfacher Wachensaal, stets vom Lärm zahlloser Schritte, eines unaufhörlichen Kommens und Gehens erfüllt. Aber wie drückend lastete der Tod auf ihm, sobald die Nacht ihn überkommen hatte – wie trostlos, wie müde war er von dem Vorüberziehen so vieler Dinge und so vieler Wesen!
    Endlich kehrte der Gardist zurück und hinter ihm erschien auf der Schwelle des Nebenzimmers ein ganz schwarz gekleideter Mann von etwa vierzig Jahren, der etwas von einem Bedienten eines großen Hauses und einem Kirchendiener einer Kathedrale hatte. Er besaß ein schönes, tadelloses, rasirtes Gesicht, mit einer etwas starken Nase zwischen einem Paar großer, starrer und heller Augen.
    »Herr Squadra,« sagte Pierre abermals.
    Der Mann verbeugte sich, wie um zu sagen, daß er der Herr Squadra sei, dann lud er den Priester mit einer abermaligen Verneigung ein, ihm zu folgen, und beide betraten, einer hinter dem andern, ohne jede Eile die endlose Flucht der Säle.
    Pierre, der das Zeremoniell kannte und mehrmals mit Narcisse darüber gesprochen hatte, erkannte beim Durchgehen die verschiedenen Säle, erinnerte sich an die Verwendung eines jeden und füllte sie mit den Personen, die das Recht hatten, sich darin aufzuhalten. Jeder Würdenträger kann, je nach seinem Range, nur eine gewisse Thür durchschreiten, so daß die Personen, die vom Papst empfangen werden sollten, bis zum heiligen Vater aus einer Hand in die andere gehen – aus der der Bedienten in die der Nobelgardisten, dann in die der

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