Rom - Band III
Ehrenkämmerer, zuletzt in die der Geheimkämmerer. Aber von acht Uhr ab leeren sich die Säle und nur wenige Lampen brennen auf den Pfeilertischen; es ist nichts mehr als eine Flucht einsamer, halbdunkler Zimmer, die in dem erhabenen Nichts, in das der gesamte Palast versinkt, eingeschlossen sind.
Zuerst kam der Saal der Bedienten, der Bussolanti, der einfachen Thürsteher, die, in roten, mit dem päpstlichen Wappen gestickten Sammet gekleidet, die Besucher bis zur Thür des Ehrenvorzimmers zu geleiten haben. Zu dieser späten Stunde war nur noch ein einziger da; er saß auf einer Bank, in einem so dunkeln Winkel, daß sein roter Mantel schwarz auf den Knieen liegen. Leer war endlich auch das Ehrenvorzimmer, der Thronsaal, in dem der Papst 300 – 400 Personen auf einmal in öffentlicher Audienz empfängt. Den Fenstern gegenüber, auf einer niedrigen Estrade steht der Thron, ein vergoldeter, mit rotem Sammt bedeckter Lehnstuhl unter einem Baldachin vom selben Sammt. Daneben liegt das Kissen für den Fußkuß. Dann befinden sich rechts und links, einander gegenüber, zwei Pfeilertische; auf dem einen steht eine Stehuhr, auf dem andern ein Kruzifix zwischen hohen, Kerzen tragenden Armleuchtern mit vergoldeten Holzfüßen. Die rote Damasttapete mit den großen Louis XIV. Palmen steigt bis zu dem prunkvollen Fries empor, der die Decke mit allegorischen Sinnbildern und Figuren umrahmt, und das prächtige, kalte Marmorpflaster wird erst vor dem Thron von einem Smyrnateppich bedeckt. Aber bei Privataudienzen, wenn der Papst sich im kleinen Thronsaal oder gar in seinem Zimmer aufhielt, war der Thronsaal nichts mehr als ein Ehrenvorzimmer, wo die ganze Prälatenschaft, die hohen kirchlichen Würdenträger warteten, gemischt mit den Botschaftern, den großen Staatspersonen jeden Ranges. Den Dienst versehen hier die zwei Ehrenkämmerer; sie übernehmen die zur hohen Ehre einer Audienz zugelassenen Personen aus den Händen der Bussolanti, um sie selbst zur Thür des Nebenzimmers, des geheimen Vorsaals zu geleiten, wo sie sie den Geheimkämmerern übergeben. Das war der luxuriöseste, der lebhafteste Saal, sowohl durch den Glanz der Uniformen wie durch die Aufregung, die wuchs, je mehr man sich durch diese endlose Reihenfolge von Sälen dem von dem Erwählten und Einzigen bewohnten Tabernakel näherte. Das Herz, von dieser weisen Steigerung von geringerer bis zu unaufhörlich zunehmender Pracht bis zum Ersticken zusammengepreßt, klopfte immer stärker und stärker. Zu dieser nächtlichen Stunde war indessen keine Seele zu sehen, keine Bewegung, keine Stimme zu hören – nichts war da als die Stille, die von der dunkeln Decke über den roten Sammtthron herabsank, nichts als eine rauchige Lampe, die in dem leeren, schlafenden Saal an der Ecke eines Pfeilertisches brannte.
Herr Squadra, der sich noch nicht umgedreht hatte, sondern langsam und stumm weiterschritt, blieb einen Augenblick vor der Thür des geheimen Vorsaals stehen, wie um dem Besucher Zeit zu lassen, sich vor dem Betreten des Heiligtumes ein wenig zu fassen. Nur die Geheimkämmerer hatten das Recht, sich dort aufzuhalten, und nur die Kardinäle konnten hier warten, bis der Papst sie zu empfangen geruhte. An seinem leichten nervösen Schauer erkannte Pierre, nachdem Herr Squadra sich entschlossen hatte, ihn hineinzuführen, daß er das furchtbare Jenseits, die andere Seite dieser niedrigen, menschlichen Welt betrete. Unter tags behütete ein wachestehender Nobelgardist die Thüre; aber zu dieser Stunde war die Thür frei und das Gemach leer wie alle anderen. Um es zu bevölkern, mußte man die edlen und hochmögenden Persönlichkeiten heraufbeschwören, die es gewöhnlich in großer Festtracht füllten. Es war etwas zu schmal, gangförmig; zwei Fenster gingen auf das neue Viertel der Prati del Castello hinaus, während ein einziges Fenster am andern Ende, neben der in den kleinen Thronsaal führenden Thüre auf den Petersplatz hinausging. Hier zwischen dieser Thür und diesem Fenster saß gewöhnlich an einem kleinen Tische ein in diesem Augenblicke abwesender Sekretär. Und immer wieder zeigte sich derselbe vergoldete Pfeilertisch, mit demselben Kruzifix zwischen demselben Paar Lampen. Eine große Uhr in einem Gehäuse aus Ebenholz, mit Kupfer eingelegt, schlug schwer die Stunde. Die einzige Merkwürdigkeit unter der Decke mit den Goldrosetten war die Tapete; sie bestand aus rotem Damast und war mit gelben Schildern besät. Die zwei Schlüssel und die Tiara
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