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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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traten unaufhörlich, langsamen Schrittes, mit trauernder Miene Leute ein, knieten nieder, beteten ein paar Minuten lang und entfernten sich dann wieder mit derselben stummen, trostlosen Miene. Pierre krampfte sich das Herz zusammen, als er so auch die Mutter Darios, die noch immer schöne Flavia kommen sah. Sie ward korrekterweise von ihrem Gatten, dem schönen Jules Laporte, dem einstigen Sergeanten der Schweizer Garde, begleitet, aus dem sie einen Marquis Montefiori gemacht hatte. Sie war am Abend zuvor dagewesen, nachdem man sie von dem Tode benachrichtigt hatte; aber nun kam sie zeremoniös, in tiefe Trauer gekleidet, wieder. Sie war prächtig in all dem Schwarz, das zu ihrer etwas starken, junonischen Majestät sehr gut paßte. Als sie sich mit königlichem Anstand dem Bette genähert hatte, blieb sie einen Augenblick stehen; zwei Thränen, die nicht herabflossen, hingen am Rande ihrer Lider. Dann, ehe sie niederkniete, überzeugte sie sich, daß Jules an ihrer Seite sei und gebot ihm mit einem Blick, ebenfalls neben ihr niederzuknieen. Beide neigten sich am Rande der Stufe und verharrten die passende Zeit über im Gebet; sie gab sich sehr würdig und niedergeschlagen, er noch viel besser als sie, mit der vollendeten Verzweiflung eines Mannes, der in allen Verhältnissen des Lebens, selbst in den ernstesten, am rechten Platze ist. Dann erhoben sich beide und verschwanden durch die Thür, die zu den Gemächern führte, wo der Kardinal und Donna Serafina die Familie und die vertrauten Freunde empfingen.
    Fünf Damen traten in einer Reihe ein, während zwei Kapuziner und der spanische Botschafter beim heiligen Stuhl hinausgingen.
    »Ah, da ist die kleine Prinzessin!« sagte plötzlich Victorine, die seit einigen Minuten geschwiegen hatte. »Und wie betrübt! Sie hat unsere Benedetta sehr geliebt!«
    Pierre sah in der That Celia eintreten, die für diesen gräßlichen Abschiedsbesuch ebenfalls Trauer angelegt hatte. Hinter ihr hielt die Kammerfrau, von der sie sich hatte begleiten lassen, unter jedem Arm einen ungeheuren Strauß weißer Rosen.
    »Die liebe Kleine!« murmelte Victorine wieder. »Sie wollte, daß ihre Hochzeit mit ihrem Attilio zu gleicher Zeit stattfinde wie die Hochzeit der beiden armen Toten, die da ruhen! Jetzt sind sie ihr zuvorgekommen; sie haben schon Hochzeit gehalten; ihre Brautnacht ist schon da!«
    Celia war sofort niedergekniet und hatte das Kreuzzeichen gemacht. Aber augenscheinlich betete sie nicht; mit verzweifeltem Staunen betrachtete sie die beiden teuren Liebenden, die sie so weiß, so kalt, in solcher Marmorschönheit wiederfand. Wie, nur wenige Stunden hatten dazu genügt? Das Leben war entflohen, diese Lippen würden sich nie mehr küssen? Sie sah sie noch vor sich, wie sie inmitten jener Ballnacht in lebendiger Liebe gestrahlt, triumphirt hatten. Ein wütender Protest stieg aus ihrem jungen, dem Leben offenstehenden, nach Lust und Sonnenlicht dürstenden Herzen gegen den albernen Tod auf. Dieser Zorn, dieser Schrecken, dieser Schmerz angesichts des Nichts, in dem alle Leidenschaft erstarrt, waren deutlich auf ihrem unschuldigen Gesichte zu lesen, das einer reinen, geschlossenen Lilie glich. Nie hatte ihr Unschuldsmund mit den über den weißen Zähnen geschlossenen Lippen, nie hatten ihre wie Quellwasser klaren, grundlosen Augen mehr das unergründliche Geheimnis, das Leben der Leidenschaft ausgedrückt, das sie nicht kannte, in das sie nun eintrat, das sich gleich an der Schwelle an diesen zärtlich geliebten Toten stieß, deren Verlust ihr das Herz aufwühlte.
    Sachte schloß sie die Augen und bemühte sich, zu beten, während jetzt große Thränen aus ihren gesenkten Lidern flossen. Eine Weile verstrich in der bebenden Stille, die nur von dem leisen Geräusch der daneben zelebrirten Messe unterbrochen ward. Endlich erhob sie sich und ließ sich von der Kammerfrau die zwei weißen Rosensträuße geben, die sie selbst auf das Bett niederlegen wollte. Auf der Stufe stehend, zögerte sie etwas; zuletzt legte sie sie rechts und links auf das Kissen, auf dem die beiden Köpfe ruhten, als hätte sie sie mit diesen Blumen gekrönt. Sie mischte sie mit ihrem Haar und überduftete ihre jungen Stirnen mit diesem so süßen und so starken Wohlgeruch. Aber auch als ihre Hände nun leer waren, entfernte sie sich nicht, sondern blieb ganz in der Nahe, über sie gebeugt, stehen und suchte zitternd nach etwas, was sie ihnen noch sagen, was sie ihnen auf ewig zurücklassen könnte. Und sie

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