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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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wäre, von einem neuen Rom zu träumen?
    In diesem Augenblick erblickte Pierre Monsignore Nani, der aus dem Thronsaal kam; aber er empfand nicht das Gefühl der Gereiztheit und Erbitterung, das er erwartet hatte. Im Gegenteil, er war glücklich, als der Prälat, nachdem er ihn ebenfalls bemerkt hatte, herankam und ihm die Hand reichte. Aber er lächelte nicht wie gewöhnlich; seine Miene war sehr ernst, schmerzlich betroffen.
    »Ach, mein lieber Sohn, was für eine entsetzliche Katastrophe! Ich komme von Seiner Eminenz. Er schwimmt in Thränen. Das ist furchtbar, furchtbar!«
    Er setzte sich auf einen der Stühle nieder, indem er den Priester ebenfalls zum Sitzen einlud, und schwieg einen Augenblick; zweifellos war er vor Aufregung matt und bedurfte dieser paar Minuten Ruhe, um sich von der Last der Betrachtungen zu erholen, die sichtbarlich sein helles Gesicht verdüsterten. Dann schien er diesen Schatten mit einer Geberde verscheuchen zu wollen und fand sein liebenswürdig gefälliges Benehmen wieder.
    »Nun, mein lieber Sohn, Sie haben mit Seiner Heiligkeit gesprochen?«
    »Ja, Monsignore, gestern abend, und ich danke Ihnen für die große Güte, mit der Sie meinen Wunsch befriedigten.«
    Nani sah ihn starr an, während ein unbezwingliches Lächeln auf seinen Lippen erschien.
    »Sie danken mir. Ich sehe, Sie sind verständig gewesen und haben sich zu den Füßen Seiner Heiligkeit vollständig unterworfen. Ich war davon überzeugt, ich hatte von Ihrer hohen Intelligenz nichts anderes erwartet. Aber Sie machen mich doch sehr glücklich, denn ich konstatire mit Entzücken, daß ich mich in Ihnen nicht getäuscht habe.«
    Er vergaß sich und fügte hinzu:
    »Ich habe nie mit Ihnen diskutirt. Wozu denn, da die Thatsachen da waren, um Sie zu überzeugen? Und jetzt, wo Sie Ihr Buch zurückgezogen haben, wäre jede Diskussion noch unnützer. Trotzdem, bedenken Sie wohl: wenn es in Ihrer Macht läge, die Kirche zu ihrem Anfang, zu jener christlichen Gemeinde zurückzuführen, von der Sie eine so köstliche Schilderung entwarfen, so könnte sich die Kirche doch nur von neuem in jener Bahn bewegen, in die Gott sie einmal geführt hat, so daß sie nach Ablauf von ebenso viel Jahrhunderten genau wieder dort stünde, wo sie jetzt steht. Nein, Gott hat das, was er gethan hat, wohl gethan; die Kirche, so wie sie ist, muß die Welt regieren, so wie sie ist und sie allein hat zu wissen, wieso sie ihr Reich hienieden zuletzt sichern wird. Darum war Ihr Angriff gegen die weltliche Herrschaft ein unverzeihlicher Fehler, ein Verbrechen; denn indem Sie das Papsttum seiner Herrschaft entsetzen, liefern Sie es der Gnade der Völker aus. Ihre neue Religion ist nur der endgiltige Zusammenbruch aller Religion, die moralische Anarchie, die Erlaubnis zum Schisma, mit einem Wort die Zerstörung des göttlichen Gebäudes, jenes uralten, an Weisheit und Festigkeit so reichen Katholizismus, der bisher zum Heil der Menschen genügt hat, der allein sie zu retten vermag – morgen und bis in Ewigkeit.«
    Pierre fühlte, daß er aufrichtig fromm war, einen wirklich unerschütterlichen Glauben besaß und die Kirche wie ein dankbarer Sohn liebte, fest überzeugt, daß sie die schönste, die einzige soziale Organisation sei, die die Menschheit glücklich machen könne. Wenn er die Welt zu regieren gedachte, so herrschte wohl die Freude am Regieren selbst vor, aber er war auch überzeugt, daß niemand sie besser regieren würde als er.
    »O, gewiß, über die Mittel und Wege kann man streiten! Ich für meinen Teil will freundliche, möglichst humane Mittel, solche, die ganz mit dem Jahrhundert verträglich sind, das uns zu entschlüpfen scheint – gerade weil zwischen ihm und uns ein einfaches Mißverständnis besteht. Aber wir werden es zurückführen, davon bin ich überzeugt ... Und darum, mein lieber Sohn, freut es mich, Sie in unsern Schoß zurückkehren zu sehen, eins mit uns in Gedanken, bereit mit uns zu kämpfen – nicht wahr?«
    Der Priester fand darin alle Argumente Leos XIII. wieder. Da er, nun keinen Zorn mehr, aber noch immer die offene Wunde seines herausgerissenen Traumes empfindend, eine direkte Antwort vermeiden wollte, verbeugte er sich abermals und sprach langsamer, um das bittere Zittern seiner Stimme zu verbergen:
    »Ich wiederhole, Monsignore, wie sehr ich Ihnen dankbar bin, daß Sie mich mit der geschickten Hand eines vollendeten Chirurgen von meinen eitlen Illusionen befreiten. Morgen, wenn ich nicht mehr leiden werde, werde ich

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