Rom - Band III
Ihnen eine ewige Dankbarkeit bewahren.«
Monsignore Nani fuhr fort, ihn lächelnd anzusehen. Er begriff sehr wohl, daß dieser junge Priester sich abseits halten würde, eine für die Kirche verlorene Kraft war. Was würde er morgen thun? Zweifellos eine neue Dummheit begehen. Aber der Prälat mußte sich daran genügen lassen, daß er ihm geholfen hatte, die erste wieder gut zu machen; die Zukunft konnte er nicht voraussehen. Und er machte eine hübsche Geberde, wie um zu sagen, daß jeder Tag seiner Aufgabe genüge.
»Mein lieber Sohn, erlauben Sie mir, zu schließen?« sagte er endlich. »Seien Sie verständig; Ihr Glück als Priester und Mensch liegt in der Demut. Sie werden schrecklich unglücklich sein, wenn Sie die wunderbare Intelligenz, die Gott Ihnen gegeben, gegen Gott anwenden.«
Dann schob er mit einer abermaligen Geberde diese ganze Angelegenheit beiseite; sie war nun vollständig beendet, er brauchte sich nicht mehr um sie zu kümmern. Nun verdüsterte ihn wieder die andere Angelegenheit, die auch zu Ende ging – aber auf so tragische Weise, durch den blitzähnlichen Tod der beiden Kinder, die da drin im Nebensaal ruhten.
»Ach, die arme Prinzessin, der arme Kardinal!« fuhr er fort. »Sie haben mir das Herz zerrissen! Noch nie ist eine, grausamere Katastrophe auf ein Haus herabgefahren. – Nein, nein, es ist zu viel! Das Unglück geht zu weit; die Seele empört sich dagegen!«
Aber in diesem Augenblick ertönte aus dem zweiten Vorzimmer ein Stimmengeräusch und Pierre sah zu seinem Erstaunen den Kardinal Sanguinetti vorübergehen, den der Abbé Paparelli mit verdoppelter Ehrerbietung geleitete.
»Wenn Eure Eminenz die Güte hätten, mir zu folgen, werde ich Eminenz selbst führen.«
»Ja, ich bin gestern abend von Frascati zurückgekommen, und als ich die traurige Nachricht hörte, wollte ich sofort mein Beileid und meinen Trost überbringen.«
»Eure Eminenz geruhe einen Augenblick, bei den Leichen zu verweilen, dann werde ich Ew. Eminenz zu Seiner Eminenz führen.«
»Sehr wohl. Man soll wissen, welchen ungeheuren Anteil ich an der Trauer dieses illustren Hauses nehme.«
Er verschwand im Thronsaal und Pierre, über eine solche Kühnheit erstaunt, blieb mit offenem Munde sitzen. Gewiß, er hielt ihn nicht für den unmittelbaren Mitschuldigen Santobonos, er wagte nicht, auszurechnen, bis wohin seine moralische Mitschuld reichte, aber als er ihn so vorübergehen sah, hocherhobenen Hauptes, mit so bestimmter Sprache, da empfing er die plötzliche, feste Ueberzeugung, daß er alles wisse. Wieso? Durch wen? Das hätte er nicht sagen können. Zweifellos auf die Weise, wie die Verbrechen in diesen finstern Tiefen, unter Leuten, die ein Interesse daran haben, sie zu erfahren, herauskommen. Er war starr über das hochmütige Auftreten dieses Mannes; er erschien vielleicht, um den Argwohn aufzuhalten, sicherlich aber, um einen Akt der Politik auszuführen, indem er seinem Nebenbuhler einen öffentlichen Beweis der Achtung und Liebe gab.
»Der Kardinal, hier!« konnte er nicht umhin, zu murmeln.
Monsignore Nani, der den Schatten der Gedanken Pierres in seinen Kinderaugen, die alles verrieten, verfolgte, stellte sich, als fasse er den Sinn dieses Ausrufs nicht richtig auf.
»Ja, in der That, ich habe erfahren, daß er seit gestern abend wieder in Rom ist. Er legte Gewicht darauf, nicht länger fernzubleiben, da es dem heiligen Vater besser geht und er seiner bedürfen könnte.«
Obwohl er das mit völlig unschuldiger Miene sagte, ließ sich Pierre keinen Augenblick dadurch irreführen, und nachdem er nun seinerseits den Prälaten angeblickt hatte, kam er zu der Ueberzeugung, daß auch er alles wisse. Mit einmal erschien ihm die ganze Sache in ihrer furchtbaren Verwicklung, in der ganzen Grausamkeit, die das Schicksal ihr verliehen hatte. Nani, ein alter vertrauter Freund des Palastes Boccanera, war doch gewiß nicht herzlos und liebte Benedetta, von soviel Schönheit und Anmut bezaubert, sicherlich. Das konnte erklären, warum er zuletzt in so sieghafter Weise die Annullirung der Ehe hatte aussprechen lassen. Aber Don Vigilio nach war diese um den Preis von Geld und unter dem Druck der offenkundigsten Einflüsse erlangte Scheidung einfach ein Skandal, den er anfangs in die Länge gezogen und dann einer aufsehenerregenden Lösung zugetrieben hatte, einzig und allein zu dem Zweck, den Kardinal am Vorabend des Konklaves, das alle Welt für nahe bevorstehend hielt, in Mißkredit zu bringen und von
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