Rom - Band III
ich Sie wiedersehen werde ... Ich wünsche Ihnen glückliche Reise ...«
Trotzdem entfernte er sich nicht, sondern fuhr fort, Pierre mit seinem durchdringenden Blick anzusehen; zuletzt hieß er ihn sich wieder niedersetzen und ließ sich selbst wieder auf einen Stuhl nieder.
»Hören Sie, Sie werden doch sicherlich, gleich nach Ihrer Ankunft in Frankreich, den Kardinal Bergerot begrüßen gehen ... Haben Sie die Güte, mich ihm ehrfurchtsvoll zu empfehlen. Ich kannte ihn flüchtig, als er hier war, um sich den Kardinalshut zu holen. Er ist eine der größten Leuchten des französischen Klerus ... Ach, wenn ein solcher Geist für die Eintracht in unserer heiligen Kirche arbeiten wollte! Leider besitzt er, fürchte ich, Vorurteile der Rasse und Umgebung; er hilft uns nicht immer.«
Pierre hörte neugierig zu; er war überrascht, ihn so zum erstenmal, in dieser letzten Minute, von dem Kardinal sprechen zu hören. Aber dann that er sich keinen Zwang mehr an und antwortete mit aller Offenheit:
»Ja, Seine Eminenz hat über unsere alte Kirche von Frankreich sehr bestimmte Ansichten. So bekennt er, ein wahres Grauen vor den Jesuiten zu empfinden.«
Monsignore Nani unterbrach ihn mit einem leichten Ausruf und machte das erstaunteste, aufrichtigste Gesicht, das man sehen kann.
»Wie, Grauen vor den Jesuiten? Womit können die Jesuiten ihn beunruhigen? Es gibt keine mehr, die Geschichte mit den Jesuiten ist aus! Haben Sie welche in Rom gesehen? Haben diese armen Jesuiten, die hier nicht einmal mehr einen Stein besitzen, auf dem sie ihr Haupt ausruhen lassen können, Sie in irgend etwas gestört? ... Nein, nein, dieser Popanz soll nicht wieder in Bewegung gesetzt werden! Das ist kindisch!«
Nun sah Pierre ihn an; er wunderte sich über seine Ungezwungenheit, seine ruhige Kühnheit bei einer so brennenden Frage. Er wandte die Augen nicht ab und zeigte sein Gesicht offen, wie ein Buch der Wahrheit.
»O, wenn Sie unter Jesuiten die verständigen Priester verstehen, die, statt sich mit den modernen Gesellschaften in unfruchtbare, gefährliche Kämpfe einzulassen, sich bemühen, sie mit Menschlichkeit zur Kirche zurückzuführen – mein Gott, dann sind wir alle mehr oder weniger Jesuiten, denn es wäre wahnsinnig, die Zeit, in der man lebt, nicht in Anschlag zu bringen ... Uebrigens hänge ich mich nicht an Worte! Was liegt daran! Also gut, Jesuiten, wenn Sie es so haben wollen, Jesuiten!« Er lächelte abermals. Es war sein hübsches, so seines Lächeln, in dem so viel Spott und so viel Geist lag.
»Nun, wenn Sie den Kardinal Bergerot sehen, so sagen Sie ihm, daß es unvernünftig ist, die Jesuiten in Frankreich zu verfolgen, als Feinde der Nation zu behandeln. Gerade das Gegenteil ist wahr: die Jesuiten sind für Frankreich, weil sie für den Reichtum, für die Kraft und den Mut sind. Frankreich ist die einzige große katholische Nation, die noch aufrecht steht und herrscht, die einzige, auf die sich das Papsttum eines Tages fest stützen kann. Darum hat auch der heilige Vater, nachdem er einen Augenblick diese Stütze bei dem siegreichen Deutschland zu finden gehofft hatte, das Bündnis mit dem eben besiegten Frankreich geschlossen; denn er begriff, daß außer ihm kein Heil für die Kirche existire. Damit ist er aber nur der Politik der Jesuiten gefolgt, dieser schrecklichen Jesuiten, die euer Frankreich so haßt ... Sagen Sie außerdem dem Kardinal Bergerot, daß es sehr schön von ihm wäre, wenn er auf die Beruhigung hinarbeiten wollte, indem er zu verstehen gäbe, wie unrecht es von eurer Republik ist, dem heiligen Vater bei seinem Versöhnungswerk nicht mehr zu helfen. Er stellt sich, als halte er ihn für eine quantité négligeable ; das ist ein gefährlicher Fehler für Regierende, denn wenn er auch aller politischen Wirksamkeit beraubt zu sein scheint, so ist er nichtsdestoweniger eine ungeheure moralische Kraft, die zu jeder Stunde die Gewissen aufwühlen, religiöse Agitationen von unberechenbarer Tragweite bewirken kann. Immer ist er es, der über die Völker verfügt, da er über die Seelen verfügt; die Republik handelt sehr leichtfertig, sogar in seinem Interesse, wenn sie zeigt, daß sie ihn nicht mehr fürchtet ... Und sagen Sie ihm endlich, daß es ein wahrer Jammer ist, wenn man sieht, in welcher erbärmlichen Weise diese Republik ihre Bischöfe wählt, gerade als ob sie ihr Episkopat absichtlich schwächen wollte. Abgesehen von einigen glücklichen Ausnahmen, sind eure Bischöfe recht armselige
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