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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shari Low
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so einen Traumtypen an Land zu ziehen? Sein marineblauer Anzug saß wie angegossen, sein weißes Hemd war makellos bis zu den Manschettenknöpfen, und die hellblaue Krawatte vollendete das Outfit perfekt. Es war nur alles so … Marc. Wenn ich je darüber nachgedacht hätte, was er zu seiner Hochzeit tragen würde, hätte ich es mir genau so vorgestellt. Schick. Elegant. Erwachsen. Ich konnte uns beide im Kleiderschrankspiegel sehen. Zwei Erwachsene. Du lieber Himmel, wir waren erwachsen! Keine Panik. Keine Panik.
    Er nahm meine Hand. »Fertig?«
    Ich nickte. Ich war fertig. Es wurde Zeit. Ich musste nur immer fest daran denken, dass das hier alles ein Traum war, dass ich den Rest meines Lebens mit dem Mann verbringen würde, den ich liebte und … atme! Atme weiter!
    An der Rezeption schenkte uns niemand einen Blick, als wir vorbeigingen. Niemand auf der ganzen Welt wusste, dass ich auf dem Weg zu meiner Hochzeit war. Keine Menschenseele. Plötzlich kam mir ein Gedanke: Wenn ich in zwei Stunden von einem Bus überfahren würde, würde Lou Cheyne auf meiner Todesurkunde stehen. Wer war das?
    Ich nicht. Und wenn Marc auch umkommen würde, dann würde Josie sich auf die Suche nach mir machen, aber sie würde mich nicht finden, weil ich den falschen Namen hatte, und trotz aller Bemühungen der süßesten Ermittler von CSI : NY würde man mich nicht identifizieren, und ich würde in einem namenlosen Grab verrotten, ohne dass jemand wusste, dass ich dort lag.
    Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die meisten Bräute sich solche Gedanken auf dem Weg zu ihrer Hochzeit nicht machten.
    Der Spätnachmittagsverkehr in New York kroch vor sich hin, aber natürlich hatte Marc auch das vorhergesehen und genügend Zeit eingeplant. Er wolle nicht, dass ich mir wegen irgendwas Sorgen mache, hatte er mit erklärt.
    Super. Also keine Sorgen. Ich musste mich bloß zurücklehnen, die Taxifahrt durch die aufregendste Stadt der Welt genießen und mich zu einer Oase inmitten des ganzen Chaos bringen lassen, um dort mein Ehegelübde abzulegen. Das ununterbrochene Gequatsche des Taxifahrers trug zusätzlich zu dieser Wohlfühlatmosphäre bei. Bis wir schließlich in die Madison Avenue bogen, hatten wir erfahren, dass er zwei Frauen hatte, sieben Kinder und seiner Familie in Turkestan jeden Monat Geld schickte.
    Ich überließ Marc das Reden und beobachtete stattdessen die Leute auf der Straße: eine bunte Mischung aus Touristen, Anzugträgern und Frauen, die aussahen, als kämen sie gerade vom Set dieser neuen Soap über vier New Yorker Frauen. Wie hieß sie noch gleich? Irgendwas mit City. City Sex? Oder … nein, es fiel mir nicht ein. Lizzy erzählte mir dauernd, wie super sie sei, aber sie lief immer dann, wenn ich lange arbeiten musste, und da ich mit Marcs VHS -System noch nie klargekommen war, hatte ich die Sendung bisher noch nicht gesehen.
    Meine Güte, dauerte diese Fahrt denn ewig? Wir blieben vor jeder Ampel stehen. Der Fahrer informierte Marc immer detaillierter über seine Familienverhältnisse, als mich ein Geräusch plötzlich zusammenzucken ließ. Die Glocken der St. Patrick’s Cathedral. Sie läuteten klar und hell, jeder Ton kribbelte in meinem Körper. Das war so sehr New York, so wunderbar atmosphärisch, dass ich plötzlich ein Bild von Josie vor mir sah. Seit Jahren redete sie davon, einmal nach New York zu fliegen, sie hätte die Stadt geliebt und jede einzelne Sekunde genossen.
    Sie sollte hier sein. Sie. Sollte. Hier. Sein.
    Ich hörte, wie der Fahrer aufgeregt etwas rief: »Hey, Lady, was machen Sie? Lady, Sie können doch nicht einfach …«
    Marc schloss sich ihm nun ebenfalls an. »Lou, was zum Teufel …!«
    Den Rest hörte ich nicht mehr. Ich war aus der Tür und rannte los, was angesichts meiner Zehn-Zentimeter-Absätze nicht einfach war. Aber ich lief immer weiter, nichts konnte mich aufhalten.
    Nichts, außer …
    »Oh, Mist, tut mir leid!«
    Plastikflaschen mit Senf und Ketchup und ein Dutzend Chipstüten flogen zu Boden, und der Verkäufer des Hotdog-Stands starrte mich mit offenem Mund an. Normalerweise hätte ich mich wortreich entschuldigt, aber ich lief einfach weiter. Das heißt, genau genommen humpelte ich, denn einer meiner Schuhe war in der Lache aus klebrigen Soßen stecken geblieben. Ich stieß mit anderen Fußgängern zusammen, prallte gegen Kinderwagen, hüpfte über Pfützen und wäre fast über eine Hundeleine gestolpert.
    Endlich erblickte ich einen Türeingang. Ich stolperte hinein, ohne

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