Roman
heiraten?« Und um Logik.
»Ja. Ganz bestimmt. Nein. Ich meine, es kommt alles so plötzlich.«
»Ist Marc das Problem oder die Hochzeit?« An ihrer Stimme erkannte ich, dass Ginger versuchte, vernünftig zu sein. Für Ginger eher außergewöhnlich. Und beeindruckend. Sensibilität gehörte eigentlich nicht zu ihren Stärken.
»Die Hochzeit. Ich liebe Marc, und wir sind … glücklich. Zumindest waren wir das bis vor einer halben Stunde. Ich glaube nicht, dass er im Moment besonders happy ist.«
»Dann ist es vielleicht gut so. Du bringst es dort hinter dich, und dann kommst du nach Hause zurück und planst ein großes Hochzeitsfest, das ein Vermögen kostet. Und wir werden euch aus dem Weg gehen, weil ihr nur noch über Autos und Kleider redet und darüber, ob ihr die alte Dame einladen sollt, die nebenan gewohnt hat, als du sechs warst.«
»Sie war so nett.«
»Ich weiß. Aber ich schätze, sie ist inzwischen tot, daher hat sich das Problem erledigt.«
Zum ersten Mal seit vierundzwanzig Stunden musste ich lachen. Das war genau das, was ich brauchte. Ich brauchte eine Freundin, selbst wenn sie nur am Telefon war und fast zweitausend Meilen entfernt.
»Weißt du, vielleicht hat Lizzy ja recht, Lou. Vielleicht ist es tatsächlich romantisch.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. »Ginger, ich …«
Meine Nackenhaare richteten sich auf, als Marc plötzlich wie aus dem Nichts in der kleinen Pizzeria auftauchte. Sein Gesicht war erhitzt, seine Krawatte hing schief, in der Hand hielt er Jimmy-Choo-Schuhe im Wert von mindestens zweihundert Dollar. Die Typen hinter der Theke stießen sich gegenseitig an und zeigten auf uns. Für eine Frau, die es hasste, im Mittelpunkt zu stehen, spielte ich diese Rolle in letzter Zeit verdammt oft.
»Kannst du mir mal sagen, was das gerade sollte?« Obwohl er vermutlich fast den ganzen Weg gerannt war, war er kaum außer Atem. Offenbar war er ziemlich fit.
»Lou? Lou, was ist los?« Ginger klang genauso nervös, wie ich mich fühlte.
»Ich ruf dich gleich wieder an.«
Langsam nahm ich das Handy vom Ohr und legte es auf den Tisch. Dabei ließ ich Marc keine Sekunde aus den Augen. Wie hatte ich ihm das antun können? Ich liebte ihn, und er stand vor mir, nein, er hockte jetzt vor mir und sah so … verletzt aus.
»Lou? Mit wem hast du telefoniert?«
»Ginger.«
Sein Gesicht wurde düster. »Na super! Genau die Richtige für eine Krise.«
»Es … es tut mir leid. Wegen des Wegrennens, meine ich. Ich habe irgendwie die Nerven verloren.«
»Echt?« Die Worte waren sarkastisch, aber seine Miene wurde etwas weicher, und ein Hauch von einem Lächeln trat auf sein Gesicht.
Gott, ich liebte ihn so! Was hatte ich nur getan? Er nahm meine Hand – angesichts der Umstände eine äußerst großzügige Geste. Wenn die Rollen andersherum verteilt gewesen wären, hätte Marc sich in diesem Moment vermutlich eine Pizza Salami mit extra viel Mozzarella aus den Augen wischen müssen.
»Baby, ich liebe dich. Aber ich kann nicht ewig so weiterleben. Ich möchte heiraten, Kinder kriegen, mit dir alt werden. Und du benimmst dich, als sei dies nur eine bedeutungslose Studentenbeziehung.«
»Es ist nicht bedeutungslos!« Ich war entsetzt, dass er das glaubte. Aber nach den Ereignissen dieses Tages war das ja schließlich kein Wunder. »Ich will das auch alles.«
»Dann beweis es mir, Lou. Heirate mich! Heute. Denn wenn wir es jetzt nicht tun, werden wir es niemals tun.«
Lous Lektionen für Cassie, wenn sie einunddreißig Jahre alt ist
Liebe Cassie,
inzwischen liest du meine Ratschläge bestimmt mit wachsender Ungläubigkeit. Es tut mir leid. Aber es ist besser, wenn du die volle Wahrheit erfährst und erkennst, dass auch Menschen, die riesige Fehler machen, am Ende ihr Ziel erreichen. Ich hoffe, dass du, wenn du all dies liest, denkst, dass deine Mum auch nur ein Mensch ist und Fehler gemacht hat und dass sie keine Irre ist und dass du dir niemals gewünscht hast, von Angelina Jolie adoptiert worden zu sein. Soweit ich weiß, hat sie sich sowieso nie in einer Kleinstadt an der Westküste Schottlands nach Verstärkung für ihre Multikultibrut umgesehen. Wie auch immer – in den Dreißigern gibt es einiges zu bedenken.
80. Wenn du es bis jetzt noch nicht geschafft hast, sind deine Chancen auf eine Karriere als Topmodel auch künftig eher dürftig. Ich brauchte ebenfalls eine Weile, um das zu akzeptieren, dabei gab es schon mit zwanzig Anzeichen – als ich mir meine erste Jeans in
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