Roman
als ich sah, dass … Moment mal! Ich dachte, das wär’s gewesen, aber die zweite Linie begann, sich zu verändern – zuerst langsam, dann immer schneller wurde sie zu einer … blauen Linie. Einer blauen Linie!
Die Göttin der Unbefleckten Empfängnis sollte noch mal über ihre Jobqualifikation nachdenken.
Ich war schwanger. Mein zukünftiger Ehemann saß mittlerweile bestimmt da draußen und hatte absolut keine Ahnung, dass er Vater wurde. Was, wenn er gar keine Familie wollte? Was, wenn er zu den Typen gehörte, die lieber keine Verantwortung für ein Kind übernehmen wollten?
Was, wenn … Panik überkam mich, und meine Gedanken begannen zu rasen. Was, wenn unsere Beziehung das nicht verkraftete? Was, wenn ich schwanger war und er wollte das nicht, und ich wurde unförmig, und er würde mich wegen eines dieser dürren Models verlassen, die er jeden Tag fotografierte? Oder einer alten Freundin, der Freiheit wichtiger war als Fruchtbarkeit. Oder … oder … wegen eines schwulen Anwalts namens Alex?
Ich presste meine Stirn gegen die kalte Zellenwand und versuchte irgendwie, einen klaren Kopf zu kriegen. Ich war schwanger. Das bedeutete, dass ich ein Baby bekommen würde. Und wie zur Übung für die bevorstehenden Monate schwang mein Hormonpendel plötzlich in die entgegengesetzte Richtung. Freudige Erregung breitete sich in meinem Bauch aus, stieg in meine Kehle und von dort direkt in meine Tränendrüsen. Ich war schwanger. Von dem Mann, den ich liebte. Und das konnte nur etwas ganz Wunderbares sein.
Aber ähnlich wie Lizzy wusste ich, dass ich diese Nachricht noch nicht mit allen teilen wollte. Es war mein Geheimnis, bis es auch Reds Geheimnis wurde. Er sollte es vor allen anderen erfahren, also musste ich jetzt irgendwie eine Form von Normalität vortäuschen und mich wie eine aufgeregte zukünftige Braut verhalten und nicht wie eine aufgeregte zukünftige Mutter. Ich würde einfach auf gute Laune machen und hoffen, dass niemand etwas merkte.
»Lou, bist du da drin?«
Gingers Stimme riss mich in die Gegenwart zurück.
»Lou, ist alles in Ordnung?«
»Alles bestens. Ich bin sofort bei euch. Ich glaube, ich habe was gegessen, was meinen Magen ein bisschen in Aufruhr versetzt hat.«
Perfekt. Plausibel. Gut gemacht.
»Komm schon«, kam es von ihr zurück. »Ich weiß genau, was los ist.«
Oh Scheiße! Natürlich sagte ich das nicht laut.
»Eh … wie meinst du das?«, fragte ich nervös.
»Ich weiß genau, wieso du auf dem Klo sitzt und warum dein Magen durchdreht. Komm schon, gib’s zu!«
Zugeben? Was zugeben? Woher konnte sie es wissen? Ich wusste es doch selbst erst seit fünf Minuten. Hatte sie hellseherische Fähigkeiten?
»Was soll ich zugeben?«, fragte ich ausweichend.
Nein, sie konnte es nicht wissen. Ihre erste Nichte oder ihr Neffe mochte auf dem Weg in die Welt sein, aber woher konnte sie das mit mir wissen?
»Du bist völlig fertig«, antwortete sie mit triumphierender Stimme, »weil du gerade mit Cyndi Lauper gesprochen hast. Auf die hast du doch schon immer gestanden.«
»Stimmt, Ginger, du hast recht. Hundert Punkte.« Ich musste über die ganze absurde Situation lachen. »Es war unglaublich. Ich habe sie morgen zur Hochzeit eingeladen, und sie hat gesagt, sie versucht zu kommen.«
Lektion 101
Wenn du deinem Partner sagst, dass du schwanger bist, sei auf alles gefasst
Red reckte sich seufzend, ehe er ins Bett kletterte und die Hand nach mir ausstreckte.
»Komm her, Lou Cairney! Das ist meine letzte Gelegenheit, es mit einer unverheirateten Frau zu treiben.«
»Du bist ein unverbesserlicher Romantiker, weißt du das?«
Ich steckte mir das kleine Stück Schokolade, das auf meinem Kissen gelegen hatte, in den Mund. Igitt, Bitterschokolade. Ich hasste Bitterschokolade. Es war Teufelszeug. Ich wickelte auch das Stück aus, das auf Reds Seite lag, und aß es ebenfalls. Offenbar hatte der Teufel eine magische Anziehungskraft auf schwangere Frauen.
»Ich dachte, du magst keine Bitterschokolade.« Red sah mich erstaunt an.
»Sie wächst mir irgendwie ans Herz.«
Ich bürstete mir noch einmal durchs Haar und bewegte mich auf ihn zu. Das Betthupferl steckte nun über dem riesigen Knoten in meinem Magen fest. Ich musste es ihm sagen. Jetzt. Bevor wir heirateten. Aber was sollte ich sagen? Vielleicht könnte ich es ein bisschen versüßen mit einem »Okay, Baby, dann stell dich darauf ein, es mit einer unverheirateten Frau zu treiben … die auch noch schwanger ist«.
Nein, lieber
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