Roman
Lou!«
»Gern geschehen. Aber glaub ja nicht, dass du jetzt noch ein Weihnachtsgeschenk kriegst. Diese blöden Xbox-Dinger sind gegen das hier ja völlig wertlos.«
Wow, wieder schwappte eine Welle des Glücks über mich hinweg! Ich hatte plötzlich das Gefühl, meine Hormone wären explodiert und verursachten im Minutentakt kleine emotionale Ausbrüche. Ich hielt der Liebe meines Lebens den Teller mit dem Toast hin.
»Nein, danke!« Er schüttelte den Kopf. »Ich hatte schon was.«
»Wann denn?«
»Als der Arzt dir die Narkose geben wollte, hat er mich rausgeschickt, damit ich nicht umkippe. Dolly hat mir einen Tee und ein paar Toasts gemacht, die ich im Fernsehzimmer gegessen habe. Friends lief gerade. Die Folge, in der …«
»Wie bitte? Ich dachte, du wärst nervös auf und ab gegangen. Hättest dich gesorgt. Und gebetet. Und darüber nachgedacht, wie tapfer und heldenhaft deine Frau die Herausforderungen von Mutter Natur erträgt. Stattdessen hast du vor dem Fernseher gesessen und Tee und Toast in dich reingestopft.«
Der Arzt und Dolly machten eine ziemlich miese Figur, als sie so taten, als würden sie nicht interessiert zuhören, wie er sich aus der Nummer rausredete. Sein bestürztes Gesicht zeigte immerhin, dass er die Schwere seines Fehlers einsah. Die halbe Stunde mit Courteney Cox würde ihn sein Leben lang verfolgen.
Zum Glück rettete das Eintreffen einer sympathischen medizinischen Fachangestellten und unserer Tochter den Tag.
»So.« Dolly nahm mir Tasse und Teller weg und drückte mir erneut mein Baby in den Arm. »Wie soll die Kleine denn heißen?«
Red und ich starrten uns an. »Wehe, du sagst jetzt Monica oder Phoebe oder Rachel«, zischte ich.
Namen. Wir hatten jedes im Buchhandel erhältliche Namensbuch durch und immer noch nichts gefunden, das uns gefiel. Wir hatten sogar den Zeugungsort (Paisley) und den Ort der Schwangerschaftsentdeckung (T.G.I. Friday’s) durch, aber irgendwie schien nichts zu passen.
An der Tür regte sich etwas, und aus dem Nichts erschien eine größere Menschenansammlung.
»Entschuldigung, dürfen wir jetzt reinkommen? Die militante Hebamme hat gesagt, wir müssten warten, bis der Arzt fertig ist.«
Zum Glück fand Dolly Gingers Humor köstlich. »Kommen Sie«, meinte sie. »Aber Sie müssen leise sein.«
Ginger, Lizzy und Josie kamen mit klackernden Absätzen hereingestürmt und bemühten sich, leise zu kreischen. Dann passierte es. Etwas, auf das ich mein Leben lang gewartet hatte: Josie hatte Tränen in den Augen, und jemand anders musste ihr die Kleenex reichen. Wenn es je einen Moment gegeben hatte, in dem sie eine therapeutische Karamellwaffel gebraucht hätte, dann jetzt.
»Meine erste Großnichte«, flüsterte sie ergriffen.
»Wow! Sie ist wunderhübsch!«, hauchte Lizzy.
Nach einem kurzfristigen Aussetzer, in dem die Frau, die öffentliche Liebesbekundungen eigentlich verabscheute, uns der Reihe nach küsste und herzte, starrte Ginger das Baby an und schrie dann auf.
»Jetzt weiß ich, wem sie ähnlich sieht!«
»Nämlich?«
»Unserer Tante«, sagte sie zu Red. »Du weißt schon, die, die damals für einen Skandal gesorgt hatte, als sie mit dem Zirkusdirektor durchgebrannt und Jahre später mit dem Roadie von den Rolling Stones wieder aufgetaucht war.«
Ich wagte es nicht, irgendwelche Fragen zu stellen.
»Wie hieß sie denn?«, fragte Red, der offensichtlich ebenso erstaunt war wie wir anderen.
»Cassie. Tante Cassie. Sie lebt heute in irgendeiner Hippiekommune in der Nähe von Woodstock.«
Eine Zeitlang sagte keiner ein Wort. Und dann schauten wir in perfekter Synchronisation erst uns an und danach das Baby.
»Cassie«, sagte ich leise. »Das ist perfekt.«
Alles war perfekt.
In diesem Augenblick hatte ich vielleicht nicht alles – aber ich hatte alles, worauf es ankam.
Lous Lektionen für Cassie, wenn sie vierunddreißig Jahre alt ist
Liebe Cassie,
so bist du also zu uns gekommen. Es war wunderbar, spektakulär, unfassbar! Und zugleich anstrengend und fürchterlich ermüdend. Seltsame Dinge geschehen mit einem. Man fängt an, sich einzubilden, dass der Besuch eines Supermarkts das Highlight des Tages ist, und stellt fest, dass Hausschuhe nicht dafür geeignet sind, mit ihnen auf der Straße zu laufen. Ach, und …
118. Es liegt im Kühlschrank. Ganz gleich, was im Zustand permanenten Schlafmangels verloren geht – Autoschlüssel, Handy, Haarbürste, Portemonnaie –, im Kühlschrank findet sich alles wieder.
119. Genieß
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