Roman
und bei Lizzy. Ich hatte Alex ein paarmal zu Geburtstagen und besonderen Anlässen getroffen, und Lizzy war schließlich diejenige gewesen, die den Mietvertrag ausgegraben und ihm zugefaxt hatte, mich in die Kanzlei geschleppt hatte und ihm nun die Lage erklärte.
»Ich habe Lou gesagt, dass du, abgesehen davon, dass du mir den Mann gestohlen und mein Leben ruiniert hast, ein ziemlich guter Anwalt bist. Wir hoffen also, dass dir was Anständiges einfällt.«
Alex wirkte plötzlich etwas verwirrt. »Eh … danke! Ich glaube, ja. Also, ich habe mir den Vertrag ganz genau angesehen …«
Bitte sag, dass wir was gegen die Kündigung machen können! Bitte!
»Und es tut mir aufrichtig leid, Lou. Hat ein Anwalt den Vertrag gelesen, bevor du ihn unterschrieben hast?«
Ich zuckte hilflos mit den Schultern. »Nein. Ich war damals noch jung und naiv und wollte mich einfach nur selbstständig machen. Und ich wollte nicht, dass jemand zu genau hinsah, damit keiner Josies … eh … Finanzmanipulationen aufdecken konnte. Alles, was ich dir hier erzähle, ist natürlich streng vertraulich.«
Er nickte nur gequält. Offenbar war er solche Dramen an einem gewöhnlichen Nachmittag in der aufstrebenden Metropole von Weirbank City nicht gewohnt.
»Aber was ist mit dem ganzen Geld, das ich investiert habe? Der Laden war in einem üblen Zustand, als ich ihn übernommen habe. Zählt das denn gar nicht?«
Sein Gesichtsausdruck gab mir die Antwort, noch bevor er den Mund aufmachte.
»Es tut mir leid, Lou, ich fürchte, nein. Das ist alles deine Sache. Im Kleingedruckten steht, dass du den Laden in perfekt renoviertem Zustand zurückgeben musst.«
»Du machst Witze!«
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Hatte ich den Vertrag eigentlich je gelesen? Aber ich war damals so wild auf den Mietvertrag gewesen, dass ich ohnehin alles unterschrieben hätte. Was stand da sonst noch? Hatte ich ihnen vielleicht mein erstgeborenes Kind und irgendwelche inneren Organe versprochen? Oh nein! Mein erstgeborenes Kind würde eine Mutter haben, die es offenbar geschafft hatte, alles herzugeben, wofür sie ihr Leben lang gearbeitet hatte.
Ich war die totale Versagerin. Ein hoffnungsloser Fall. Und ich hatte das vage Gefühl, dass an meinen Wangen schon wieder irgendwelche Flüssigkeiten entlangliefen. Lizzy reichte mir ein Papiertuch aus dem Vorrat, den Josie ihr mitgegeben hatte, als sie mich abgeholt hatte.
»Heißt das, sie kann nichts machen? Gar nichts?« Sie sah Alex an. »Auch nichts Illegales?«
Alex wurde rot und zupfte an seiner Hugo-Boss-Krawatte.
»Natürlich darf ich eine Option, die einen möglichen Rechtsbruch nach sich ziehen würde, nicht kommentieren. Aber abgesehen von der Möglichkeit, Chantelle aus dem Weg zu räumen, sehe ich leider keinen Ausweg.«
Nichts. Ganz und gar nichts. Von den Jahren voller Blut, Schweiß und Tränen würde nichts bleiben, außer ein paar Einrichtungsgegenständen und Personal, das seinen Lebensunterhalt verdienen musste. Was sollte ich denen sagen? Sie hatten sich alle Hoffnungen gemacht, dass Alex irgendein juristisches Kaninchen aus dem Hut zauberte, und jetzt würde ich ihnen klarmachen müssen, dass es kein Kaninchen gab. Wie hatte ich nur zulassen können, dass es so weit kam?
»Okay, jetzt gerat nicht in Panik!« Lizzy umklammerte meine Hand. »Es ist noch nicht so weit, wir haben noch etwas Zeit. Wir könnten versuchen zu verhandeln. Oder … oder …«
Ich war gespannt, welchen Strohhalm meine liebe Freundin mir hinhalten würde. »Oder wir könnten um Gnade bitten?«, sagte sie schließlich schwach.
Wir waren erledigt.
Alex nahm den Kalender auf seinem Schreibtisch zur Hand, um das Datum zu prüfen. »Ich fürchte, du wirst dich um andere Möglichkeiten kümmern müssen, Lou. Vielleicht ziehst du ja um. Machst den Salon einfach woanders auf. Versuch doch mal, ob du nicht einen der anderen Salons in der Stadt kaufen kannst. Noch hast du achtundzwanzig Tage; überleg dir was, solange du noch Zeit hast.«
»Es ist aussichtslos.«
Lizzy drückte wieder meine Hand. »Sag so was nicht, Süße! Wir finden einen Ausweg.«
»Keine Zeit«, wiederholte ich, und dieses Mal war es nur noch ein verzweifeltes Keuchen. »Ich hab keine Zeit, Lizzy! Ruf Red an! Das Baby … es kommt.«
Lektion 117
Um es mit den Worten von Sinéad O’Connor (s. YouTube) zu sagen: Nothing compares to you
»Pressen!«
Ich stand kurz davor, meinen Mann umzubringen. Und am Abgrund zum Wahnsinn. Achtzehn
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