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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shari Low
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jubelte Cassie begeistert, als sie ihre Lieblingstante sah, mit der sie so viele Charakterzüge teilte.
    Unsere Tochter war jetzt fast zwei, sie war stur, sie war dreist, sie war laut, sie hatte ihren eigenen Willen, und sie hatte einen einzigartigen Sinn für Mode – wie man an den Spagetti, die sie sich auf den Kopf gekippt hatte, aktuell gut erkennen konnte. Außerdem war sie unglaublich liebevoll, hatte einen bösartigen Humor und ungezügelte Energie. Inzwischen verstand ich nur allzu gut, wieso Gingers und Reds Mutter hochgradig sherryabhängig war und zwanzig Zigaretten am Tag brauchte, um ihre Nerven einigermaßen zu beruhigen.
    Ginger ließ ihre Tüten zu Boden fallen und hob Cassie aus dem Hochstuhl. Dass ihr Seidenkostümchen für den Rest des Tages mit Spuren von Cassies Mittagessen gezeichnet sein würde, kümmerte sie nicht.
    Eine der größten Überraschungen der letzten zwei Jahre war, wie sehr Ginger ihre neue Nichte vergötterte. Sie kam jeden Monat aus London, nur um sie zu sehen, rief zweimal in der Woche an, um zu hören, wie es ihr ging, und ließ den gesamten Warenbestand von Hamleys in unser Kinderzimmer liefern. Wer hätte gedacht, dass sie auf Babys stand? Mit acht hatten Lizzy und ich mit Puppen gespielt, die wir angezogen und gefüttert hatten, während Ginger ihnen die Köpfe rasiert und sie mit He-Man aus dem Jungenzimmer nebenan in den Krieg geschickt hatte. Mutterinstinkte gleich null. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für ihre Ehe mit Ike war die folgende gewesen: in guten wie in schlechten Zeiten, in Gesundheit und Krankheit, alles, aber bitte keine Kinder.
    Ike war sofort einverstanden gewesen. Mit zwei Kindern aus einer früheren Ehe habe er seinen Beitrag in der Abteilung Fortpflanzung geleistet, fand er.
    »Ginger, bist du sicher, dass du dir nicht doch selbst so was Kleines wünschst? Ein einziges würde reichen, du musst ja nicht gleich eine ganze Horde in die Welt setzen.«
    »Sprich das nicht mal aus!«, fauchte sie. »Wenn meine Mum mir noch einmal erzählt, dass sie in der Kirche drei Rosenkränze extra gebetet hat, damit die Heilige Jungfrau Maria irgendwie unter meine Bettdecke kommt und mich schwängert, verständige ich den Kinderschutzbund.«
    »Ja, aber …«
    Der tödliche Blick schoss direkt in meine Richtung. »Niemals! Manche Menschen sind einfach nicht zur Fortpflanzung geschaffen. Apropos, wieso war deine Mum denn hier?«
    »Sie wollte mir beim Bügeln helfen und auf Cassie aufpassen, damit ich etwas Schlaf nachholen kann.«
    »Du machst Witze!«
    »Klar, mache ich Witze. Sie war hier, um mich daran zu erinnern, dass mein Dad am Wochenende Geburtstag hat, und um mir zu erzählen, dass sie über Weihnachten in Urlaub fahren. Angeblich wollten sie das schon seit Jahren tun, sind aber immer nur wegen mir dageblieben. Ich habe mir überlegt, ich werde sie für den Nobelpreis vorschlagen. Na ja, sie ist gerade mal ’ne knappe Stunde geblieben, lange genug, um behaupten zu können, sie habe ihre Enkeltochter besucht, und um sich als Grandma des Jahres zu fühlen.«
    Ich seufzte und wischte mit einem Lappen über die Küchenwand, um die ursprüngliche Farbe wiederherzustellen.
    Zu Cassies jauchzender Freude kitzelte Ginger sie am Hals. »Killekillekille. Wie kann deine Mum nur so herzlos sein? An ihrer Stelle würde ich jede freie Sekunde mit diesem kleinen Sonnenschein verbringen! Killekillekille.« Es irritierte mich völlig, wenn Ginger in dieser Babysprache redete.
    »Also, wie lange brauchst du, bis du fertig bist?«, fragte sie und klang wieder erwachsen.
    »Als Erstes benötige ich ein satellitengesteuertes Navigationssystem, um meine Tasche zu finden, und dann müsste ich mir was zum Anziehen aus dem Bügelkorb ziehen.«
    Sie wirkte wenig beeindruckt. »Und was trägst du morgen?«
    Blanke Panik packte mich. Am kommenden Tag war Cassies Taufe. Wir hatten schon lange vorgehabt, sie taufen zu lassen, aber die ganze Zeit so viel um die Ohren gehabt, dass wir erst jetzt dazu kamen. Zu meinem Entsetzen spürte ich, dass mir die Tränen in die Augen schossen.
    »Ich … ich hab nicht die geringste Ahnung. Ich … ich … mein Gott, was ist nur aus mir geworden, Ginger?«
    Tja, was war aus mir geworden? Früher hatte ich ein eigenes Unternehmen gemanagt, Überstunden gemacht, mein Leben voll und ganz in der Hand gehabt und all das ziemlich gut hingekriegt. Heute kriegte ich nicht mal mehr eine Verabredung mit einer Freundin hin. Nicht, dass ich unglücklich

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