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Roman eines Schicksallosen (German Edition)

Roman eines Schicksallosen (German Edition)

Titel: Roman eines Schicksallosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imre Kertész
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Dann aber sind sie eher unter sich geblieben; wir haben ihnen ein paar Bänke überlassen, und darauf hockten sie oder standen ungeduldig darum herum. Sie redeten viel, aber ich habe nicht so richtig darauf achtgegeben. Vor allem rätselten sie herum, was wohl der Grund für das Vorgehen des Polizisten sein und welche Folgen der Vorfall für sie haben könnte; nur hatte darüber, wie ich hörte, ungefähr jeder eine andere Ansicht. Alles in allem, so schien es mir, hing das zur Hauptsache davon ab, mit welchen Dokumenten sie ausgerüstet waren, denn wie ich hörte, hatten auch sie natürlich irgendwelche Papiere, die sie berechtigten, nach Csepel zu fahren, einige in privaten Angelegenheiten, andere in öffentlichem Auftrag, so wie wir auch.
    Einige der interessanteren Gesichter habe ich mir aber doch gemerkt. So ist mir zum Beispiel aufgefallen, dass einer sich an ihren Gesprächen nicht beteiligte; er las stattdessen die ganze Zeit in einem Buch, das er offenbar gerade bei sich hatte. Es war ein großer, hagerer Mann in einem gelben Wettermantel mit einem stoppelbärtigen Gesicht und einem scharfgeschnittenen Mund zwischen zwei tiefen, übellaunig wirkenden Falten. Er hatte sich einen Platz ganz am Ende einer Bank gesucht, am Fenster, die Beine übereinandergeschlagen und sich halb von den anderen abgewandt: Vielleicht kam er mir deshalb irgendwie wie ein erfahrener Reisender in einem Eisenbahnabteil vor, der jedes Wort, jede Frage oder das unter zufälligen Reisegefährten übliche Bekanntwerden für unnötig hält und mit gelangweiltem Gleichmut die Warterei erträgt, bis man am Ziel ist – diesen Eindruck hat er jedenfalls auf mich gemacht.
    Auf einen gepflegten, schon etwas älteren Mann mit silbernen Schläfen und kahlem Scheitel war ich gleich, als er hereinkam – etwa am späten Vormittag –, aufmerksam geworden: Er war nämlich höchst aufgebracht, als ihn der Polizist hereinkomplimentierte. Er fragte, ob es hier ein Telefon gebe und ob er es «in Anspruch nehmen» dürfe. Der Polizist hat ihm jedoch zu verstehen gegeben, dass er sehr bedaure, aber der Apparat sei «ausschließlich für den dienstlichen Gebrauch bestimmt»; da hat der Mann ärgerlich mit dem Gesicht gezuckt und ist verstummt. Später habe ich seiner wenn auch knappen Antwort auf die Nachfrage der anderen entnehmen können, dass er, ähnlich wie wir, zu einem der Fabrikunternehmen in Csepel gehört: Er bezeichnete sich als «Experten», hat das aber nicht weiter ausgeführt. Im Übrigen zeigte er sich sehr selbstsicher, und wie mir schien, hatte er im Großen und Ganzen die gleiche Einstellung wie wir, bloß mit dem Unterschied, dass er durch das Aufgehaltenwerden anscheinend eher beleidigt war. Ich habe die Beobachtung gemacht, dass er sich über den Polizisten immer herablassend und irgendwie verächtlich äußerte. Er sagte, seines Erachtens habe der Polizist «offenbar irgendeine allgemeine Anweisung», die er wohl «übereifrig ausführt». Er meinte jedoch, letztlich würden die «Zuständigen» in der Sache tätig werden, was – so fügte er hinzu – hoffentlich bald geschehe. Dann habe ich seine Stimme kaum noch gehört und ihn auch bald vergessen. Erst gegen Nachmittag hat er vorübergehend wieder meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, doch da war ich selbst schon müde und habe bloß bemerkt, wie ungeduldig er anscheinend war: Einmal setzte er sich hin, einmal stand er wieder auf, einmal verschränkte er die Arme über der Brust, einmal auf dem Rücken, und dann wieder schaute er auf die Uhr.
    Dann war da noch ein seltsames Männchen mit einer eigentümlichen Nase, einem großen Rucksack, einer sogenannten «Golfhose» und riesengroßen Stiefeln; selbst der gelbe Stern schien an ihm größer als üblich. Er machte sich schon mehr Sorgen. Er jammerte vor allem über sein «Pech». Ich habe mir seinen Fall ungefähr gemerkt, weil es eine einfache Geschichte war und er sie mehrere Male erzählt hat. Er habe seine «schwerkranke» Mutter in der Gemeinde Csepel besuchen wollen, so sagte er. Dafür hatte er sich bei den Behörden eigens eine Genehmigung beschafft, da, er zeigte sie. Die Bewilligung lautete auf den heutigen Tag, bis nachmittags zwei Uhr. Doch da war ihm etwas dazwischengekommen, eine Angelegenheit, die er als «unaufschiebbar» bezeichnete, «im Interesse des Betriebs», wie er hinzufügte. Auf dem Amt jedoch seien noch andere vor ihm dran gewesen, und so sei er erst spät an die Reihe gekommen. Er habe schon die

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