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Roman eines Schicksallosen (German Edition)

Roman eines Schicksallosen (German Edition)

Titel: Roman eines Schicksallosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imre Kertész
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klar: Zunächst kam es mir vor, als wollte er eigentlich in seiner Innentasche nach etwas greifen. Ich dachte noch angesichts dieser offenbar irgendwie bedeutsamen Bewegung, er wollte vielleicht dem Polizisten ein wichtiges Schriftstück, irgendein außerordentliches oder besonderes Dokument vorweisen. Doch ich habe vergeblich darauf gewartet, was da zum Vorschein kommen würde, weil er dann die Bewegung doch nicht ganz ausgeführt hat. Er hat sie aber auch nicht ganz abgebrochen; er ist eher stecken geblieben, hat sie vergessen und sie auf einmal, gewissermaßen auf dem Höhepunkt, irgendwie in der Schwebe gelassen. Und so tastete, lief und kratzte seine Hand eine Zeit lang bloß von außen auf seiner Brust herum wie eine spärlich behaarte große Spinne oder, besser, ein kleineres Meeresungeheuer, das einen Spalt sucht, um ihm unter die Jacke zu schlüpfen. Er selbst sprach unterdessen noch immer, und auch das gewisse Lächeln war fortwährend auf seinem Gesicht. Das Ganze hat nur ein paar Sekunden gedauert, so ungefähr. Darauf hat der Polizist dem Gespräch mit auffallender Entschiedenheit sofort ein Ende bereitet, ja, soviel ich sah, war er sogar etwas ungehalten; und in der Tat, auch wenn ich das Ganze eigentlich nicht recht verstanden habe, so hatte das Verhalten des Mannes auf eine schwer bestimmbare Weise auch für mich einen etwas verdächtigen Anstrich.
    An die anderen Gesichter und Vorkommnisse erinnere ich mich nicht mehr so recht. Und überhaupt, meine Beobachtungen wurden mit der Zeit immer weniger scharf. So viel kann ich noch sagen, dass der Polizist gegenüber uns Jungen nach wie vor sehr aufmerksam war. Mit den Erwachsenen war er allerdings, das fiel mir auf, irgendwie eine Nuance weniger herzlich. Doch bis zum Nachmittag schien auch er schon erschöpft. Da kam er schon oft ins Kühle, zu uns oder in sein Zimmer, ohne sich um die vorbeifahrenden Autobusse zu kümmern. Wie ich hörte, versuchte er es auch immer wieder mit dem Telefon, und manchmal meldete er auch das Resultat: «Noch immer nichts» – das aber doch schon fast mit offensichtlicher Unzufriedenheit auf dem Gesicht. Ich erinnere mich auch noch an einen anderen Moment. Es hatte sich noch vorher, etwas nach Mittag, zugetragen: Ein Kamerad hatte ihn besucht, ein anderer Polizist, mit einem Fahrrad. Das hatte er zuvor hier draußen an die Wand gelehnt. Dann haben sie sich im Zimmer unseres Polizisten vorsorglich eingeschlossen. Sie kamen erst nach ziemlich langer Zeit wieder heraus. Zum Abschied schüttelten sie sich an der Tür lange und ausführlich die Hände. Sie sagten nichts, nickten aber und schauten sich dabei auf eine Art an, wie ich es früher, im Büro meines Vaters, manchmal bei Kaufleuten gesehen habe, wenn sie gerade die schweren Zeiten und den flauen Gang der Geschäfte erörtert hatten. Es war mir natürlich schon klar, dass das nicht sehr wahrscheinlich ist unter Polizisten, aber ihre Gesichter haben in mir eben doch diese Erinnerung aufkommen lassen: die gleiche bekannte, einigermaßen sorgenvolle Unlust und das gleiche erzwungene Sichabfinden mit, ja, sagen wir, mit dem unabänderlichen Lauf der Dinge. Aber ich war allmählich schon recht müde; von der noch verbliebenen Zeit weiß ich nur noch, dass mir heiß war, dass ich mich langweilte und dass ich auch ein bisschen schläfrig war.
    Alles in allem, das kann ich sagen, ist so der ganze Tag vergangen. Zu guter Letzt ist dann auch der Befehl gekommen, ungefähr um vier Uhr, genau so, wie es der Polizist versprochen hatte. Er lautete dahingehend, dass wir uns zur «vorgesetzten Behörde» zu begeben hatten, zwecks Vorweisung unserer Papiere – so hat es uns der Polizist mitgeteilt. Er seinerseits muss die Anweisung über das Telefon erhalten haben, denn zuvor hatten wir schon geschäftige Laute aus seinem Zimmer vernommen, die auf eine Veränderung hindeuteten: das wiederholte, drängende Klingeln des Apparats, dann, wie er selbst Verbindungen wählte und ein paar Angelegenheiten kurz und knapp erledigte. Der Polizist hat dann noch gesagt, dass man es ihm zwar auch nicht genau mitgeteilt habe, dass es sich aber seines Erachtens um nichts als eine kurze Formalität handeln könne, zumindest in Fällen, die vom gesetzlichen Standpunkt gesehen so klar und unzweifelhaft seien wie beispielsweise der unsrige.
    Der Zug hat sich in Dreierreihen formiert und in Bewegung gesetzt, wieder zur Stadt zurück, von allen Grenzübergängen der Gegend gleichzeitig – wie ich unterwegs

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