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Roman eines Schicksallosen (German Edition)

Roman eines Schicksallosen (German Edition)

Titel: Roman eines Schicksallosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imre Kertész
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chemische Mittel darin, aber so, dass ich schon fast ein bisschen Angst hatte, das erwähnte Brot würde sich wieder in meiner Kehle zurückmelden. Es fiel uns nicht schwer festzustellen: Ein Schornstein war der Sünder, auf der linken Seite, in Richtung der Landstraße, aber noch viel weiter weg. Es war ein Fabrikschornstein, das sah man gleich, und so haben es die Leute auch von unserem Vorsteher in Erfahrung gebracht, und zwar der Schornstein einer Lederfabrik, wie viele auch gleich wussten. Tatsächlich, da fiel mir wieder ein, wenn ich am Sonntag mit meinem Vater ein Fußballspiel in Újpest besucht hatte, war die Straßenbahn an einer Lederfabrik vorbeigekommen, und da musste ich mir auch jedes Mal die Nase zuhalten. Im Übrigen – ging die Nachricht – würden wir zum Glück nicht in dieser Fabrik arbeiten müssen: Wenn alles gutging, wenn kein Typhus, keine Ruhr oder sonst eine Epidemie unter uns ausbrach, dann würden wir bald, so beruhigte man uns, zu einem freundlicheren Ort aufbrechen. Deshalb trügen wir auch auf den Kleidern, vor allem aber auch auf der Haut noch keine Nummer wie etwa unser Kommandant, der «Blockälteste» , wie man ihn jetzt schon nannte. Von dieser Nummer hatten sich übrigens viele mit eigenen Augen überzeugt: Sie sei – so wurde verbreitet – mit grüner Tinte auf sein Handgelenk geschrieben und mit den Stichen einer besonderen Nadel unauslöschlich hineinpräpariert, eintätowiert, wie es hieß. Ungefähr zur gleichen Zeit ist mir auch der Bericht der freiwilligen Suppenholer zu Ohren gekommen. Auch sie hatten, in der Küche, die Nummern gesehen, und auch die waren Gefangenen, die schon länger hier weilten, in die Haut eingeritzt. Vor allem ging die Antwort von Mund zu Mund und wurde auf ihren Sinn hin untersucht und immer von neuem wiederholt, die ein Gefangener gegeben hatte, als einer unserer Leute wissen wollte, was das sei. «Die himmlische Telefonnummer» , soll angeblich dieser Gefangene gesagt haben. Wie ich sah, gab die Sache allen ziemlich zu denken, und obwohl ich aus diesen Worten nicht recht klug wurde, mussten sie auch mir, zweifellos, seltsam erscheinen. Auf jeden Fall haben die Leute daraufhin begonnen, sich um den Blockältesten und seine beiden Gehilfen zu scharen, hin und her zu laufen, sie auszufragen, mit Fragen zu belagern und das Erfahrene rasch untereinander auszutauschen, so zum Beispiel die Frage betreffend, ob es Epidemien gebe. «Ja», lautete die Auskunft. Und was mit den Kranken geschehe. «Sie sterben.» Und mit den Toten? «Die werden verbrannt», erfuhren wir. Genau besehen – so stellte sich allmählich heraus, ohne dass ich genau hätte verfolgen können, auf welchem Weg – war der Schornstein dort gar nicht wirklich eine Lederfabrik, sondern es war ein «Krematorium» , das heißt der Schornstein eines Einäscherungsofens, wie man mich über die Bedeutung des Wortes aufklärte. Da habe ich ihn mir noch etwas genauer angeschaut: Es war ein gedrungener, eckiger Schornstein mit einer breiten Öffnung, oben wirkte er wie plötzlich abgeschlagen. Ich kann sagen, dass ich, abgesehen von einer gewissen Ehrfurcht – nun ja, und abgesehen vom Geruch, natürlich, in dem wir schon förmlich stecken blieben wie in irgendeinem Matsch, einem Sumpf –, sonst nicht sehr viel spürte. Doch dann konnten wir zu unserer erneuten Überraschung in der Ferne noch einen, dann noch einen und dann, schon am Rand des leuchtenden Himmels, noch einen solchen Schornstein ausmachen, wobei aus zweien ähnlicher Rauch quoll wie aus dem unsrigen, und vielleicht hatten jene recht, denen auch die entfernten Rauchschwaden, die hinter einer Art kümmerlichem Wäldchen aufstiegen, allmählich verdächtig vorkamen und bei denen, meines Erachtens berechtigterweise, die Frage auftauchte, ob die Epidemie wohl solche Ausmaße habe, dass es so viele Tote gab.
    Ich kann sagen, dass ich mir, noch bevor der Abend des ersten Tages herabsank, im Großen und Ganzen schon über alles so ziemlich genau im Klaren war. Ach ja, inzwischen hatten wir auch schon die Bedürfnisanstalt-Baracke aufgesucht – eine Örtlichkeit, die über ihre ganze Länge aus drei podestartigen Erhöhungen bestand, mit je zwei, das heißt insgesamt sechs Reihen von Löchern: Auf diesen musste man sich niederlassen oder in sie hineintreffen, je nachdem, je nach Bedarf. Auf jeden Fall war nicht viel Zeit, weil es nicht lange dauerte, bis ein wütender Gefangener erschien, diesmal mit schwarzer Armbinde, in der

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