Roman
in was für eine Situation sie geraten war. „Bitte beeil dich. Es geht hier um Leben und Tod. Und hör auf zu lachen. Das ist nicht lustig.“
Während Kristina auf ihre Freundin wartete, versuchte sie weiter, sich aus eigener Kraft aus ihrem Gefängnis zu befreien. Ohne Erfolg. Erschöpft ließ sie den Kopf hängen. Irgendwann vernahm sie Schritte im Treppenhaus. Sie spähte in den Abgrund und stellte erleichtert fest, dass es Rita war. Rita legte den Kopf in den Nacken und sah nach oben. Ein leichtes Schmunzeln umspielte ihre Lippen.
„Dande Rida ist im Anmarrrsch“, flötete sie und nahm beschwingt zwei Stufen auf einmal. Vor ihr rannte ein Hund nach oben.
„Was soll dieser Köter hier?“, fragte Kristina unwirsch. Die Promenadenmischung steckte ebenfalls den Kopf durchs Geländer und leckte Kristina das Gesicht ab. Angeekelt wandte sie sich ab. „Pfui Teufel.“
„Das ist Nero. Er gehört Günter.“
„Nero? Günter?“, wiederholte Kristina mit schriller Stimme.
„Beruhige dich doch. Günter ist mein Nachbar. Wir helfen uns gelegentlich aus.“ Rita kicherte. „Aber jetzt hat Günter die Schweinegrippe. Oder war es die Vogelgrippe? Keine Ahnung. Ist ja auch egal. Auf jeden Fall liegt er wie tot im Bett. Und deshalb kümmere ich mich um Nero. Der ist total lieb.“
Nero sprang auf Kristinas Oberschenkel und fing wie wild an, diesen zu begatten. „Rita!“, kreischte Kristina. „Ich verlier gleich den Verstand.“
„Moment.“ Rita stellte ihre Tasche ab und schubste Nero von Kristinas Bein. „Pfui! Aus, Nero. Sitz.“
Der Hund setzte sich brav auf die Hinterbeine. Rita ließ sich daneben nieder und zog die Tasche zu sich heran. „Mann, ist die schwer.“ Sie öffnete sie, zog eine Flasche heraus und schraubte diese auf. Dann zauberte sie noch einen Strohhalm und ein Glas hervor und schenkte es halbvoll. „Auf den Schreck“, erklärte sie, nahm einen kräftigen Schluck und hielt anschließend Kristina das Glas samt Strohhalm unter die Nase. „Trink. Das ist Cognac. Der beruhigt die Nerven.“
„Blödsinn. Ich will nichts trinken, ich will hier raus“, schimpfte Kristina.
„Trink schon“, ermunterte Rita sie. „Cognac hat eine abschwellende Wirkung.“
„Hä?“
Rita grinste. „Bei Günter war’s jedenfalls so.“
Kristina stöhnte, nahm den Strohhalm aber schließlich zwischen die Lippen und trank den Cognac aus.
Rita kramte weiter in ihrer Tasche. „Es gibt drei Möglichkeiten.“ Sie zog einen Wagenheber heraus. „Entweder nehmen wir den hier. Wenn der ein Auto anheben kann, dann müssten wir damit auch diese Stäbe auseinanderbiegen können. Was meinst du?“
Als Rita den Wagenheber daraufhin zwischen den Streben des Geländers plazieren wollte, stieß das Gerät gegen Kristinas Kopf.
„Um Gottes willen“, jammerte Kristina entsetzt. „Willst du mich etwa umbringen?“
„Oder wir probieren es mit dem Gleitmittel.“ Sie packte eine Tube aus.
„Rita!“, fauchte Kristina empört. „Ich krieg hier gleich einen Herzinfarkt.“
„Oder Möglichkeit Nummer drei. Damit geht’s bestimmt.“ Triumphierend hielt Rita eine Nylonstrumpfhose in die Höhe.
„Hol mich hier raus!“ Sie rüttelte hysterisch an den Stäben.
„Mach ich ja. Die hier ziehst du über den Kopf, damit du durchflutschen kannst“, erklärte Rita. Nach einem weiteren Schluck aus der Flasche streckte sie die Hände durchs Geländer, dehnte die Strumpfhose und brachte sie in Position, um sie über Kristinas Kopf zu stülpen.
Kristina starrte entgeistert auf den Nylonstrumpf. „Du meinst das ernst, oder?“ Am liebsten wollte sie den Kopf zurückziehen, doch sie war ja gefangen und Rita somit hilflos ausgeliefert. „Und du denkst, das funktioniert?“
„Keine Ahnung, aber besser als Gleitmittel oder Wagenheber ist es allemal.“ Und damit zog sie ihr den Strumpf über. Als sie Kristina schließlich ansah, gluckste Rita.
„Wehe, du lachst!“, warnte Kristina sie.
Ihre Freundin verzog das Gesicht, so krampfhaft versuchte sie, ein Lachen zu unterdrücken.
„Rita!“, fauchte sie, hob dabei den Kopf und flutschte durch die Stäbe. Sie war frei.
„Geschafft!“, lachte Rita und half ihr auf die Beine.
Die Tür der Nachbarwohnung wurde geöffnet, und eine ältere Frau streckte den Kopf heraus. Kristina kannte sie vom Sehen, da sie ja im selben Stockwerk wie Philipp wohnte.
„Hilfe!“, rief die Frau erschrocken, als sie Kristina erblickte, die ihr zuwinkte. „Polizei!“ Dann knallte
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