Romana Exklusiv 0187
sah Leo auf und ertappte Tansy dabei, wie sie ihn betrachtete. Seine Augen funkelten, doch er sagte nur: „Der Gedanke, dass Sie auf der Straße spielen, gefällt mir nicht.“
Dass er sich Sorgen um ihre Sicherheit machte, war erschreckend verführerisch. Tansy hoffte, er bemerkte die Hitze nicht, die ihr ins Gesicht stieg. „Dann essen Sie wohl sonst nicht mit Straßenmusikanten zu Abend?“
„Ich bin kein Snob, Tansy“, erwiderte Leo ruhig.
Natürlich war er einer, er wusste es nur nicht. „Freut mich, das zu hören.“
„Für eine Frau, die behauptet, sie fordere niemanden heraus, haben Sie eine merkwürdige Angewohnheit, aus allem eine Herausforderung zu machen. Jetzt sprechen wir besser über Politik. Man kann in Wellington nicht zu Abend essen, ohne das zu tun.“
Das war kein Thema, das in Tansys Kreisen diskutiert wurde, wenn Beschlüsse der Regierung den Fachbereich Musik der Universität berührten, doch Tansy las in der Bücherei die Zeitungen und konnte deshalb mitreden. Trotzdem war sie mehr als beeindruckt von Leos Intelligenz, als sie mit Essen fertig waren.
Er ist ein gefährlicher Mann, dachte Tansy beim Kaffee. Das durfte sie nicht vergessen. Rick hatte den scharfen Verstand und die kompromisslose Autorität seines Halbbruders als selbstverständlich hingenommen, und sie hatte wahrscheinlich den Fehler gemacht, Leo mit Ricks Augen zu sehen.
„Tanzen?“, fragte Leo.
Tansy fürchtete sich davor. Sie musste ständig daran denken, wie er sie in seine starken Arme gezogen und geküsst hatte. Es wäre tollkühn, das noch einmal zu riskieren. Zum Glück tanzten fast alle Paare hier getrennt. „Ja“, sagte sie lächelnd.
Er hatte ein gutes Rhythmusgefühl, seine Bewegungen waren flott und geschmeidig, und ausnahmsweise einmal gab Tansy ihre Zurückhaltung auf. Als das Lied endete, war sie außer Atem. Das nächste war ein langsames, sinnliches, und Leo zog Tansy in seine Arme, fest, aber nicht zu eng. Trotzdem war sie bald dankbar, dass sie die Smokingjacke über der Bluse trug, denn unter dem Stoff wurden ihre Brustspitzen hart, und sie erschauerte.
Das war ihr noch nie passiert, obwohl sie natürlich wusste, was es war. Sie hatte immer geglaubt, die Leute würden sexuelle Anziehungskraft überbewerten – schließlich konnte doch wohl jeder mit ein bisschen Verstand und Selbstbeherrschung seine Triebe unterdrücken.
Jetzt begriff Tansy, was das ganze Theater sollte.
3. KAPITEL
„Sie tanzen großartig“, sagte Leo. „Anmutig und energiegeladen.“
„Das ist mein Haar“, erwiderte Tansy, um ihn auf Distanz zu halten, die Erregung zu verscheuchen, die sein Kompliment auslöste. „Darin steckt die Energie. Irgendwann lasse ich es abschneiden.“
„Es wäre eine Sünde.“
Tansy lächelte. „Ich habe es schon einmal probiert. Mein Haar müsste geschoren werden. Es steht in alle Richtungen ab, wenn es nicht durch sein Gewicht nach unten gezogen wird.“
Leos Lachen berührte Tansy so stark, dass sie den Blick abwandte, um kühl zu bleiben. Leo flirtete ein wenig mit ihr, stimmte sie milde, damit sie zu gegebener Zeit vielleicht vergaß, ihr Versprechen Rick gegenüber zu halten.
Sie würde den Aufruhr ihrer Sinne ignorieren und so tun, als würde sie nicht spüren, dass ihre Nähe Leo erregte.
Tansy summte die Melodie sekundenlang mit, dann wurde es ihr bewusst, und sie verstummte.
„Ich mag Ihre Stimme“, sagte Leo. „Zur Opernsängerin reicht es wirklich nicht, aber Ihr Gesang hat etwas, das die Leute veranlasst stehenzubleiben. Er ist gefühlvoll, kommt von Herzen. Und Sie haben eine rauchige Stimme, das klingt sehr sexy.“
„Danke.“ Tansy wäre möglicherweise in ernster Gefahr gewesen, hätte sie Leo nicht durchschaut.
„Ein Komponist muss wohl das absolute Gehör haben?“
„Es hilft“, erwiderte Tansy trocken.
„Oder machen Sie Concept-Art: zehn Minuten Schweigen, unterbrochen vom gelegentlichen Klirren von Glasscherben?“
„Happenings?“ Tansy schüttelte den Kopf. „Nein, ich will Musik schaffen, die inspiriert und beeindruckt, die Menschen zu Tränen rührt. Wie Vivaldi, Beethoven und Verdi.“
„Kein bescheidenes Ziel“, meinte Leo nachdenklich.
„Manchmal frage ich mich, wie ich so unverfroren sein kann, es auch nur zu versuchen.“
„Wie?“
Tansy überlegte, warum sie mit Leo sprach, als würde sie ihn schon seit Jahren kennen, warum sie ihm das Unerklärbare erklären wollte. „Ich muss“, antwortete sie schließlich. „Es ist
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