Romana Exklusiv 0187
etwas aus sich macht.“ Tansys anfängliche Verärgerung wich widerwilliger Belustigung. „Sie auch.“
Er trug eine gut geschnittene Hose und eine sportliche Lederjacke, sah aber trotzdem so elegant aus, dass sich Tansy plötzlich unglaublich jung fühlte. Sie war straßenerfahren, er welterfahren. Der Unterschied zwischen ihnen war gewaltig. Warum sie das so störte, wusste sie selbst nicht.
Als sie beide im Auto saßen, fuhr er nicht sofort los, sondern schlug vor: „Warum gehen wir die Dinge nicht etwas ruhiger an? Ich möchte essen, ohne ständig damit rechnen zu müssen, dass Sie vielleicht aufstehen und davonrennen. Übermorgen kehre ich nach Auckland zurück. Wollen wir heute und morgen Abend nicht einfach zusammen essen gehen, und danach sprechen wir über Ricky?“
Sag nein!, befahl Tansys gesunder Menschenverstand. Lauf zurück in deine Wohnung, vergiss deinen kläglichen Versuch, schick und elegant auszusehen, und sieh diesen Mann nie wieder!
Aber irgendetwas hielt sie davon ab, obwohl sie sich bewusst war, dass es dumm und gefährlich war. „Ja, gut“, flüsterte sie und tröstete sich damit, dass Leo ja bald abreisen würde.
Außerdem hatte sie jahrelang jeden Cent zweimal umdrehen müssen und gelernt, praktisch zu denken: Zwei kostenlose Mahlzeiten ersparten ihr Ausgaben.
Und das machte sie Leo unmissverständlich klar. „Ich gehe nur mit Ihnen aus, weil Sie das Abendessen bezahlen.“
„Ich weiß.“
Sein kaltes Lächeln ließ Tansy schaudern.
Von dem Restaurant, in das er sie führte, hatte sie schon gehört, doch nie gedacht, dass sie es einmal betreten würde. Es war sehr teuer. Tansy erkannte sofort, dass hier die ungeschriebenen Kleidervorschriften nur verlangten, dass man seine Sachen selbstbewusst trug. Nach einigen Minuten entspannte sie sich. Sie war sogar eine der eher konventionell angezogenen Frauen.
Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, wie viel Beachtung ihnen geschenkt wurde. Leo war in Wellington offensichtlich ebenso bekannt wie in seiner Heimatstadt Auckland. Nachdem das dritte Paar an ihrem Tisch stehengeblieben war und sich begeistert darüber ausgelassen hatte, wie schön es wäre, Leo zu sehen, fragte Tansy herausfordernd: „Kennen Sie jeden in Neuseeland?“
„Viele“, erwiderte er. „Ich glaube, ich bin mit den meisten verwandt. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter stammen aus weit verzweigten Familien. Und ich bin ziemlich oft in Wellington.“
Tansy war überrascht, dass Rick trotzdem hierhergekommen war. Außer natürlich, er hatte gefunden werden wollen. Vielleicht hatte er unbewusst gehofft, Leo würde ihn retten. Doch dann hatte Rick beschlossen, sich selbst zu retten.
„Sie sehen plötzlich so störrisch aus“, bemerkte Leo.
„Ich bin ein störrischer Mensch“, erwiderte Tansy.
„Aber nicht jetzt. Heute Abend brauchen Sie es nicht zu sein. Möchten Sie tanzen?“
Sie erschauerte bei dem Gedanken, mit ihm zu tanzen. „Im Moment nicht. Erzählen Sie mir, wie es ist, Anwalt zu sein.“
Leo sah verblüfft aus. „Erregend“, sagte er nach kurzem Überlegen. „Anstrengend. Äußerst befriedigend, dann wieder so deprimierend, dass einem die ganze Welt negativ erscheint.“
Tansy hatte wenig Erfahrung mit Männern. Und keiner war so wie Leo Dacre, der eine einzigartige Anziehungskraft besaß. „Das klingt beunruhigend.“
„Empfinden Sie das Leben nicht so? An manchen Tagen glaubt man, die Welt erobern zu können, und an anderen fühlt man sich klein und unbedeutend?“
Tansy mochte nicht so recht glauben, dass sich ein selbstbewusster Mensch wie er unbedeutend vorkam. „Doch, natürlich, ich hätte nur nicht gedacht, dass Sie es tun würden.“
„Warum nicht?“ Leo lächelte, als Tansy rot wurde. „Haben Sie sich eine Klischeevorstellung von mir gebildet? Ich bin ein ganz normaler Mann. Wenn Sie mich verletzen, blute ich.“
Ein rauer Unterton in seiner Stimme ließ Tansy zusammenzucken. „Sie brauchen mich nicht zu überzeugen.“
„Nein?“ Leo schwieg eine Weile mit ausdrucksloser Miene. „Erzählen Sie mir, warum Sie am Fachbereich Musik der Universität Wellington Komposition studieren.“
Tansy zuckte die Schultern. „Ich glaube, ich bin auf die Welt gekommen und habe Musik gemacht. Als Kleinkind habe ich gesungen, anstatt sprechen zu lernen. Meine Pflegeeltern sind überhaupt nicht musikalisch, deshalb war es ein Glück für mich, dass meine Pflegemutter Pam bei einer alten Dame in der Nachbarschaft putzte.
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