Romana Exklusiv 0187
Verdienste meiner Vorfahren leugnen …“
„Das weiß ich, und ich hätte es nicht sagen dürfen“, lenkte sie ein. „Ihre Branche langweilt mich eigentlich, aber ich lese darüber und informiere mich. Überall erzählt man sich, dass Engagement, Initiative, Integrität und Sorge für das Personal Stirling Industries so groß gemacht haben. Und das war Ihr Verdienst, oder? Früher war es nur eine kleine Firma. Ich dachte, Ihr Großvater hätte sie gegründet, doch Sie erwähnten, dass er hier Ingenieur war. Demnach hat Ihr Vater das Unternehmen aufgebaut?“
Jordan nickte. „Er und sein jüngerer Bruder. Gewiss hätten sie irgendwann expandiert, aber die beiden wurden zusammen mit meiner Mutter und meiner Tante getötet, als ich achtzehn war. Mein jüngster Cousin war erst elf und die anderen beiden irgendwo dazwischen. Als es passierte, waren die vier auf dem Weg nach Indien, um Urlaub zu machen.“ Er blickte auf seine halb volle Kaffeetasse und schien einen Moment lang in Erinnerungen versunken.
Bridget hätte am liebsten die Hand ausgestreckt und ihn berührt. Er war so einsam – und das seit seinem achtzehnten Lebensjahr. Nie hatte er den Kummer der anderen drei, Virginia, Loris und Adrian, teilen können, weil er sie hatte trösten müssen. Viel zu früh war er zum Familienoberhaupt und Firmenchef geworden.
Zögernd begann sie: „Ich hätte nicht …“
„Nein, das hätten Sie wirklich nicht“, bestätigte Jordan scharf und wechselte unvermittelt das Thema. „Was haben Sie heute vor?“
„Nicht viel – und morgen auch nicht, abgesehen von einem Höflichkeitsbesuch in der Botschaft. Virginia sagt, das sei so üblich. Sie können sich also entspannen. Vor Montag habe ich keine Gelegenheit, ‚Ginny’s‘ zu ruinieren. Dann fahre ich nach Madras, um Baumwollstoffe zu begutachten.“
„Sofern ich meine Geschäftstermine verschieben kann“, schränkte er ein. „Wie gut kennen Sie sich in Delhi aus?“
„Ein bisschen“, erwiderte sie vorsichtig. „Mrs. Bhandari und Sita haben mich ein wenig herumgeführt, und die Taxifahrer waren erstaunlich hilfsbereit.“
„Sie brauchen nicht mit dem Taxi zu fahren. Ich werde Anand anweisen, Ihnen einen Wagen mit Chauffeur zur Verfügung zu stellen.“
„Ich …“
„Ich will lediglich vermeiden, dass Sie unnötige Risiken eingehen. Trinken Sie Ihren Kaffee, damit wir aufbrechen können, bevor es zu heiß wird.“
„Sie müssen mich nicht begleiten!“
„Da meine Schwester vorübergehend den Verstand verloren hat, bin ich für ihr Geschäft verantwortlich, und dazu gehört auch, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Angestellten wissen, was sie tun“, verkündete er herablassend.
Bridget war fassungslos. Vielleicht brauchte er jemanden, den er herumkommandieren und bevormunden konnte, wenn seine Schwester und Cousins nicht in der Nähe waren. Nach all den Jahren musste es ihm zur zweiten Natur geworden sein.
„Wird Wanda nicht …?“
„Wanda kann auf sich selbst aufpassen. Außerdem sehe ich sie später ohnehin.“
„Ich kann auch auf mich aufpassen. Ich brauche Sie nicht. Sie und Virginia irren sich beide“, beteuerte Bridget. „Aber da Sie so freundlich waren, mir eine Besichtigungstour anzubie ten, nehme ich das Angebot natürlich dankend an, Jordan.“
Er lachte leise. „Ich muss nur noch meinen Cousin Adrian in Amerika anrufen.“ Jordan stand auf. „Ich glaube zwar nicht, dass Virginia sich bei ihm gemeldet hat, aber das überprüfe ich lieber.“
Er blieb unter einem der kunstvoll geschnitzten Holzbögen der Veranda stehen und schaute auf den Garten, in dem Rosen in üppiger Pracht blühten. Ein Sonnenstrahl fiel auf sein Haar und tauchte es in schimmerndes Blauschwarz.
„Jordan?“
Beim Klang ihrer Stimme wandte er sich zu ihr um, und Bridget stockte der Atem. Er war so groß, so geheimnisvoll und … schön – ein Wort, das sie nie zuvor mit einem Mann in Verbindung gebracht hätte, und trotzdem passte es zu ihm und änderte nichts an seiner Männlichkeit.
„Was ist?“
„Virginia ist alt. Ich meine …“ Sie verstummte verlegen. Jordan war noch älter als seine Schwester.
„Sie meinen, sie ist erwachsen“, sagte er lächelnd.
„Ich meine, Sie können ihr nicht ewig die Verantwortung abnehmen. Lassen Sie sie ihr eigenes Leben führen.“
„Das tut sie.“ Er wurde wieder ernst. „Trotzdem muss ich jetzt Adrian anrufen.“
„Wenn es darum geht, Ratschläge zu erteilen, sind Sie unübertroffen, aber Sie
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