Romana Exklusiv 0187
hätte ich es ihm mit gleicher Münze heimzahlen sollen.“
Helen hielt sich das Tuch an den Mund und schloss die Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Noch nie zuvor hatte sie sich so geschämt. Alles, was passiert war, war ihre Schuld. Sie hatte Richard dazu getrieben, sich so völlig untypisch zu verhalten. Nun kamen ihr doch die Tränen.
Jacob fluchte, nahm ihr das Tuch aus der Hand und zog sie vom Sofa hoch auf die Füße. Sanft nahm er sie in die Arme, strich ihr über das Haar und sprach beruhigend auf sie ein.
Helen hatte keine Ahnung, wie lange sie so in seinen Armen lag und sich allen Kummer und Schmerz von der Seele weinte. Sie wusste nur, dass es ein schönes Gefühl war, seinen Körper so dicht an ihrem zu fühlen, seine kräftigen und dennoch sanften Hände in ihrem Haar zu spüren und seine tiefe Stimme zu hören. Als sie sich schließlich von ihm löste, betrachtete er sie stumm.
Sacht wischte er mit den Daumen die letzten Tränen unter ihren Augen fort. „Geht es dir jetzt besser?“
Seine Worte klangen so zärtlich, dass sie erschauerte und ängstlich zurückwich. Mit dem Jacob Hunt, den sie kannte, konnte sie umgehen, doch dieser liebevolle Mann war ihr völlig fremd.
„Ja, danke. Mir … mir geht es gut.“ Selbst in ihren Ohren hörte es sich steif an. Hastig fuhr sie fort: „Was vorhin passiert ist … Ich bin sicher, dass es nur ein Missverständnis war.“
„Ein Missverständnis?“ Jacob erstarrte und wirkte plötzlich so hart, dass sie sich fragte, ob sie sich seine Zärtlichkeit nur eingebildet hatte.
„Das war kein Missverständnis, Helen. Ich möchte nicht wissen, was passiert wäre, wenn ich nicht gekommen wäre.“
Helen errötete. „Richard war verstört. Normalerweise hätte er nicht im Traum daran gedacht, sich so aufzuführen, wie er es vorhin getan hat. Ich will ihn nicht entschuldigen, aber ich kann gut nachempfinden, unter welchem Druck er in der letzten Zeit gestanden haben muss.“
„Und deshalb ist er gekommen und über dich hergefallen?“ Er lachte rau. „Aber unter den gegebenen Umständen ist das alles natürlich verständlich. Normalerweise würde Richard so etwas nie tun. Dafür ist er viel zu sehr Gentleman.“
Sein Sarkasmus tat ihr weh. „Richard war verletzt. Ist das ein Wunder? Vielleicht ist es schwer für dich, zu verstehen, was er durchgemacht hat.“
„Ja, das ist schwer, mein Schatz. Es ist schwer zu verstehen, warum du bereit bist, ein Benehmen zu entschuldigen, das absolut unverzeihlich ist. Aber wir reden ja auch von Richard, stimmt’s? Du kennst ihn genau, so wie du auch mich genau kennst. Nichts wird deine Ansichten je ändern können.“
Als Jacob sich abwandte und zur Tür ging, wurde ihr klar, dass sie ihn so nicht gehen lassen durfte. In seiner Stimme hatte so etwas wie Schmerz gelegen. Es schien lächerlich. War Jacob nicht unverwundbar? Doch allein der Gedanke, er könnte sich verletzt fühlen, veranlasste sie, ihn zurückzurufen.
„Warte, Jacob! Bitte!“
Jacob drehte sich um, und seine Miene war undurchdringlich. „Was ist?“ Plötzlich lächelte er. „Ach ja, ich verstehe. Du hast Angst, ich könnte das einzig Vernünftige tun und Richard feuern. Wolltest du mich bitten, nachsichtig mit ihm zu sein?“ Er lachte bitter. „Sei unbesorgt, Liebling. Jeder Hund darf einmal zubeißen, und das hat Richard jetzt getan.“
Helen stieg das Blut in die Wangen. Forschend betrachtete sie sein Gesicht und suchte nach einer Spur dessen, was sie zu sehen geglaubt hatte. Doch sie fand nichts und war enttäuscht, sodass ihre Antwort schärfer als beabsichtigt ausfiel.
„Nein, Jacob, es hat keinen Zweck, dich um etwas zu bitten. Ich vertraue einfach auf den Vertrag, den wir heute unterzeichnet haben.“
„Ach ja, der Vertrag.“ Jacob griff in die Tasche seines Jacketts und zog einen langen braunen Umschlag heraus. „Deswegen bin ich überhaupt gekommen.“ Er warf den Umschlag auf den Tisch in der Diele.„Deine Kopie unserer Vereinbarung. Du hast sie im Auto liegenlassen. Ich dachte, ich bringe sie besser vorbei, damit du sie an einem sicheren Ort aufbewahren kannst. Nett von mir, nicht? Bei mir weißt du wenigstens, woran du bist.“
Ohne sich von Helen zu verabschieden, verließ er die Wohnung und zog leise die Tür hinter sich zu.
Helen nahm den Umschlag und hielt ihn wie einen Rettungsring in beiden Händen.
Ja, sie wusste, woran sie bei Jacob war – sie hatte es von Anfang an gewusst. Aber warum war sie dann so
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