Romana Exklusiv 0188
warum seine Eltern sich getrennt haben. Seinem Verhalten nach zu urteilen, glaubt er, es sei deine Schuld.“
„Du erwartest hoffentlich nicht, dass ich mit ihm darüber rede.“ Als sie sah, dass ein Schatten über sein Gesicht huschte, war ihr klar, dass Julian seinem Sohn gegenüber niemals schlecht über Alison sprechen würde – egal, was diese ihm angetan hatte. „Ich glaube, er hat vermutet, dass es einen anderen Mann in ihrem Leben gab. Aber bestimmt hat er gedacht, es sei meine Schuld, weil ich sie vernachlässigt habe und nie da war, wenn man mich brauchte.“
Zweifellos war das die Version, die seine Mutter ihm eingetrichtert hatte, während sie mit den Kindern allein gewesen war. Frankie hätte diesen Gedanken beinah ausgesprochen. Jeremy war leichter zu beeinflussen als seine Schwester, die wesentlich nüchterner war, und hatte die Geschichte geschluckt.
„Aber du kannst ihn nicht in dem Glauben lassen, dass deine Abwesenheit für sie ein Grund war … dich zu betrügen“, drängte sie leise. „Und du glaubst es doch hoffentlich nicht selbst?“
Julian zuckte die Schultern.
„Ich bin oft weggewesen, und wenn ich hier war, war ich mit den Vorbereitungen für die nächste Expedition beschäftigt. Ich musste so viel Arbeit investieren, weil der ganze Erfolg und oft auch Menschenleben davon abhingen. In der Zeit zwischen den Expeditionen habe ich versucht, abzuschalten und ein normales Leben zu führen. Das war allerdings nicht einfach. Vielleicht habe ich mir nicht genug Mühe gegeben.“
Das war mehr, als sie ertragen konnte.
„Du kannst dir nicht die Schuld geben an dem, was … was Alison getan hat!“, rief sie. „Wir sind alle ganz allein für unser Verhalten verantwortlich und können die Verantwortung nicht auf jemand anders abwälzen. Das wäre zu einfach!“
„Hör auf, Frankie!“, entgegnete er scharf, und der eisige Ausdruck in seinen Augen zeigte ihr, dass sie zu weit gegangen war. Von Julians lockerer Art und der gelösten Atmosphäre zwischen ihnen ermuntert, hatte sie es gewagt, ein Tabuthema anzuschneiden – seine unvergängliche Liebe zu Alison.
„Schon gut, ich sage nichts mehr. Es geht mich wirklich nichts an“, lenkte sie ein. „Lass uns zu deinem Tagebuch kommen. Ich freue mich sehr darüber, dass du erwägst, es zu veröffentlichen. Sobald du dich entschieden hast, werde ich alle notwendigen Schritte veranlassen. Wenn du willst, kann es unabhängig von deinem Buch erscheinen. Damit wäre Ivor Masterman sicher einverstanden. Aber wie ich dir bereits vorgeschlagen habe, sollte es lieber in dein Manuskript einfließen.“
„Findest du es so gut?“ Julian wirkte überrascht, ja sogar skeptisch.
„Es ist sagenhaft! Natürlich weiß bei Cooper Masterman noch niemand von dem Tagebuch. Aber was seine Qualität betrifft, vertraue ich meinem Instinkt.“
Der Ausdruck in seinen Augen war wieder sanfter geworden, und Julian blickte sie fragend an.
„Du hast es die ganze Zeit für dich behalten, obwohl du davon überzeugt warst, dass ich das Tagebuch veröffentlichen sollte“, stellte er fest. „Du hast keinen Druck auf mich ausgeübt, und ich frage mich, womit ich so viel Loyalität verdiene. Ich bin dir gegenüber nicht einmal besonders aufmerksam gewesen.“
Frankie schluckte. Ich habe den Mund gehalten, weil ich dich liebe, dachte sie. Laut sagte sie jedoch: „Auf dich Druck auszuüben ist dasselbe, wie mit dem Kopf gegen eine Wand zu laufen. Und wenn du mir nicht vertrauen könntest, wäre ich keine gute Lektorin.“
„Trotzdem schulde ich dir Dank, und nicht nur das. Du hast viel früher als ich erkannt, dass ich das Tagebuch schreiben musste. Es ist das, was die alten Griechen Katharsis nannten – eine geistige Läuterung.“ Er lachte bitter auf. „Heute sagt man, dass man sich etwas von der Seele schafft.“
Plötzlich war es so still im Raum, dass sie das Ticken der Uhr und ihre eigenen Atemzüge überdeutlich wahrnahm. Was seine Erfahrungen im Amazonasgebiet betraf, seine körperlichen und seelischen Wunden und den erzwungenen Bruch mit seinem früheren Leben, hatte Julian tatsächlich eine Katharsis durchgemacht. Seine Liebe für seine Exfrau dagegen konnte nicht so einfach ausgelöscht werden. Solange sie andauerte, sah Frankie keine Hoffnung für sich.
„Und … was geschieht als Nächstes?“, fragte sie ernst.
„Meinst du, dass du auch in Zukunft schreiben wirst?“
„Wer weiß?Vorerst war es eine notwendige Übung für mich. Ich
Weitere Kostenlose Bücher