Romana Exklusiv 0190
verbracht. Ich werde mich nicht mehr so verletzlich zeigen!“
„Da du eine beziehungsunfähige Frau bist, haben wir einiges gemeinsam“, meinte er trocken. „Vielleicht machst du mich deshalb so verrückt. Du verkörperst alle Eigenschaften, die ich an mir am meisten verachte. Wie die Dinge nun mal liegen, sollten wir den beiderseitigen Hunger ausleben und unsere Ressourcen nicht brachliegen lassen.“ Seine Augen glühten regelrecht.
„Du verachtest dich?“, zischte sie. „Seltsam. Ich hatte bislang den Eindruck, dass du äußerst zufrieden mit dir seist.“
Sie trat zurück, bis ihre Kurzsichtigkeit sein wütendes Gesicht verschwimmen ließ. „Ich werde dir alles über Olivers Vereinbarungen erzählen und die besorgten Kunden besänftigen. Im Gegenzug erwarte ich Distanz von dir.“
Er zuckte mit den Schultern. „Es ist vielleicht am besten so. Vergiss aber nicht, dass wir uns gegenseitig einen Gefallen tun. Ich möchte England so bald wie möglich den Rücken kehren“, meinte er.
„Gehst du nach Australien zurück?“
„Nicht sofort. Ich habe mir ein Landgut im französischen Languedoc gekauft.“
„Um dort Landwirtschaft zu betreiben?“, fragte sie erstaunt.
„Mein Bruder ist der Landwirt. Ich baue Wein an, Georgina.“
„Du willst dir französische Techniken aneignen?“
Callum ging zur Tür, womit er auf unhöfliche Art deutlich machte, dass das Gespräch beendet sei.
„Im Gegenteil. Ich werde dort unsere Techniken einführen“, korrigierte er sie. „Mit neuen Traubensorten und der Kombination mit den herkömmlichen lassen sich erstklassige Produkte erzeugen.“ Trotz seines Zorns klang er enthusiastisch.
„Die Franzosen werden es sicher zu schätzen wissen“, merkte sie beim Hinausgehen gehässig an.
Georgina ignorierte Marys fragenden Blick auf ihr aufgelöstes Äußeres und wollte eben das Vorzimmer verlassen, als Callum sie nochmals aufhielt. „Das gehört wohl dir“, bemerkte er und gab ihr den Umschlag. „Und das hier auch.“ Er drückte ihr die Haarnadeln in die Hand, bevor er ihr die Brille wieder aufsetzte.
Anstatt ihn empört zurechtzuweisen, erstarrte sie bei der Berührung. Callum war leider genau bewusst, dass alle ihre Sinne von einer primitiven Anziehung erfasst wurden. Er musterte sie mit einem kalkulierenden Blick. Es war unendlich demütigend, ihm ihre Schwäche zu zeigen.
Georgina floh mit einem erstickten Seufzen, ohne Mary noch einmal anzusehen. Ihr fielen auch nicht die seltsamen Blicke auf, die ihre eilige Flucht über den mit dicken Teppichen ausgelegten Korridor auslöste.
6. KAPITEL
Obwohl während der Konferenz Sandwiches serviert wurden, hatte Georgina noch nichts gegessen. Sie versuchte ruhig auf Simon Mays aggressive Fragen zu antworten, der von seiner Position her am wahrscheinlichsten Olivers Nachfolger werden würde.
Er sah nicht schlecht aus, wenn man kräftig gebaute Männer mochte. Bevor sie ihn zusammen mit Callum in einem Raum erlebte, war er ihr stets wie der Inbegriff des unerschütterlichen Selbstbewusstseins erschienen. Heute hatte er sich durch einige kindische Bemerkungen jedoch bereits eine Rüge des Vorsitzenden eingehandelt.
„Ich bedaure, dass Sie die Kampagne zu schlicht finden, aber das war Olivers Intention“, konterte sie einen weiteren Angriff von ihm. Sie sprachen über die Kampagne für eine Fluggesellschaft, die einer der wichtigsten Kunden der Werbeagentur Mallory war.
„Das sagen Sie.“ May meldete offen seine Zweifel an.
„Sie nennen Miss Campion eine Lügnerin?“ Callum hatte bislang von den acht anwesenden Personen am wenigsten gesagt. Diese Frage war wie seine früheren Kommentare unvoreingenommen und präzise. Er mochte keine Ahnung von der Werbebranche haben, doch dachte er scharf und brachte Fehler in den Argumentationen mancher Beteiligter mit vernichtender Leichtigkeit ans Tageslicht.
„Wir betreiben meiner Meinung nach Selbstmord, wenn wir unsere Strategie auf die Aussagen einer sprunghaft beförderten Büroangestellten gründen. Wir haben nur ihr Wort, dass Oliver das so beabsichtigt haben soll.“
„Warum sollte sie lügen?“, fragte Callum mit einem Seitenblick auf Georgina. Er musste wider Willen bewundern, wie gut sie sich beherrschte. „Und, was noch wichtiger ist, welche Alternative haben Sie anzubieten?“
Es klang so autoritär, dass der andere Mann unsicher wurde. „Sie und die anderen Gentlemen hier tragen annähernd dreiundvierzig Prozent zu den Einnahmen der Firma bei.
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