Romana Exklusiv 0190
Tränen mit etwas Make-up zu beseitigen.
Callum erwartete sie ein paar Minuten später bereits in der Tür. „Nimm Platz.“
„Ich stehe lieber.“
„Du hast dich gut geschlagen.“
„Das muss dich überrascht haben“, bemerkte sie trocken.
„Wie die Tatsache, dass du eben geweint hast.“ Es klang wütend. „Was hat Simon gesagt, nachdem ich weg war?“
„Ich habe nicht geweint“, stritt sie allzu eilig ab.
„Ist da was zwischen euch?“, fragte er direkt.
Georgina schüttelte den Kopf. „Sicher nicht“, erwiderte sie zugeknöpft.
„Wieso dann die Aufregung?“, fragte er. Er sah vom Fenster her nachdenklich zu ihr herüber. „Du hast eine starke Wirkung auf Männer und benutzt das gern zu deinem Vorteil. War Simon auch eine Stufe auf deiner Karriereleiter? Dann kann ich seine Bitterkeit verstehen.“
„Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass ich einfach gut in meinem Beruf sein könnte?“ Sie machte eine verzweifelte Handbewegung. „Nur weil ich eine Frau bin, die einen großen Karrieresprung gemacht hat, setze ich angeblich meine Sexualität ein. Bei einem Mann würde man von einem hellen Kopf sprechen. Du kennst deinen Onkel schlecht, wenn du meinst, dass er eine dumme Gans eingestellt hätte, ganz gleich wie ihre Beine aussehen.“
Callum sah sie skeptisch an. „Wie auch immer. Ich weiß, dass du eine sinnliche Frau bist.“
„Wie konntest du Peter Llewellyn überreden, so bald hier anzufangen?“, wechselte sie das Thema, um nicht mehr an ihre gemeinsame Nacht denken zu müssen.
„Wir haben uns in der Harvard Business School kennengelernt. Plaudere das aber nicht in der Firma aus. Es ist gelegentlich nützlich, wenn man unterschätzt wird“, erklärte er mit einem Anflug von Humor. „Peter will nicht mehr ein großes Tier in der Firma eines anderen sein. Seit einiger Zeit sucht er nach einer neuen Aufgabe. Ich habe ihm meine Aktienanteile zur Kaufoption binnen dreier Jahre angeboten.“
„Warum erzählst du mir das?“, fragte sie überrascht.
„Ich mag keine ehrgeizigen Frauen, aber ich schätze Talent. Hat Oliver dich dazu benutzt, um diese Angeber da draußen zu ärgern?“
„Er wollte sie sicher zur Arbeit anstacheln“, gab Georgina widerstrebend zu. „Außerdem war er fast paranoid, was Vertraulichkeit anbelangt. Er wollte nicht, dass andere seine Klienten betreuen. Er wollte derjenige sein, nach dem sie fragen. Schließlich wollen wir alle unentbehrlich sein.“ Es klang bitter. „Meiner Meinung nach war er sehr geschmeichelt, wenn die Kunden glaubten …“ Sie hielt peinlich berührt inne, weil sie ihm ihre geheimen Gedanken mitgeteilt hatte.
„Aha. So ist das also!“ Er lächelte zynisch.
„Ich bin nicht verantwortlich für die schlechte Meinung anderer Menschen“, fuhr sie ihn an. „Ich habe deinen Onkel nur um eine Chance gebeten. Keine Ahnung, warum er mich auf diese Weise in seinem Testament bedacht hat.“ Es musste sicher einen Grund dafür gegeben haben, doch dem Umschlag mit den Aktien war kein erläuternder Brief beigefügt gewesen.
„Wieso sprichst du nicht offen mit mir, Georgina? Ich bin nicht an deiner Moral interessiert, sondern an einem ruhigen Geschäftsablauf.“
„Nur weil du eine Nacht mit mir verbracht hast, hast du kein Recht, dich als Moralapostel aufzuspielen. Wir haben beide unseren Teil dazu beigetragen.“
„Aber ich war auch am Morgen noch da. Da wir gerade dabei sind, das gehört noch dir.“ Er zog ein paar Banknoten aus seiner Börse und warf sie ihr zu. Die Scheine fielen in der warmen Luft des Raums langsam zu Boden. „Für mein Zimmer bezahlt keine Frau.“
Sie ignorierte seine kindische Reaktion.
„Ich habe einen Fehler gemacht“, erklärte sie tonlos. „Selbst bevor ich wusste, wer du bist, war es mir klar.“
Die lebhaften Bilder der Erinnerung quälten sie noch immer.
„Ich hatte keine Gelegenheit, die Situation zu klären, weil du in der Nacht wie eine Diebin verschwunden bist“, meinte er bitter.
„Soll ich das etwa glauben?“, fragte sie wütend. „Hast du dich darauf gefreut, mich in Scham vor dir winden zu sehen?“
Zornig erwiderte Callum ihren Blick. „Ich habe nichts getan, was du nicht auch gewollt hast. Ich übernehme nicht die ganze Verantwortung. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Frauen tun immer so, als ob nur Männer Lust empfinden könnten. Wir wissen beide, dass es sich anders verhält, Georgina.“
Sie musste sich mit aller Kraft beherrschen, um nicht davonzulaufen.
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