Romana Exklusiv 0225
Kleidung oder etwas zu essen?“
„Danke, wir werden hier versorgt. Einige Frauen kochen bereits für uns.“
Die etwa drei Stunden, in denen sie bis zu Kevins Rückkehr allein mit Ben tätig war, wurden für Sarah so etwas wie eine Offenbarung.
An der Art, wie Ben jeden einzelnen Patienten begrüßte und ihm Mut zusprach, erkannte sie sein gütiges, warmherziges Wesen. Wie sanft und mitfühlend er beim ärztlichen Untersuchen vorging, wurde noch im Besonderen deutlich, als sich eine Patientin als die Ehefrau des einzigen bei dem Unwetter auf der Insel Getöteten bei ihm vorstellte. Ben hielt die schluchzende Frau erst minutenlang im Arm, bevor er sich nach ihren körperlichen Beschwerden erkundigte.
Er besaß erstaunlich viel Stärke und Ausdauer. Sarah merkte, wie sie immer mehr auf Bens Kräfte baute, je mehr ihre eigenen schwanden. Jedes Lächeln und jedes lobende Wort von ihm gaben ihr neuen Ansporn, noch etwas länger durchzuhalten. Ben merkte genau, wann sie diesen Zuspruch dringend brauchte.
Doch auch er war nur ein Mensch. In einer seltenen Pause sah sie ihn draußen im Freien mit geschlossenen Augen an eine Wand gelehnt stehen. Sarah spürte einen Drang, den total erschöpft und verletzlich wirkenden Mann zu beschützen und zu stärken. Als er die Augen öffnete, sie sah und ihr sanft zulächelte, schmolz sie dahin.
Egal was er von ihr hielt, sie liebte Ben. Es gab für sie keinen Weg mehr zurück. Diese plötzliche, klare Einsicht überwältigte sie so sehr, dass sie nicht einfach zurücklächeln konnte. Sie schaute weg und fing ein unverfängliches Gespräch über die Verletzungen an, die sie behandelt hatten. Nach ein paar Minuten begaben sie sich wieder an die Arbeit.
Nach Kevins Rückkehr kurz vor Sonnenuntergang hatte Ben mit Sarahs tüchtiger Hilfe in der kleinen Kirche die schlimmsten Fälle behandelt, doch noch genug Menschen brauchten eine Versorgung ihrer geringfügigeren Verletzungen.
„Wir essen etwas und machen danach weiter, solange wir können“, entschied Ben. Das Meer war nicht ruhig genug, um riskieren zu können, nach Einbruch der Dunkelheit weitere Patienten mit dem Boot zu befördern. Auch Ben und Sarah wollten über Nacht auf der Insel bleiben.
Ben sprach mit den geduldig vor der Kirche wartenden Inselbewohnern und informierte dann Sarah. „Die Leute draußen wollen noch behandelt werden. Können Sie die Patienten hier für eine Weile allein im Auge behalten? Ich muss dringend ein paar Anrufe erledigen.“
„Natürlich.“ Sarah schaute ihm durch die geöffnete Kirchtür hinterher, wie er in Richtung Strand lief. Es musste sich wohl um private Telefonate handeln. Sie wurde auf einmal unruhig. Gab es womöglich doch eine Frau in seinem Leben …?
Wer war damals die Person gewesen, die in seinem Haus herumschlich, und warum hatte sie Sarah nicht die Tür öffnen wollen?
Zwanzig Minuten später kamen einige Dorfbewohnerinnen zu Sarah. In gebrochenem Englisch und per Zeichensprache signalisierten sie ihr, auf die Patienten achtgeben zu wollen, derweil Sarah und Ben zu dem vorbereiteten Essen gehen sollten.
„Wo Doktor Ben?“, fragte eine Frau.
Sarah mimte einen Telefonierenden und deutete in Richtung Strand, doch sie erntete damit nur verwirrte Blicke.
„Ich werde ihn suchen gehen“, versprach sie.
Sie hatte ihn bald gefunden. Sie lief zum Strand und sah Ben im mittlerweile mondbeschienenen Wasser der Lagune schwimmen. Ohne zu zögern entledigte Sarah sich ihrer Kleidung bis auf die Unterwäsche. Was gab es Besseres, als die Anspannung eines harten langen Tages bei einem kühlen Bad abzustreifen?
Das Wasser war herrlich erfrischend, aller Stress fiel von Sarah ab. Doch als sie nach etlichen kräftigen Schwimmzügen Ben erreichte, fühlte sie sich unsicher und verlegen. „Man hat mich geschickt, Ihnen Bescheid zu geben, dass unser Essen fertig ist.“
„Großartig. Ich bin schon halb verhungert.“
„Ich auch. Wir haben ja auch einiges bewerkstelligt heute, oder?“
„Und ob.“ Ben sah sie voller Respekt an. „Sie haben fantastische Arbeit geleistet, Sarah, und mich bestens unterstützt. Tausend Dank dafür.“
„Ich bin froh, dass ich helfen konnte.“
„Die willkommene Stärkung ruft, also sollten wir uns aufmachen.“
Sarah nickte, wartete aber darauf, dass zuerst Ben losschwamm. Als er sich auf den Rücken drehte und sich ein Weilchen beschaulich auf dem Wasser treiben ließ, atmete sie tief ein.
„Ich hatte darauf gehofft, Ihnen hier wieder zu
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