Romana Exklusiv 0225
sie jetzt wegen der Frage, wie Ben ihre Mitarbeit dort beurteilen würde.
Legte er die gleiche Messlatte an wie an sich selbst, dann würde seine Erwartungshaltung sehr hoch sein. Sarah wusste bereits, wie souverän er in kritischen Situationen handelte. Der Mann stand wie ein Fels in der Brandung. Wie falsch sie ihn eingeschätzt hatte, als sie ihn für einen Modedoktor und Lebemann hielt!
Diese Erkenntnis machte ihr Angst. Vielleicht hatte sie von Anfang an unterschwellig gewusst, dass Ben Dawson vertrauenswürdig war – es gab da etwas schwer Fassbares, das sie vielleicht instinktiv doch schon gespürt hatte.
Bislang hatte Sarah noch keinem Mann genügend vertraut, um sich ganz zu öffnen. Inzwischen hatte sie ausreichend Erfahrung, um zu wissen, wie unwahrscheinlich es war, noch einmal jemandem zu begegnen, der Bens Qualitäten hatte.
Was aber, wenn Ben gar nichts weiter für sie empfand? Dann hätte sie hier endlich herausgefunden, wie sie zu ihm stand und warum, nur um dann doch wieder einsam den Heimweg anzutreten – obendrein mit dem Wissen, dass ihr keine zweite solche Chance beschieden sein würde.
Das war es dann wohl, wie Tori sagen würde.
Den Satz wollte Sarah nicht hören.
Man durfte nicht aufhören zu hoffen, oder? Er hätte sie sicher nicht so geküsst, wenn er nichts dabei empfunden hätte. Und wollte er sie bei dem Einsatz nicht als Assistentin mitnehmen, hätte er es anders einrichten können. Auch war er jetzt im Unterschied zur letzten Bootsfahrt nicht missgestimmt. Zwar machte er auch nun ein ernstes Gesicht, aber diesmal bildeten sie doch vereint ein Team, oder? Fast …
„Etwas beängstigend, nicht wahr?“ Ben hatte sich umgedreht und gemerkt, dass Sarah ihn offenbar schon länger beobachtete.
Sie nickte und lächelte gequält. Zum Glück wusste er nicht, was für sie wirklich das Beängstigende war!
„Die Überfahrt dauert nicht mehr lange“, rief er ihr zu. „Und keine Bange, Sarah. Bei diesem Wellengang schwimmen hier keine Haie herum.“
Sobald das Boot sich innerhalb des Korallenriffs der Insel befand, wurde das Meer relativ ruhig. Kurz ließ sich auch die Sonne blicken. Es wurde warm, und das Wasser schimmerte so türkis, wie Sarah es noch gut in Erinnerung hatte. Doch dieses Mal hatte sie beim Anlanden nicht das Gefühl, ein Paradies zu betreten.
Entwurzelte Palmen lagen kreuz und quer herum, der weiße Sand des Strandes war von Unrat übersät, überall waren Teile von Hütten verstreut und Dächer abgedeckt, die dem Sturm nicht standgehalten hatten.
Trotzdem wurden Sarah, Ben und Kevin bei der Ankunft von johlenden Kindern begrüßt, Jugendliche und Erwachsene halfen beim Entladen und Wegtragen der Hilfsgüter. „Doktor-Ben“-Rufe waren zu hören, und die Kunde von seinem Eintreffen schien sich wie ein Lauffeuer zu verbreiten.
Die Erleichterung über die herannahende Hilfe stand den Inselbewohnern ins Gesicht geschrieben. Menschen mit leichteren Verletzungen sammelten sich um Ben, Kevin und Sarah, und die drei begaben sich unverzüglich in die zu einem Notlazarett umgewandelte Dorfkirche.
Zwei der dort auf Matratzen liegenden Katastrophenopfer mussten dringend evakuiert werden – eine bewusstlose, von einem schweren Holzbalken getroffene Frau mit Schädelbruch und ein Mann mit Rippenbrüchen und einer Wunde am Bauch, den ein umstürzender Baum erwischt hatte. Beide hatten noch weitere, leichtere Verletzungen wie Schürfwunden oder Prellungen.
In höchst angespannter Atmosphäre tat das Dreierteam sein Bestes, diese beiden Patienten schnellstmöglich transportfähig zu machen. „Der Mann benötigt dringend einen Bauchschnitt“, stellte Ben fest. „Er und die bewusstlose Frau müssen schleunigst auf das Boot. Und jemand muss als Begleitung mitfahren.“
Kevin warf einen Blick auf die anderen Patienten in der Kirche. „Es gibt hier noch mindestens zwei Oberschenkelbrüche und weitere Rippen- und Bauchverletzte. Und haben Sie gesehen, Ben, wie viele Leute draußen warten?“
„Ich werde mich gleich um sie kümmern“, sagte Ben. „Ich möchte, dass Sie die beiden Notfallpatienten bis in die Klinik begleiten, Kevin.“
„Ich alleine?“
Ben nickte. „Ihre Mission sollte nicht länger als ein paar Stunden dauern. Sarah und ich werden, hoffe ich, bis zu Ihrer Rückkehr alle hier solide notversorgt haben.“
„Soll ich weiteres Material und Medikamente mitbringen?“
„Ja. Reichlich Antibiotika. Und Verbandmull.“
„Etwas für Sie persönlich?
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