Romana Exklusiv 0225
Wir saßen beim Frühstück. Deine Großmutter kam mit den Stellenanzeigen aus der Zeitung dazu und verkündete, sie wolle sich einen Job suchen. Dein Vater lachte. ‚Sei vernünftig, Mom. Wer stellt schon eine Frau in deinem Alter ein?‘, sagte er. Du hättest ihr Gesicht sehen sollen.“
Francesca Rossi schüttelte traurig den Kopf. „Du weißt ja, wie altmodisch dein Vater in vielen Dingen ist. Für ihn gehören Frauen ins Haus und nicht in den Beruf. Vor allem nicht, wenn sie schon siebzig sind.“
„Aber das kann doch nicht der Grund gewesen sein, einfach zu verschwinden?“
„Natürlich nicht. Ein Wort gab das andere – und zum Schluss meinte sie, sie würde sich eine eigene Wohnung suchen, endlich wieder auf eigenen Füßen stehen und ihr Leben so gestalten, wie sie es wolle. Sie wolle die Welt sehen und zum Beispiel nach Alaska reisen.“
Stephanie lachte. „Dann können wir ja froh sein, dass sie dieses Mal nur nach Atlantic City gefahren ist.“
„Wenn Großmutter wieder da ist, müssen wir unbedingt versuchen, zwischen ihr und deinem Vater Frieden zu stiften. Dabei kannst du bestimmt helfen.“
„Das mache ich gern.“
Ihre Mutter tätschelte wortlos Stephanies Hand und rang sich ein schwaches Lächeln ab.
Bis sie um Mitternacht endlich ins Bett ging, hatte Stephanie noch ein paarmal in dem Hotel in Atlantic City angerufen, in dem ihre Großmutter angeblich war. Vergebens.
Am Montagmorgen kam Stephanie zu spät ins Büro, weil die U-Bahn von Brooklyn sich verspätet hatte und mehrere Züge ausgefallen waren, sodass sie zweimal unplanmäßig hatte umsteigen müssen.
Verzweifelt hatte sie am Morgen im Schrank ihrer Schwester Angie etwas zum Anziehen gesucht. Stephanie hatte eigentlich vorgehabt, bereits am Sonntagabend in ihr Apartment in der Stadt zurückzukehren, und hatte deshalb keine Kleidung zum Wechseln mitgenommen.
Angies Geschmack unterschied sich ziemlich von ihrem eigenen, und es war nicht leicht, etwas zu finden, das sie im Büro tragen konnte. Schließlich entschied sie sich für ein leichtes, sommerliches Kostüm, dessen Farbe, ein blasses Pink, auf dem Bügel ganz harmlos aussah. Aber als sie den Rock anzog, schluckte sie. Er war sehr kurz und sehr eng. Zudem ließen die beiden seitlichen Schlitze, die das Laufen erleichtern sollten, sehr viel Bein sehen. Die Jacke war stark tailliert und hatte einen tiefen V-Ausschnitt, der etwas versprach, was sie nicht zu halten beabsichtigte. Angies Schuhe mit den hohen Absätzen machten alles noch schlimmer – oder auch besser. Das kam ganz darauf an, wie man es sehen wollte.
Als sie im Büro ankam, hoffte sie, nicht gleich auf Matthew zu treffen. Sie fühlte sich der Situation nicht gewachsen. Was war ihm eigentlich am Freitagabend eingefallen, sie im Haus ihrer Eltern zu küssen? Hatten sie beide nicht beschlossen, die ganze Sache zu vergessen?
Matthew sollte froh sein, dass sie ihren Job überhaupt noch weitermachte, trotz seiner Weigerung, sich für einen Ersatz zu entscheiden.
Stephanie legte energisch ihre Mappe mit den Kandidaten auf den Schreibtisch und war entschlossen, ihn heute zu einer Entscheidung zu zwingen, ob er wollte oder nicht.
Sie überlegte noch einen Augenblick, dann stand sie auf, klemmte den Aktenordner unter den Arm und ging zu Matthews Büro. Kurz klopfte sie an die einen Spalt offen stehende Tür und trat ein.
„Oh … ich wusste nicht, dass Sie schon da sind.“ Matthew begrüßte sie mit einem strahlenden Lächeln. Dann, nach einem Blick auf ihren etwas ungewöhnlichen Aufzug, fuhren seine Augenbrauen erstaunt in die Höhe. Sie fühlte sich unbehaglich und zupfte nervös an ihrem kurzen Rock. Erst jetzt bemerkte sie, dass noch jemand im Zimmer war.
Die Person saß mit dem Rücken zu ihr in dem Sessel vor Matthews Schreibtisch. Sie konnte ihr Gesicht nicht sehen, nur eine orangefarbene Baseballkappe und weiße Sportschuhe. Aber der leicht blumige Duft, der ihr in die Nase stieg, kam ihr ungewöhnlich bekannt vor …
„Hallo, Schätzchen, wir haben schon auf dich gewartet. Hatte die U-Bahn Verspätung?“ Die Besucherin erhob sich und drehte sich herum. „Mein Gott … heute in Pink? Das kenne ich bei dir ja gar nicht.“
Stephanie starrte sie mit offenem Mund an. „Nana … was machst du denn hier?“
Nana Bella grinste sie verschmitzt an. „Ich bin heute Morgen aus Atlantic City zurückgekommen. Eigentlich wollte ich dich nicht im Büro stören, aber als ich ihnen am Empfang erklärte, wer
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