ROMANA EXKLUSIV Band 0173
tun. Seine Worte hallten in ihr nach. Anna konnte sie einfach nicht aus dem Kopf bekommen – genauso wenig wie die Frage, was sie damals getan hatten … Es machte sie verrückt, dass er so viel über sie wusste und sie in wirklich jeder Hinsicht kannte, während sie sich an nichts erinnerte. Indem er ihr keinerlei Details erzählte, machte er sie noch verwundbarer. Lustlos stocherte sie in der Krebsschale herum, ihr war der Appetit vergangen. Vielleicht war ihr Vorschlag riskanter, als sie geahnt hatte. Verstohlen musterte sie ihn unter gesenkten Lidern hervor.
Er hielt ihrem Blick gelassen stand. „Iss“, drängte er. „Du musst wieder zu Kräften kommen.“
„Du machst es mir nicht leicht“, flüsterte sie.
„Das war auch nicht meine Absicht. Hier.“ Er schnitt eine Scheibe Käse ab, der in Weinblätter gehüllt war. „Man nennt ihn Grappe. Probier einmal, während wir über unsere Pläne für morgen sprechen.“
Von diesem Moment an verlief die Unterhaltung in harmloseren Bahnen. Am Ende der Mahlzeit stellte Anna verwundert fest, dass sie nicht nur die Krabbe, sondern auch mehrere Stücke Grappe sowie eine Portion Fruchtpudding gegessen hatte. Es war schon spät, als Dominique den Tisch abräumte und sich diskret zurückzog. Die Kerzen waren längst heruntergebrannt, und der Mond lugte nur gelegentlich hinter den vorbeiziehenden Wolken hervor.
„Du solltest jetzt hineingehen“, sagte Sebastian. „Wir haben morgen einen anstrengenden Tag vor uns.“
Anna trank den Tee, den die Haushälterin ihr serviert hatte. Er war aus verschiedenen Kräutern gebraut und sollte ihr einen ruhigen Schlaf bescheren. „Ich freue mich schon auf den Ausflug in die Stadt und zum Flugplatz.“
Er stand auf. „Ich bringe dich zu deinem Zimmer.“
„Das ist nicht nötig“, protestierte sie und erhob sich ebenfalls.
„Oh doch, das ist es.“
Es hatte keinen Zweck, weiter mit ihm zu streiten. Erfreut bemerkte sie, dass sie sich an den Weg zu ihrem Zimmer erinnerte. Als sie es erreicht hatten, nahm er sie vor der Tür sanft in die Arme und strich zärtlich über ihre Schultern.
„Du erinnerst mich an Honig“, flüsterte er. „Die Farbe deines Haares, deine seidige Haut, das Leuchten in deinen Augen. Du gleichst einem Stück Bernstein, das den Sonnenschein einfängt.“
„Und du erinnerst mich an die Insel. Unerbittlich, dunkel und unberechenbar wie ein Vulkan.“
Er lachte leise. „Du bist nicht die Erste, die diesen Vergleich zieht.“
Sie erwiderte sein Lächeln. „Und ich werde vermutlich auch nicht die Letzte sein.“ Zu ihrer Überraschung gab er sie frei. Verwundert schaute sie ihn an, obwohl sie eigentlich erleichtert sein sollte, dass er keinen Versuch unternahm, sie zu küssen. Stattdessen empfand sie eine gewisse Enttäuschung.
„Es zieht ein Unwetter auf“, erinnerte er sie. Dann umfasste er behutsam ihr Kinn. „Ist alles mit dir in Ordnung?“
„Sicher“, log sie. „Stürme machen mir keine Angst.“
Er neigte den Kopf. „Dann schlaf gut. Du weißt, wo du mich findest, falls du mich brauchst.“
Hastig trat sie einen Schritt zurück. „Danke, aber ich werde dich nicht brauchen.“ Sie öffnete die Tür und schlüpfte ins Zimmer. „Gute Nacht, Sebastian.“
Regungslos stand er im Flur. Seine Haltung zeigte ihr einmal mehr, welche Bedrohung er für sie darstellte. Sie hatte seinen Kuss gewollt, ihn erwartet und herbeigesehnt. Und nun fühlte sie nichts als grenzenlose Leere. Wusste er das? Ahnte er, wie übermächtig die Versuchung war, ihn hereinzubitten, sich in der Stärke seiner Arme zu verlieren, sich ihm und seiner Leidenschaft ganz hinzugeben?
Plötzlich lächelte er sinnlich.
Schlagartig wurde ihr klar, dass er nicht nur ahnte, wie nahe er seinem Ziel war … er wusste es.
Der Sturm setzte um Mitternacht ein, und mit seinem Tosen kehrten die Albträume zurück.
7. KAPITEL
Mit einem lauten Krachen wurde die Tür zu Annas Zimmer aufgerissen.
„Bastian!“ Helle Panik schwang in ihrem Schrei mit.
Er war mit wenigen Schritten bei ihr und nahm sie in die Arme. Seine Berührung war unendlich tröstlich und riss sie aus ihrer Verzweiflung. „Ich bin hier, Liebling. Ich bin hier.“
„Ich sehe es …“ Sie schluchzte hysterisch auf. „Den Unfall. Er wiederholt sich ständig. Ich kann ihn einfach nicht aus meinem Kopf bekommen. Mach, dass es aufhört.“
Er zog sie fester an sich. „Hör mir zu, Anna. Der Unfall ist Vergangenheit. Es kann dir nichts mehr passieren. Du
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