ROMANA EXKLUSIV Band 0179
unten und legen sich schlafen?“
Roberts Stimme rief Gerry in die Wirklichkeit zurück. „Ja, ich glaube, das tue ich“, erwiderte sie.
„Das Bett in der Steuerbordkabine dürfte noch nicht gemacht sein, aber die Wäsche dafür befindet sich im Schließfach neben der Tür.“
„Ist Steuerbord links oder rechts? Ich kann mir das nie merken.“
„Rechts.“ Robert lächelte belustigt. „Steuerbord und rechts sind das längere Wortpaar – Backbord und links klingen kürzer.“
„Gute Nacht, Robert. Und danke. Sie sind sehr freundlich.“
„Schon gut.“ Er wirkte irgendwie geistesabwesend.
Vorsichtig kletterte Gerry zum Cockpit hinunter und dann drei weitere Stufen zur Hauptkabine. An ihrem Ende führte eine schmale Tür in eine gemütliche kleine Kabine mit einem breiten Doppelbett, das den größten Teil des Raumes beanspruchte. Daneben stand Gerrys Koffer auf einer Einbaubank unter Bullaugen mit Vorhängen.
Nachdem Gerry das Bett bezogen und den kleinen dazugehörigen Waschraum erkundet hatte, streifte sie die Schuhe ab und legte sich hin. Bald würde das kleine Abenteuer vorüber sein. Sie würde nach Neuseeland zurückfliegen und Robert danach vermutlich nicht wiedersehen.
Das sanfte Schaukeln des Schiffes und ein Sonnenstrahl, der ihr ins Gesicht fiel, weckten Gerry. Eine Zeit lang lag sie still da und überließ sich dem Nachklang ihres Traums, dann öffnete sie die Augen und blickte durch die Vorhangritze.
Was sie sah, verschlug ihr den Atem, und sie fuhr hoch.
Draußen herrschte helles Tageslicht. Es musste also nach sechs sein! Um diese Zeit hätte sie längst in der Maschine nach Neuseeland sitzen müssen! Gerry blickte auf die Armbanduhr. Neun Minuten nach acht! Nein, sie hätte bereits im wintergrauen Auckland landen sollen. Aufgeregt sprang Gerry aus dem Bett und stürmte aus der Kabine.
Robert lag auf einem Sofa ausgestreckt und war wach. Atemlos blieb Gerry vor ihm stehen. „Was ist los? Warum fährt das Schiff nicht mehr?“
Er strich sich das Haar aus der Stirn und stand auf. „Die Elektronik hat den Geist aufgegeben“, erklärte er. „Deshalb kann ich das Schiff nicht steuern – und auch niemanden benachrichtigen.“
Entsetzt wich Gerry zurück. „Wo sind wir hier?“
„Ich habe den Außenbordmotor des Schlauchboots benutzt, um uns in eine Lagune zu manövrieren. Wir sind also in Sicherheit. Aber bis Fala’isi kommen wir damit natürlich nicht.“
Ein rascher Blick sagte Gerry, dass sie vor einem flachen, halbmondförmigen Atoll ankerten. Sie blinzelte, weil der weiße Sand sie blendete, und versuchte, sich zu beruhigen. „Können die Bewohner der Insel uns nicht nach Fala’isi bringen? Ich muss schnellstens nach Hause.“
„Hier gibt es keine Inselbewohner.“ Als Gerry ihn verständnislos ansah, setzte Robert hinzu: „Das hier ist ein unbewohntes, nur etwa einen Hektar großes Atoll.“
„Und wie steht’s mit Leuchtkugeln?“, drängte Gerry. „Feuern Sie Notsignale ab. Sie haben doch sicher welche.“
„Fünf. Ich werde sie zünden, wenn wir ein Flugzeug oder ein Schiff sehen. Das ist für uns die wahrscheinlichste Möglichkeit, gefunden zu werden.“
„Klingt ziemlich hoffnungslos“, meinte Gerry düster.
Robert zuckte die Schultern. „Die Maschine nach Longopai fliegt die kürzeste Route, und wir befinden uns hier weit abseits davon. Falls die Besatzung jedoch im richtigen Augenblick in die richtige Richtung schaut, müsste sie ein Notsignal bemerken. Das Gleiche gilt für Schiffe.“
Während Gerry verzweifelt nach einem Ausweg suchte, fragte Robert beiläufig: „Wieso müssen Sie so dringend zurück?“
„In der Agentur gibt es ein Problem“, erwiderte Gerry ausweichend.
„Sicher haben Sie doch aber jemanden, der Sie in Ihrer Abwesenheit vertritt?“
„Meine Partnerin Honor McKenzie. Aber sie ist nicht zu erreichen.“
Robert machte ein zweifelndes Gesicht. „Und warum nicht?“
„Sie ist verreist, ohne eine Telefonnummer zu hinterlassen.“
„Ist das bei Ihnen üblich?“
Seufzend ging Gerry ans Fenster und blickte hinaus. Das Schiff dümpelte leicht, weil ein Riff draußen im Meer die Brecher abfing. Auf dem Atoll ragten drei Kokospalmen wie auf einem Reisebüroplakat stolz in den Himmel, und eine silbrig schimmernde Vogelschar schwirrte über das Wasser der Lagune. Dem Himmel nach zu schließen, versprach es wieder ein heißer Tropentag zu werden.
Es ist nicht das Ende der Welt, dachte Gerry und atmete ein paar Mal tief
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